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Welten - Roman

Titel: Welten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Tiefseetaucher in so einem Riesenmessinghelm mit einem Gitter vor dem Bullauge und einem Luftschlauch, der zur Oberfläche führt. Das H ist der Luftschlauch, das H ist die Luft. Totale Abhängigkeit.
    Nein, da bleibe ich lieber bei Koks. Allerdings nicht bei Crack. Nicht weil es sofort süchtig macht, das ist alles völliger Quatsch. Das Zeug ist einfach überschätzt, das ist alles, und da man es raucht, wird die Sache wieder unsauber, du verstehst schon. Ehrlich gesagt, finde ich Crack irgendwie schmuddelig. Wie Koks für Junkies.
    Echtes, reines Koks ist sauber, schlau und klar, ein starker Beschleuniger, wie eine Präzisionsmunition, die man exakt dann nimmt, wenn man sie will und braucht, und die wirkt, solange man sie nimmt. Und auf jeden Fall ist es die Droge der Wahl für die Herren des Universums, die Finanzjongleure und Geldzauberer. Im Grunde so etwas wie ein Just-in-Time-Rausch. Eine Line in beide Röhren, und
plötzlich ist man ein verdammtes Genie und vollkommen unbesiegbar. Und genau das braucht man, wenn man mit Geldbeträgen in Telefonnummernlänge herumhantiert und Wetten mit dem Zaster anderer Leute abschließt. Hat natürlich auch seine Schattenseiten, obwohl die meisten Leute heutzutage nicht unglücklich sind über Appetitverlust. Ich meine, wer möchte schon fett sein? Kollateralnutzen sozusagen. Aber die laufende Nase, die Paranoia, das Risiko einer kaputten Nasenscheidewand und angeblich sogar eines Herzinfarkts, das ist schon ätzend. Doch wie heißt es so schön doof: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
    Aber schon komisch: Obwohl ich das Zeug so mochte und immer noch mag, habe ich es nur selten genommen. Dabei hatte ich Zugang zum reinsten Stoff und zu besten Preisen. Daran hat sich dank meiner Kontakte auch bis heute nichts geändert. Im Grunde war ich einfach vorsichtig. Außerdem habe ich mir bewiesen, wer der Boss ist, du verstehst schon. Damit das Ganze nicht überhandnimmt und schön im Gleichgewicht bleibt. Mit dem Alkohol mache ich es genauso. Ich könnte jeden Tag literweise sündteuren Champagner und uralten Kognak kippen, aber damit würde ich diesem bestimmten Affen nachgeben. Deswegen muss das ebenfalls rationiert werden. Und die Mädels natürlich.
    Ich liebe die Damen, aber ich möchte keiner von ihnen völlig verpflichtet sein. Wahre Liebe und Kinderwunsch und eine Familie gründen und der ganze Kram - schön und gut für die meisten Leute, und ohne geht die Welt zugrunde, wie mein alter Herr immer sagte. Abgesehen davon, dass das nicht stimmt, die Welt existiert auch so. Na schön, es ist schon was dran in dem Sinn, dass auf diese Weise die nächste Generation entsteht, und es klappt ja sowieso prima,
solange die meisten mitmachen. Das heißt aber noch lange nicht, dass das zum Zwang ausartet und alle sich beteiligen müssen. Hauptsache, es sind genug. Wie heißt gleich wieder dieser Song? »Love is the Drug.« Sehr wahr gesprochen, du verstehst schon. Eine weitere Versuchung, eine weitere Art, sich zu verlieren. Im Grunde macht man sich nur anfällig, das ist meine Meinung, wenn man sich auf diesen romantischen Quark einlässt. Da könnte man sich doch gleich zur Schlachtbank führen lassen.
    Versteh mich nicht falsch. Ich bin nicht blöd, also weiß ich, dass es jedem passieren kann, und eines Tages wird es vielleicht auch mir passieren, dass ich plötzlich glaube, das ist die Richtige und diesmal ist alles anders; und wenn es so weit kommt, hoffe ich, dass ich mich nicht wie ein komplettes Arschloch benehme, entschuldige bitte den Ausdruck. Auch die Mächtigen stürzen, heißt es. Niemand ist unbezwingbar, aber zumindest ist man es sich schuldig, so lange wie möglich standzuhalten, du verstehst schon.

DER WELTENWECHSLER
    Temudschin Oh, Mr. Marquand Ys, Sn. Marquan Dise, Dr. Marquand Emesere, M. Marquand Demesere, Mark Cavan, Aiman Q’ands. Ich hatte schon viele Namen und Bezeichnungen, und obwohl sie manchmal sehr verschieden klingen, kreisen sie doch meist um bestimmte Laute und ein begrenztes Repertoire an Phonemen. Mein Name verändert sich mit jedem Wechsel, aber nie vorhersehbar. Mitunter weiß ich selbst nicht, wer ich gerade bin, und muss erst nachsehen.

    Ich lasse eine kleine weiße Tablette in den Espresso gleiten und verrücke den Gewürzständer ein wenig. Dann leere ich die Tasse mit zwei Schlucken und lehne mich zurück, um zu warten (ein anderer Teil meines Bewusstseins wartet nicht, sondern ist heftig darauf konzentriert, einem einzigen zweckhaft

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