Welten-Reise
Von allen Dummheiten, in die sie jemals ve r wickelt gewesen war, war dies die treuloseste. Die Prinzessin und ein Mundanier! Was ihr bevorstand, würde kein Spaß werden!
Auf der Brücke, die über den Wassergraben führte, stand Dolph, um sie zu empfangen. Er war gezwungenermaßen sorgfältig g e kleidet und hatte das Haar frisch gekämmt: etwas, was selten bei ihm vorkam. »Ich bin froh, daß du sicher angekommen bist, Ivy«, sagte er förmlich.
»Danke, Dolph«, sagte sie genauso förmlich. Sie deutete auf ihre Reisegefährten. »Dies ist der Zentaur Donkey, der mir half, die Schwierigkeiten mit den Kobolden zu bewältigen, und das ist Grey, mein Verlobter.«
»Ich bin sehr erfreut, euch beide zu begrüßen«, sagte Dolph und gab einem nach dem anderen die Hand. Dann trat er nahe an Ivy heran. »Mannomann! Diesmal bist du wirklich zu weit gegangen, du Dummerchen!« sagte er vertraulich. »Mami kocht vor Wut, und wenn du dachtest, mir sei damals ordentlich eingeheizt worden, als ich mit Nada und Electra nach Hause kam, dann warte nur, was dich erwartet!«
»Harter Tobak für dich, du Wichtigtuer«, sagte sie in dem gle i chen gedämpften Tonfall. »Du solltest mir lieber den Rücken fre i halten, falls du weißt, was gut für dich ist!«
Er gab vor nachzudenken. »Tjaaa…«
»Ich werde Mami etwas über die Zeit erzählen, als du…«
»Ich weiß, was gut für mich ist!« stimmte er ihr hastig zu.
Dann lachten sie beide. Ivy wußte, daß ihr kleiner Bruder es g e radezu sensationell fand, daß sie nun wegen eines Mannes in Schwierigkeiten steckte, nachdem er drei Jahre lang Probleme w e gen Mädchen gehabt hatte. Es gab eigentlich für sie überhaupt keinen Zweifel, daß er sie unterstützen würde.
Dann kamen Nada und Electra, wie es sich gehörte, als jungfrä u liches Geleit heraus. Beide waren für diese Gelegenheit sorgfältig gekleidet und zeigten ihre besten Manieren. Das war für Nada zwar normal, aber nicht für Electra.
»Darf ich vorstellen, Nada, Prinzessin der Naga«, sagte Ivy und beobachtete, daß sowohl Grey als auch Donkey sich straff aufric h teten, während sie lächelte, denn sie war in der letzten Zeit wu n derschön geworden. »Und dies ist Electra.« Electra war einfach nur süß, ein Umstand, der sie selbst fortwährend ärgerte. »Die Verlo b ten meines Bruders.«
»Welche von den beiden?« fragte Donkey, der augenscheinlich die delikate Nuance der Geschichte verpaßt hatte.
»Beide«, erklärte Ivy. »Er hat sich noch nicht für eine der beiden entscheiden können.« Das war zwar eine große Vereinfachung, würde aber für den Moment ausreichen.
Sie gingen weiter hinauf zum Schloß. »Sie sind im Thronsaal«, sagte Dolph unnötigerweise. »Du solltest lieber noch einmal deine Sätze proben, bevor sie dich in den Kerker schmeißen!«
Ivy würdigte dieser Bemerkung nicht eines Wortes. Sie probte nämlich wie verrückt die Sätze, die sie sich zurechtgelegt hatte. Im Gänsemarsch gingen sie zum Thronsaal. König Dor und Königin Irene, die schon dort waren, erwarteten sie feierlich. Sie brachten es fertig, auf ihren Gesichtern keine einzige Regung zu zeigen.
Ivy schluckte. »Laß mich das Sprechen übernehmen«, flüsterte sie Grey zu.
»Toller Auftritt!« erwiderte das Paneel, auf dem sie stand, schla g fertig.
Grey sah verdutzt auf.
»Das magische Talent meines Vaters«, erklärte Ivy schnell. »Er spricht mit dem Unbelebten und bringt es dazu zu antworten. Und es antwortet ständig! Wie jeder magische Ort, den er häufig au f sucht, also auch dieser Flur hier.«
»Jeder Idiot weiß das«, schnaufte das Paneel.
»Halt die Klappe, du totes Holz, oder ich werde jetzt ganz heftig aufstampfen!« wisperte Ivy hitzig.
»Jaaa? Versuch’s doch mal, du Pudding-Hirn!«
Ivy hob drohend den Fuß.
»Mit diesem Damenschühchen!« fragte das Paneel herausfordernd. »Mach nur so weiter, und ich werde ausplaudern, welch schöne Farbe dein Schlüpfer hat!«
»Wage es ja nicht!« stieß Ivy wild hervor.
»Soll ich es treten?« bot sich Grey an. »Ich trage dicke, schwer besohlte, mundanische Schuhe.«
Das Paneel war sehr plötzlich still.
»Ich glaube, du kannst irgendwie gut mit diesen Dingen umg e hen«, sagte Ivy lächelnd. Dann straffte sie die Schultern, schob das kleine Kinn vor und marschierte in den Thronsaal. Grey und Donkey folgten ihr nacheinander.
Schweigend nahmen sie vor dem Thron ihre Plätze ein. Ivys E l tern betrachteten sie abschätzend eine Weile, was eine
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