Welt Der Elben (1-3)
wieder auf seinen Anfangsverdacht zurück.«
Diesmal stöhnte Kynka. »Du hast doch nicht den kleinsten Hinweis. Das ist ein Hirngespinst. Reine Zeitverschwendung.«
Moryn funkelte sie mit grünen Augen an. »Anselm von Rittershausen ist ein potenziell Verdächtiger. Ich habe bereits über ihn recherchiert. Gestern Morgen, als alle noch schliefen. Dummerweise ist mir mein Computer abhanden gekommen. Aber das meiste habe ich noch im Kopf.« Er tippte sich an die Stirn.
»Von Rittershausen besitzt eine weitere Villa irgendwo in der Nähe von Frankfurt. Der Name von dem Ort fällt mir gerade nicht ein … Fest steht, in Berlin macht er seine Geschäfte. Er hat dort eine Büroetage im Regierungsviertel und handelt mit Medikamenten. Er war einmal verheiratet und ist ein Angeber!«
Während Moryn erzählte, wurde Heather immer unruhiger. Sollte sie preisgeben, was sie über den Mann wusste? Kynka hatte auch Unschönes über ihre Mutter aushalten müssen. Aber sie war eine Elbin. Wenn Heather jetzt sagte, wer der Kerl war, hätte sie vielleicht keinerlei Unterstützung mehr. Nein, sie schwieg besser. Die ältere Schwester ihres Vaters war vor ein paar Jahren mit dem Mann verheiratet gewesen. Heather war ihm als kleines Mädchen ein einziges Mal begegnet. Sie selbst hatte keinerlei Erinnerung daran. Aber es gab ein verwackeltes Foto von jenem Tag, geschossen in irgendeinem Café. Ihre verschwundene Mutter hatte es gemacht. Es zeigte Heathers Vater, mit ihr auf dem Arm, die Tante und deren Ehemann, Anselm von Rittershausen. Allerdings erinnerte sie sich sehr gut an einen anderen Tag, an eine weinende Tante, die am ganzen Körper grün und blau war und die ganze Zeit von »Scheidung« sprach. Ein Wort, dessen Bedeutung Heather damals noch nicht verstand.
Von plötzlicher Unruhe gepackt sprang Heather auf. »Ich gehe nach Berlin und sehe mich dort um!« Sachte setzte sie sich wieder und räusperte sich. »Wer geht mit?«
»Selbstverständlich ich!«, sagte Moryn mit fester Stimme. Er blickte ihr in die Augen. Zum ersten Mal fiel ihr auf, dass seine Iris von Natur aus dunkelblau war. Heather spürte ein warmes Kribbeln unter den Wangen und wusste, dass sie errötete.
»Von Port Olva gibt es einen direkten Tunnel nach Berlyn«, sagte er. »Den nehmen wir!«
Heather nickte. Sie kannte den Tunnel bereits aus Maarloys Erzählung. Er hatte ihn in umgekehrte Richtung genommen, als er aus Berlin frei gekommen war.
»Sollen wir nicht erst Zuhause vorbei schauen?«, fragte Tessya. »Was wird dein Vater sagen?«
»Der wird toben. Weiß ich. Das kann ich dann auch nicht ändern. Ich fälle kein Urteil über Maya Elda, bevor ich sie nicht selbst gesprochen habe. Und ich schau mir diesen Mann an. Ich schwör euch, an dem ist was faul.«
Wie recht du hast , dachte Heather.
»Ich gehe jetzt noch mal zu Aarab.« Er erhob sich. »Und frag ihn nach meinem Computer.«
»Hol dir kein blaues Auge!«, rief Zalym ihm nach.
52 Kommando zurück!
H eather war von Moryn – wie sie sich eingestehen musste – beeindruckt. Sie lag im Bett und dachte über ihn nach. Er war es gewohnt, anzuecken. Wenn er jetzt noch seinen Vater zum Feind hatte, machte es ihm wohl kaum allzu viel aus. Der war nur einer mehr auf seiner langen Liste. Aber Moryn hatte auch etwas zu verlieren. Seine Stellung als Sohn und eine Zukunft im Rat der Weisen – von Zalym wusste sie, dass er ein Anwärter auf den Posten war.
Moryn hatte befreit gewirkt, als er sich gegen die Anordnung seines Vaters für Berlin entschied. Vielleicht waren die Aufgaben des Vaters nicht seine. Heather hatte das Gefühl, der Eisberg zwischen ihnen war ein bisschen geschmolzen.
Und Kynka? Sie hatte ihr die Hand gereicht und von Freundschaft geredet. Kynka war skeptisch gegenüber Maya Elda – sicher liebte sie Maya Amylla. Und sie war vehement gegen die Reise nach Berlin. Trotzdem hatte sie nicht gesagt, dass sie umkehren wolle.
Tessya und Zalym schienen hin- und hergerissen. Würden sie sich gegen Moryns Vater stellen? Und mit nach Berlin gehen? Bisher hatten sie sich nicht geäußert. In wenigen Stunden müssten sie sich entscheiden, denn morgen würden sie endlich weiterreisen. Immerhin fand Zalym es nicht abwegig, sich bei dem Herrn Honorarkonsul einmal umzuschauen. Was für ein Pech, dass sich Zalyms Computer bei den Recherchen einen Virus gefangen hatte. Von einer Liste möglicher Verdächtiger hatte er gesprochen. Sie hätten in Berlin sicher alle Hände voll zu tun.
Aber
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