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Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Titel: Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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einen, aber er ist gut vorbeigegangen, viel leichter. Sie hat was zum Einatmen und zum Auflegen, was Natürliches und Geheimnisvolles. Gute Hände hat sie auch.«
    »Werden Sie Ihre Arbeitslosenunterstützung bekommen?«
    »Das regle ich mit Missis Carson«, sagte Mahan.
    »Ah, gut.«
    »Doc«, fing Gerald noch einmal an. »Ich will Ihnen etwas sagen. Krämpfe hab’ ich immer nur nach den Schocks gehabt. Keine Schocks mehr. Sonst laufe ich weg.«
    »Selbstverständlich nicht, Gerald.«
    »Sind Sie dafür zuständig?«
    »Ich bin Ihr Chefarzt. Chefarzt auf der Reservation, und Sie sind Reservationsindianer.«
    »Bin ich das noch?«
    »Sobald Sie Ihre Unterstützung erhalten, ist es sowieso klar.«
    »Ich will es Ihnen also glauben. Bis es sich zeigt, daß wieder alles gelogen ist.«
    Eivie verabschiedete sich freundlich.
    Er ritt mit Mahan zusammen zurück zu seinem Wagen, im Trab, einer neben dem andern.
    »Sie werden sich gewundert haben, Mahan. Früher hätte ich einige Rezepte zurückgelassen und viele Anweisungen. Heute bin ich abgeklärter und vertraue klugen alten Frauen.«
    Sobald Eivie seinen Wagen gefunden und sich verabschiedet hatte, ritt Mahan wieder mit den beiden Pferden zurück zum Haus. Er hielt sich aber nicht mehr auf, sondern machte sich zu Fuß abermals auf den Weg zu dem Platz, den er sich als Parkplatz für seinen Wagen ausgewählt hatte. Er wollte zur Nacht wieder in der Lehrersiedlung sein.
    Ball war noch wach, als Mahan zur Lehrersiedlung heimkam, und suchte ihn in seinem Zimmer auf.
    »Nun?«
    »O. k.«
    Mahan zeigte Eivies sehr geschickt abgefaßtes Attest für Iliff Bedford und trug Ball seine Sorgen vor, wann er das Unterstützungsgeld für Gerald beantragen solle.
    »Ich kann ihn nicht selbst hinschicken. Er geht noch keinen Schritt von Iliff weg, und mir ist durch den Dienst keine Zeit gelassen.«
    »Das werden wir regeln. Ich habe aber überhaupt noch mit Ihnen zu sprechen, Mahan.«
    Lehrer Ball nahm sich einen einfachen Hocker, setzte sich und schlug die Knie übereinander. Es war eine Haltung, die für ein längeres Gespräch geeignet war, aber auch jederzeit ein rasches Aufstehen und Verabschieden möglich machte.
    »Mahan, mußten Sie es durchaus zum Skandal treiben?«
    Hugh blieb stehen. Seine Nackenhaare sträubten sich wie die eines angegriffenen Tieres. Er spürte es selbst; es war eine Reaktion feinster elektrischer Ströme. Ball konnte dieses Zeichen der Erregung, das einzige, das Hugh nicht zu unterdrücken vermochte, nicht bemerken. Da Mahan Mr. Carr zum Trotz seine Haare weiterhin so lang trug, wie er es in Anknüpfung an indianische Tradition liebte, blieb das Phänomen verborgen. Mahans Stimme klang sehr ruhig.
    »Mister Ball, wer hat zum Skandal getrieben – Wyman oder ich? Sie sind nur alle nicht gewohnt, daß ein Farbiger den Mund auftut, wenn sein Volk und er selbst infam angegriffen werden.«
    »Ein Korn Wahrheit ist in dem, was Sie da sagen, Mister Mahan. Aber ich muß Ihnen mitteilen, daß gestern, nachdem Sie fort waren, die Besprechungen fortgesetzt worden sind und der Telefondraht gesurrt hat. Miss Bilkins ist in die Sache hineingezogen worden und sogar der Superintendent – durch Miss Bilkins oder vielleicht durch Wyman direkt oder durch beide –, er wurde jedenfalls eingeschaltet, und daß das für Sie nicht günstig war, können Sie sich denken.«
    »Ah – Wyman haben Sie zu den weiteren Besprechungen hinzugezogen.«
    »Nein, Mister Mahan. Wir vermuten, daß er im Alleingang vorgedrungen ist.«
    Ball wollte sich eine Zigarette aus seinem Etui nehmen, mochte aber daran denken, daß sein Gesprächspartner vor nicht allzu langer Zeit eine Tuberkulose überwunden hatte und der Rauch ihn stören konnte. Er schloß das Etui wieder und steckte es in die Innentasche seines Hausrocks aus goldbraunem Kordsamt.
    »Sie müssen wissen, Mister Mahan, daß Carr und Wyman Landsleute sind; beide stammen aus dem Staate Mississippi. Snider hat sich aber mehr für Sie und mehr gegen Wyman eingesetzt, als ich für möglich gehalten hätte.«
    »Wie erklären Sie sich das?«
    »Nun, unser Rektor hat sich nicht gern aus der Stadt in die langweilige Prärie versetzen lassen. Er kennt die Indianer nicht und ist gegen sie, weil sie ihm nicht effektiv, sondern irgendwie als veraltete, überholte Modelle erscheinen – gebe ich zu. Aber er mag erfolglose Weiße ebensowenig leiden. Wyman ist in seinen Augen nicht nur ein Idiot, sondern hat seine Dummheit durch seine ›Garantie‹

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