Weltenende (German Edition)
jemand?“, fragte Carl ungläubig.
„Warum denn nicht? Wir wohnen doch auch auf Rabensruh.“
„ Scheiße, ich kapiere gar nichts. Was zum Henker hast du gemacht? Und wo sind wir?“
Jonas blieb stehen.
„Du kennst die Offenbarung des Johannes aus der Bibel?“
Carl seufzte. „Na ja, i ch weiß, dass es sie gibt, aber kennen wäre wohl zu viel gesagt.“
„Es ist eine mehr oder minder detaillierte Beschr eibung des Endes dieser Welt. Erst werden die sieben Engel der Gemeinden kommen und das Buch mit den sieben Siegeln wird mit dem Blut des Opferlamms geöffnet werden. Mit den ersten vier geöffneten Siegeln kommen die vier apokalyptischen Reiter auf die Erde. Der erste reitet auf einem weißen Pferd und steht für den Sieg, die Reinheit und die Gerechtigkeit und er trägt einen Bogen mit sich. Mit ihm kommt der Krieg. Der zweite Reiter wird von einem roten Pferd getragen. Er führt ein gewaltiges Schwert mit sich als Symbol für die Waffen und die Gewalt selbst. Der dritte Reiter auf einem schwarzen Pferd verkörpert den Hunger nach allem. Er führt eine Waage mit sich und der vierte Reiter wird von einem farblosen Pferd getragen. Er bringt Krankheit und Tod. Dann folgen die übrigen Siegel. Beim fünften bekommen die Seelen derer, die als Märtyrer gestorben sind, im Namen des Herrn weiße Gewänder. Beim sechsten Siegel stürzt der Himmel ein, Erdbeben folgen, Vulkanausbrüche, Stürme. Die Sonne wird schwarz, der Mond färbt sich blutrot und die Sterne fallen auf die Erde nieder. Mit dem siebten Siegel, das gebrochen wird, ist das endgültige Ende da. Es kommen sieben Engel mit sieben Posaunen und diese leiten, sobald sie zu spielen beginnen, ein katastrophales Endspiel mit noch mehr Erdbeben, noch mehr niederstürzende Sternen, noch mehr Unwettern und so fort ein. Anschließend gibt es noch die letzte Abfolge bestehend aus sieben Schalen mit dem Zorn Gottes, aber wenn es soweit kommt, ist sowieso schon alles verloren. Kein Mensch würde noch leben.“
„Und warum erzählst du mir das?“ , fragte Carl.
„ Ich gehöre einer Gruppe an, die sich dem Ziel verschworen hat, diese Apokalypse, wann immer sie von den Kräften der Hölle oder von wem auch immer ausgelöst wird, wieder aufzuhalten. Ich bin der Letzte eine langen Reihe von Personen aus den Reihen des Lichts, wie wir uns nennen, und es obliegt mir die Siegel zu erneuern, falls sie geöffnet werden sollten.“ Carl starrte seinen Cousin an.
Jonas wollte weitergehen, aber Carl blieb, wo er war. „Komm, bitte!“, bat Jonas flehend.
„ Willst du ernsthaft sagen, also ohne Spaß, dass die Apokalypse begonnen hat?“ Zögerlich setzte er sich in Bewegung.
„ Ja, der erste Stein ist gelegt.“
Es war nur zu deutlich, dass Carl ihm nicht glaubte.
„Und das hier?“ Er zeigte um sich.
„Das ist die Anderswelt, die Zwischenwelt, die Annwnm, die Bri Leith, Insula vitrea, oder auch der Hades, das Elysion, wie auch immer du es nennen willst. Hier wandeln Lebende und Tote, bis sie am Jüngsten Gericht gerichtet werden.“
Carl schluckte. „Tote? Begegnen wir jetzt Opa?“
Jonas sch üttelte den Kopf. „Na ja, eher nicht, es gibt viele dieser Welten und er muss nicht hier sein. Wir müssten ihn suchen, was sicher eine Ewigkeit dauern würde.“
„Ich kann das zwar nicht glauben, aber mal angenommen , das stimmt alles, warum sollte Gott eine Apokalypse zulassen?“
„Das Ende der Welt ist im Moment der Erschaffung geplant worden. Alles hat einen Anfang und ein Ende, das siehst du doch in unserer Welt jeden Tag, auch wenn es dir in Bezug auf die Apokalypse unwahrscheinlich vorkommt. Gott hat ein Ende für diese Welt vorgesehen und es ist ein grausamer apokalyptischer Schluss, der Übergang von Ewigkeit zu Ewigkeit.“
Jonas konnte nicht sagen, was davon Carl ihm glaubte und was nicht, aber immerhin lief er wieder und sie erreichten bald das Ufer. Hier musste noch Lennarts zweites Boot liegen.
„ Und was hat dich jetzt erwischt?“, wollte Carl wissen.
„Ein Höllenhund.“
„Auf Rabensruh?“
„Erin nerst du dich an das Jaulen, das du gehört hast?“
„Der Streuner?“
Jonas nickte.
„Ein Höllenhund?!“
„ Ja, sie kommen mit den Sieben.“
Jonas atmete auf. Er hatte Lennarts zweites Boot entdeckt und das weit schneller, als er erwartet hatte. Es lag unverändert unter einem Berg Zweigen. Er packte das Dollbord, stemmte es hoch, bis es von alleine auf den Rumpf rutschte. „Sie verbinden in gewisser Weise den Himmel mit
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