Weltenende (German Edition)
sein.
Jonas fühlte sich schlechter. Eine lat ente Panik quälte ihn, zwang ihn sich dauernd umzudrehen oder auf Geräusche zu reagieren, die er sich wahrscheinlich nur einbildete. Im Grunde wollte er sich unterhalten, um sich abzulenken, aber Carl war so verstockt, dass es ihn aggressiv machte. Eine Pause gönnten sie sich nicht, sondern ritten weiter, bis sie das zweite Seelenfeuer erreichten. Sie hatten es schon weit früher ausgemacht, denn es brannte hoch über den Baumkronen in einem Turm aus dicken Kiefernbalken. Darunter gab es einen Hof mit einer Palisade aus alten Stämmen. Instinktiv wollte Jonas vorbeireiten, aber Carl meinte: „Ich habe Hunger, Jonas, und die Pferde brauchen auch etwas. Wir sollten eine Pause einlegen.“
Jonas spürte einen Schutzza uber, aber er war sicher, dass er zum Licht gehörte. Er stieg ab, fiel dabei beinahe zu Boden, so steif waren seine Glieder und die Wade juckte jetzt nicht mehr, sondern pochte schmerzend im viel zu schnell schlagenden Takt seines Herzens.
„Hast du noch eine Tablette genommen?“, fragte Carl.
Jonas schüttelte den Kopf. Er suchte die Tabletten in der Jacke und schluckte zwei trocken herunter. Mit den Knöcheln schlug er gegen das Tor. Sie mussten mehrmals klopfen, schließlich auch lauter mit der Faust dagegen hämmern, bis ein kleines Fenster im Tor aufsprang und das Gesicht einer alten Frau herausblickte.
„Was wollt ihr?“, krächzte sie.
Ihr Gesicht war fleckig, zum einen vom Alter, aber es war auch Dreck dabei.
„Unsere Pferde brauchen Wasser und Heu“, sagte Carl.
Jonas sah es in ihren Augen, d ass sie ihn erkannt hatte.
Sie knallte das kleine Fenster wieder zu und sie hörten wie ein Riegel verschoben wurde. Dann öffnete sie das Tor knarzend und gerade weit genug, dass sie mit den Pferden hindurch gelangten. Die Frau warf einen furchtsamen Blick nach draußen in die Dämmerung, wollte sich überzeugen, dass sie wirklich alleine waren, oder sie konnte nicht glauben, dass Jonas unbeschützt durch die Anderswelt ritt.
Im Innenhof stand e in hoher mit Heu beladener Wagen vor dem rechten Haus. Links war eine Scheune aus grob gezimmerten Balken, die genug Abstand zueinander hatten, dass das Heu dem Wetter ausgesetzt war, und geradeaus lag das Haus mit dem Turm und dem Seelenfeuer auf dem Dach. Ein Mann eilte heraus.
„ Malis, wer zum Henker sind ...“ Er schien nicht begeistert über den Besuch, aber Jonas sah, dass auch er ihn erkannte. „Willkommen auf Sendburg Mennor“, sagte er leiser.
Jonas g ab ihm die Hand. „Das ist Carl.“
„ Willkommen.“
„Unsere Pferde müssten versorgt werden und wenn es nicht zu viele Umstände bereitet, wir hätten auch gerne ein wenig Wasser und Brot.“
„Ihr könnt mit uns essen. Malis hat sicher genug gemacht. Ich bin Marcus“, sagte der Mann. Er war groß, schlank, vielleicht auch abgemagert - Malis war das nicht – und seine Hände waren von harter Arbeit mit kleinen Wunden übersät. Ein breites Lederband saß so fest ums Handgelenk, als müsse es von Leder zusammengehalten werden.
„ Ihr habt ein großes Haus für zwei Personen?“, meinte Jonas. Er vermutete noch, dass hier noch mehr Personen wohnten.
„ Unsere Kinder und Knechte sind bei den Truppen.“ Marcus senkte den Blick. „Darf ich fragen, wohin ihr wollt, junger Herr?“ Es war ein vorwurfsvoller Unterton in seiner Stimme.
Malis führte die Pferde zum Stall und Jonas wollte, dass Carl ihr folgte, aber er verstand die beiden kurzen Gesten hinter seinem Rücken nicht. „Ich muss zum Turm der alten Frau“, antwortete Jonas und biss sich auf die Lippen. Warum zum Henker war er so redselig?
„Die alte Hedwig . Es wird behauptet, sie erwarte das Ende.“
„Sie ist alt “, antwortete Jonas und versuchte zu klingen, als wäre alles in bester Ordnung. Natürlich wusste in der Anderswelt jeder, dass die Apokalypse kurz bevor stand.
Der Mann führte sie zum Wohnhaus hinüber und in eine große Stube, in der sich alles, sowohl Betten wie auch Küche, Spinnrad und Waschplatz befanden. Die Möbel waren alt, abgenutzt und verbraucht, aber vor allem schmutzig. Die zwei alten Leute mussten mit dem großen Hof heillos überfordert sein, dachte Jonas mitleidig. Immerhin feuerten sie den Kamin üppig und die Wärme war angenehm.
„Lasst euch nieder ! Ich hole Wein.“
Carl zog den Anorak aus und legte ihn neben sich über die Bank. Jonas trat ans hintere Fenster. „Hilft euch der Schutzwall?“
Marcus stellte eine Karaffe
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