Weltenende (German Edition)
zog ein silbernes Stück Metall, jedenfalls sah es so aus, aus der Tasche und gab es Jonas. „Du darfst es nicht heiß machen, bevor es soweit ist. Und verschwende nichts davon!“
„Nein, werde ich nicht“, antwortete Jonas.
Elmet legte die Hand auf seine Schulter. „Ich habe noch etwas für dich. Hier, nimm das!“ Er gab ihm einen Dolch in einer kurzen Scheide. Der silberne Griff war kunstvoll mit dem Haupt und den Flügeln eines Gargoyle verziert. Jonas zog die leicht gebogene Klinge heraus und sie schimmerte in hellem jadegrün. „Das ist ein Khanjar. Eine besondere Klinge. Du kannst mit ihr alles töten, wirklich alles.“
„Auch Höllenhunde?“
„Alles, sofern du dicht genug herankommst.“ Der Kampflärm schwoll an. Jonas steckte den Dolch zurück und blickte Elmet an. „Okay, mein Freund, auf in den Kampf, auf zu Sieg, auf zu Ruhm und Freiheit!“ Elmet zog sein Schwert aus dem Gürtel. Der rostige Stahl glänzte nur wenig im Feuerschein und er musste die schartige Klinge mehr nach vorne als nach oben halten, um nicht gegen die Zimmerdecke zu stoßen, doch Jonas spürte die patriotische Energie, die von ihm ausging. Er ballte die Faust, streckte die Hand in die Höhe und fiel laut ein: „Freiheit!“
Der alte Mann stürmte durch die Tür. Jonas folgte langsamer, blickte nach links und zuckte zusammen. Die Scheunen brannten lichterloh, Hunderte schwarz gekleideter Kämpfer droschen mit Schwertern, Lanzen, Hellebarden und weniger tauglichen Waffen wie Sensen, Mistgabeln oder einfachen Stöcken aufeinander ein, nur vereinzelt fielen noch Schüsse. Das Gras war übersät mit Dutzenden und Aberdutzenden Toten, deren Blut den Boden dunkel färbte.
„Mach schon!“, schrie Lennart gleich. Sie waren nur einen Steinwurf weit entfernt.
Jonas steckte das Wachs in die Hosentasche und den Dolch behielt er vorsorglich in der Hand. Angetrieben von Angst war er im Handumdrehen auf dem Pferd. Er sah Elmet rennen, so schnell ihn seine alten Knochen trugen, mit hocherhobenen Schwert und mitten aufs ärgste Kampfgewühl zu. Lennart riss am Geschirr der Stute und in dem Moment, wo Jonas sich wegdrehte, glaubte er noch im Augenwinkel zu erkennen, wie Elmet von einer Lanze niedergestreckt zu Boden ging. „Los! Schneller!“, schrie Lennart. Er gab seinem Pferd die Sporen.
Jonas übernahm die Kontrolle, riss die Zügel zurück und trat mit den Hacken in die Flanken des Pferds. Die weiße Stute stieg auf die Hinterläufe und wieherte, ehe sie mit brachialer Gewalt hinter Lennarts Grauem herstürmte.
Sie preschten auf d as weite Feld hinaus, schlugen einen Haken nach links, auf eine andere Route als die, die sie hergekommen waren. Und der Grund, warum Lennart den Weg änderte, wurde Jonas augenblicklich klar, denn auch im Süden, wo jetzt der Mond stand, wurde gekämpft. Der Horizont brannte blutrot. Die Kämpfe näherten sich dem Wirtshaus von drei Seiten. Hoffentlich nur aus drei, schoss es Jonas durch den Kopf.
Lennart hatte sich bis dicht über die Mähne des Hengstes geneigt. Jonas spornte die Stute weiter an, damit er nicht den Anschluss verlor und sie jagten dahin, bis sie irgendwann einen Waldrand erreichten. Erst dort stoppte Lennart, um sich umzusehen.
„Sind wir jetzt sicher?“, rief Jonas. Er war außer Atem.
„Sicher?! Um uns herum tobt der Kampf um das Ende der Welt. Du bist nicht einmal auf Rabensruh sicher, aber ich denke, wir sind weggekommen, ohne dass sie uns bemerkt haben. Aber es war knapp, verdammt knapp.“
Jonas blickte über die hügelige Fläche. D er Schein der Feuer, allen voran die brennenden Scheunen waren deutlich zu erkennen. Das Seelenfeuer am Wirtshaus war verloschen, vielleicht brannte auch das ganze Haus.
„Der Hof ist gefallen “, sagte Lennart.
„ Ist die Ombrage stärker?“
„ Sie haben viele Unbeteiligte für sich gewonnen.“ Lennart drehte sich wieder um. „Komm, durch den Wald müssen wir langsamer machen, aber beeilen müssen wir uns dennoch. Die Sonne wird bald aufgehen und ich möchte noch im Schutz der Dunkelheit übersetzen.“
„Können wir nicht auf der Straße reiten?“
„ Vielleicht ein Stück.“
„Wissen sie , dass wir hier sind und wo wir hin wollen?“
„ Wenn die genau wüssten, wo wir sind, dann wären sie hier. Aber sie werden erwarten, dass wir zur Insel wollen.“
Lennart schnalzte mit der Zunge und die Pferde setzten sich in Bewegung.
Der Mond stand jetzt tiefer und im Wald war es noch dunkler als vorhin. Ständig schlugen
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