Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg
bewaffnet.«
Lehrlinge, Frauen und Kinder kamen aus dem gelben Haus. Sie brachten Decken mit, und man ließ sich im Rund auf der Wiese nieder.
Clyde steckte sich eine Pfeife an. Die Erregung schwang noch nach. Mahan war der erste, der etwas sagte, auf sehr trockene Art.
»Was gibt es Neues. Clyde? Haben Sie bei der Schule etwas gehört?«
»Ach so, ja. Sicher!« Clyde holte Luft. »Eure Büffel machen Aufsehen. Sie trampeln so, daß es Lärm gibt. Es sind schon Boten zu Mister Chester Carr geeilt, und die Telefondrähte surren. Macht euch hier auf weitere Besuche gefaßt. Wenn mein Vater merkt, daß etwas nicht nach seinem Kopf geht, ist er wie ein Bulle, der rot sieht. Blindwütend. Die Schweine werden kommen.«
»Das werden sie.«
Clyde sog an seiner Pfeife. Mahan beobachtete, wie er nach den schweigsamen beiden Frauen, nach den schweigsamen Lehrlingen, nach den schweigsamen Kindern schaute. Sogar die Jüngsten saßen still bei den anderen, fragten nicht, spielten nicht. Der fremde strohblonde junge Carr war für sie ein Mittelpunkt, aber ein Mittelpunkt völlig stummer Aufmerksamkeit. Keiner sah Clyde geradewegs an. Die dunklen Augen ringsum schauten in Fragen an den Sohn des Superintendenten hinein, aber sie belästigten nicht einen Menschen. Vielleicht dachte Clyde anders. Vielleicht wünschte er sich angreifende Blicke und lebhaftes Forschen. Aber es kamen keine Vorwürfe und kein Lob zu ihm. Es wurde nicht weiter über das geredet, was er getan und gesagt hatte. Schließlich hatte er diesen Leuten zwei gefährliche Kerle über den Hals gebracht und hatte dann seinen Wagen verschenkt, um sie zu retten. Nun saßen sie da und waren stumm wie braunes Gras. Auch Mahan war in dem allgemeinen Schweigen untergetaucht.
Clyde mußte sich plötzlich einsam fühlen, ferngehalten von denen, die er zu suchen glaubte wie ein anderes Leben.
Clyde Carr begann endlich zu lächeln.
»Ich weiß nicht, ob ihr anders seid als wir oder ob ihr nur so tut. Ich muß das noch erforschen. Zum Beispiel wüßte ich gern, wofür ihr hier drei Wagen braucht. Seid ihr auch schon Besitzbürger geworden?«
Die fragenden Blicke, wer nun antworten solle oder wolle, liefen ringsum, von dem einen zum andern. Schließlich war Wakiya Byron stillschweigend beauftragt, dem Mann mit den langen blonden Haaren die Antwort zu geben.
»Weißer Mann mit Namen Clyde! Zu den Zeiten unserer Großväter und Urahnen haben in der Prärie die Feinde ihren Feinden die Pferde gestohlen. Ein Mann ohne Pferd war wie ein Mann ohne Beine. Heute brauchen wir Pferde, und wir brauchen eure Wagen; ein Wagen ist gleich einer Herde Mustangs, er hat große Kraft und Schnelligkeit. Joe Inya-he-yukan braucht solche Kraft, um schnell zu sein. Wir sind immer im Kampf, und er muß für uns Kinder und für unseren ganzen Stamm mit einstehen. Er ist nicht allein wie du, er handelt nicht nur für sich selbst. Und die Wagen, die er besitzt, konnte er sich nicht alle mit seinem Geld kaufen. Wir sind nur eine kleine Ranch, 31 Büffel, 90 schwarze Kühe, zwei Dutzend Pferde. Die Ranches der weißen Männer haben 2000 oder 4000 oder noch mehr Kühe. Unser Land ist dürr, wir sind arm. Darum konnte sich Joe Inya-he-yukan nur einen einzigen Sportwagen kaufen, daß ist der, den du hier siehst. Es war ein Unfallwagen, darum sehr billig. Den zweiten Sportwagen hat er von seinem Ahnen Inya-he-yukan dem Alten als Erbe übernommen, übernommen! Der Jaguar aber ist ein geheimnisvolles Geschenk eines weißen Mannes, der ein Doctor war und Roger Sligh hieß; er hat seinem Leben ein Ende gemacht, weil er nicht mehr die Kraft fand, Inya-he-yukans Rat zu befolgen. Der Jaguar war ein Dank für den Rat, der nicht mehr hatte wirken können. So ist das. Aber Joe Inya-he-yukan könnte sich jetzt keinen guten neuen Wagen kaufen, wenn ihm einer weggenommen wird.
Du mußt erst unser Leben kennenlernen, und dann mußt du anfangen zu fragen, Clyde Carr.«
»Das heißt aber, ich müßte bei euch bleiben, Wakiya!«
Der Herbsttag wurde blaß unter den aufziehenden Nebelschleiern. Die Talstraße verschwamm im Grau. Die Felsen leuchteten nicht mehr; ihr Weiß wirkte tot. Feuchtigkeit drang mit dem Atem in die Menschen ein und setzte sich ihnen in den Nacken. Tashina und Oiseda standen auf. Darauf erhoben sich auch die Kinder und die Lehrlinge; sie legten die Decken zusammen und trugen sie wieder ins Haus. Clyde stand noch herum.
»Dürfen wir Sie zu Ron Warrior zurückbringen?« fragte Mahan.
»Wenn
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