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Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Titel: Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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es durchaus sein muß – «
    »Ich will Sie nicht fortschicken.«
    Man sammelte sich zu einer bescheidenen Abendmahlzeit im gelben Haus. Tashina und Oiseda verarbeiteten Büffelnieren, Büffelmilz und Büffelmagen, für jeden zwei Löffel. Es schmeckte, aber die Gedanken, die durch den halbdunklen Raum schwirrten, waren ernst; sie verwoben sich ineinander und reichten weit über den Raum bis hin zu der fernen Ranch, bei der jetzt vielleicht – vielleicht! – 31 Büffel und vier erschöpfte Hirten anlangten. Joe aber mußte dann sogleich den Wagen starten, um Robert und Joan mit einer Geschwindigkeit von 120 Meilen die Stunde nach Kanada zu bringen.
    Es ergab sich in dieser Stimmung von selbst, daß bei beginnender Nacht alle noch einmal zu dem Grabe Tishunka-wasit-wins hinübergingen. Dort trennte man sich. Irene Oiseda, die Lehrlinge und Clyde schliefen in dem hellblauen Haus.
    Auf dem Rückweg zu den King-Häusern begleitete Mahan die Kinder und Queenie Tashina. Als Hugh sich an der Tür des hellgelben Hauses von ihr verabschiedete, nannte sie ihn aus Versehen Joe. Die Kinder wunderten sich nicht darüber, denn er glich ihrem Vater, und in der Nacht war der Schatten seiner langen Gestalt, der Umriß des Cowboyhutes wie eine Geistererscheinung des fernen Inya-he-yukan.
    In Mahan aber stieg ein verwirrter Zorn auf, als ob ihm jemand sein Selbst stehlen wolle und er nicht wisse, wie er es verteidigen könne. In der Nacht, auf dem harten Lager in der Blockhütte verfolgte und jagte er das immer wiederkehrende Traumbild Tashinas und nannte laut den Namen Oiseda, als ob er ein schützendes Omen sei.
    »Du hast Fieber«, sagte Wakiya.
    Wasescha Mahan mußte es über sich ergehen lassen, daß Tashina seinen Verband abnahm, die Wunde kühlte und den neuen Verband anlegte. Er sagte kein Wort dazu, und auch sie schwieg.
     
    Als der Morgen graute, wurde es in allen Häusern lebendig. Die beiden Bighorn-Burschen unter den Lehrlingen montierten den Reifen an den Sportwagen und füllten den Tank. Tashina wollte zur Schule fahren. Sie war dort einmal Best- und Lieblingsschülerin gewesen und hatte noch viele freundschaftliche Beziehungen, wenn auch nicht zu dem neuen Rektor Snider. Sie konnte immerhin hoffen, von der Schule aus die Kingsley-Ranch anrufen zu dürfen und zu hören, ob Joe mit den Büffeln angekommen war. Die Zwillinge wollten mitfahren und erhielten die Erlaubnis. – Wakiya Byron bezog Wache an dem Häuptlingsgrab; dieser Platz gewährte den besten Ausblick über Tal und Straße und alles, was sich dort bewegen mochte. Mahan ging zu der Handwerksschule hinüber und besah die Arbeiten. Oiseda und die Lehrlinge schenkten ihm ein mit selbst gefärbten Stachelschweinsborsten gearbeitetes Band für seinen ledernen Cowboyhut; das Zeichen des siebenstufigen Berges war kunstvoll ausgeführt. Schon beim Lichtwerden des Morgens tauchten auf der Talstraße zwei Wagen auf. Wakiya kannte sie und war daher nicht beunruhigt. Bill Krause brachte den Sportwagen wieder, den er von King ausgeliehen hatte, und kam zugleich mit seinem eigenen, um nach New City zurückfahren zu können. Krause lernte durch Wakiya Hugh Mahan kennen, den er erst, sehr verwundert, für Joe gehalten hatte. Mahan, der viele Jahre hindurch gezwungen gewesen war, sich durch aufmerksames Beobachten in einer feindlichen Umwelt zu behaupten, war sich mit dem ersten Blick auf Krauses äußere Erscheinung auch über das Wesen des alternden Handwerkers klar: ein braver, aufrichtiger, nicht allzu mutiger Mann mit geschickten Händen. Begleitet war Krause von einem Indianerjungen in Hanskas Alter; er hatte das Kind adoptiert, wie er gleich erzählte. Der Junge hatte Krauses eigenen Wagen gefahren. Mit vierzehn Jahren hatten alle Schulkinder dieser Präriegegend die Fahrerlaubnis zu erwerben; es machte keinen großen Unterschied aus, ob sie auch schon mit zwölf Jahren das elterliche Auto steuerten.
    Krause ging zum Grabe Tishunka-wasit-wins, die er gekannt hatte, nahm die Mütze ab und sprach ein stummes Gebet. Dann suchte er seine Traurigkeit zu überwinden, besichtigte die Büffelhaut, wurde über alles informiert, was auf der King-Ranch und in der Handwerksschule erwartet und gefürchtet wurde, erhielt im gelben Haus ein frugales Frühstück und begann selbst von Neuigkeiten aus New City zu berichten. Mahan und Clyde hörten zu.
    Es hatte in der aufstrebenden, immer unruhigen Stadt wieder einmal eine ereignisreiche Nacht gegeben. Bei einem smarten Wirt, der

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