Welten - Roman
Ihre Sprünge, jede Welt, die Sie besuchen, und Ihre Tätigkeit dort zu überwachen. Wir sind tief beeindruckt von Ihren Leistungen, aber auch tief enttäuscht, dass wir diese Frau anscheinend nicht davon abhalten können, Sie überall aufzuspüren und Sie nach Belieben an irgendwelche Orte zu entführen, die für uns völlig unzugänglich bleiben. Ich finde es unglaublich, dass sie das alles alleine schafft. Finden Sie das nicht auch unglaublich?« Verspielt wickelte sie sich eine schwarze Locke um den Finger und schaute mit großen Augen zu ihm auf.
»Nein, Theodora«, antwortete er. »Es passiert mir. Ohne mein Zutun. Deswegen finde ich es überhaupt nicht unglaublich. Ihnen würde es da bestimmt nicht anders gehen.« Er trank aus dem fischbewohnten Glas.
Sie nahm das Mundstück der Wasserpfeife und streichelte ihn damit vom oberen Schenkel bis hinunter zur Wade. »Ich zweifle natürlich nicht an Ihren Worten, Tem.« Sie klang abwesend. »Doch es gibt einige, die die Auffassung vertreten, dass wir ein wenig zu nachsichtig sind in dieser Angelegenheit. Es ist einfach äußerst seltsam, dass diese Frau so schrecklich mühelos handeln kann, und alles ohne Hilfe und Mitwirkung von Ihrer Seite.Vielleicht müssen wir überprüfen, wie leicht es ist … auf diese Weise mit Ihnen zu springen.«
»Sie meinen, so umarmt, so umschlossen?«
»Nun, ja.« Zerstreut starrte sie auf ihre Hand.
Er wartete, bis sie das Mundstück wieder hochgehoben
hatte, dann nahm er es entgegen und zog daran. »Wenn Sie damit sagen wollen, was ich glaube, Theodora, dann wäre es mir ein Vergnügen und eine Ehre.«
Mit offenem, leerem Ausdruck schaute sie zu ihm auf. »Entschuldigung, was habe ich Ihrer Meinung nach sagen wollen?«
»Möglicherweise habe ich Sie missverstanden, Madame.« Oh atmete rosigen Rauch aus. »Vielleicht sollten Sie aussprechen, was Sie sagen wollen, um uns beiden ein Erröten zu ersparen.«
Mit wissendem Blick nahm sie das Mundstück zurück und sog anmutig daran. »Ich glaube, Sie wissen genau, was ich sagen wollte, Tem.«
So gut es ihm in seiner halb liegenden Position möglich war, deutete er eine Verneigung an. »Ganz zu Ihrer Verfügung, Madame.«
Sie lächelte. »Sie sind einverstanden, Temudschin?« Sie ergriff seine Hand. »Wie Sie sehen, bitte ich Sie um Erlaubnis, statt Sie einfach zu entführen. So etwas zu tun fände ich unhöflich. Eigentlich wäre es sogar eine Vergewaltigung.«
»Ich bin völlig einverstanden, Theodora.«
Sie ließ ein glockenhelles Lachen hören. »Immer noch so formell!« Sie drückte seine Hand. »Also, dann los.«
Ohne weitere Umstände waren sie plötzlich woanders. Sie war genauso gekleidet wie vorhin. Im Gegensatz zu ihm. Er trug jetzt ein bauschiges, blau und silbern gestreiftes Kostüm mit Schnabelschuhen und einen riesigen zwiebelförmigen Hut. Alles andere fühlte sich sehr ähnlich an. Gleiches Fragre, gleiche Sprachen. Auch hier lagen sie auf einer Ansammlung von Kissen und Polstern, doch sie befanden sich auf einer kleinen runden Insel in einem weiten See, der von unten mit langsam changierenden
grünen und blauen Lichtern illuminiert wurde. Wände und Decke waren dunkel oder unsichtbar. Die warme Luft roch nach starken, berauschenden Parfüms. Niemand sonst war zu sehen.
Madame d’Ortolan neigte sich zu ihm. »So. Hier sind wir direkt unter dem Boden der Nebelkuppel. Unsere leeren Hüllen schweben irgendwo dort oben. Ist es angenehm so?« Ihre Stimme hatte eine leicht verzögerte natürliche Verstärkung, die ihn vermuten ließ, dass sie sich genau im Zentrum eines vollkommen kugelförmigen Raums befanden, von dessen Wänden ihre Worte widerhallten.
Oh betastete seinen Hut. »Bei dem hier bin ich mir nicht ganz sicher.« Er nahm ihn ab. Auch seine Worte klangen seltsam unterwandert von einem unmerklichen Echo. »Aber ansonsten ist es wirklich angenehm.«
Lächelnd strich sie ihm übers Haar. »Machen wir es uns noch angenehmer.« Sie glitt zu ihm und zog ihn an sich, bis ihr Mund vor seinem lag.
Er hatte sich gefragt, ob es ihn Überwindung kosten würde, aber das war nicht der Fall. Ihm fiel Mrs. Mulverhills Frage ein, ob er Madame d’Ortolan schon gefickt hatte. Oder hatte sie es so ausgedrückt, dass sie ihn fickte? Er wusste es nicht mehr. Damals war er sich sicher gewesen, dass ihm sein Stolz das nie erlauben würde. Schon aus Verbundenheit mit Mrs. Mulverhill, aus sexueller - und ideologischer? - Treue. Allerdings hatte dieser Gedanke schon seinerzeit
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