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Weltenende (German Edition)

Weltenende (German Edition)

Titel: Weltenende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Caspari
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länger liegt. Fragt sich nur, unter welchem Vorwand er uns das verrät.“ Carl schwieg.
    „Er ist jetzt gerade bei der Ombrage; ich bin mir sicher“, sagte Jonas. „Lass uns noch mal zum Elster-Anwesen gehen.“
    „Oder er ist bei einem Kumpel und gibt damit an, wie er vorhin ...“
    „ Nein, er hat sicher noch eine Verabredung gehabt, warum hätte er sonst so schnell verschwinden sollen? Er ist schon in aller Eile vom Kutter aufgebrochen. Ich bin sicher, dass er bei der Ombrage ist.“
    Carl zuckte mit den Schultern. „ Na gut, gehen wir. Das Elster-Anwesen ist der einzige Ort, wo wir wissen, dass er sich abends oft aufhält.“
    „Kennst du Freunde von ihm?“, wollte Jonas wissen.
    „Marots Sohn , aber der ist weggezogen, ist KFZ-Mechaniker auf dem Festland, soweit ich weiß, dann Marcus, aber den habe ich auch schon ewig nicht mehr gesehen, und den, den du mir beschrieben hast, den kenne ich gar nicht, vielleicht ein Zugezogener. Ich bin auch nicht viel häufiger auf der Insel als du. Vorne in der Feriensiedlung wohnen jetzt angeblich auch ein paar Familien.“
    „ Vielleicht war das der Lehrjunge des Kaufmanns, der ist auch ein Zugezogener.“
    „ Schon lustig, unsereins versucht von der Insel runterzukommen und die da drüben versuchen herzukommen.“
    „Man will immer, was man nicht hat . So ist das Leben.“
    Si e liefen an der ersten Reihe Yachten vorbei und weiter bis zur Westspitze der Insel. Auch in der Bucht herrschte wieder reger Betrieb. Beiboote, die Yachties zu den Toiletten an Land brachten, und Kinder, die von Boot zu Boot schwammen oder in Schlauchbooten herumpaddelten. Es war ein warmer Abend. Die Fliegen summten um die Hagebuttensträucher und kleine Mottenschwärme flatterten ziellos über die Felsen. Die Möwen drehten Kreise über dem Wasser, hofften auf Brotreste, die sie auch reichlich bekamen.
    Jonas warf einen kritischen Blick in Richtung Buhne Nord Tonne, aber viel mehr als das durchgängig kurze Blinken war schon nicht mehr zu erkennen. Außerdem wollte er nicht hinstarren, schon aus Angst er würde verraten, was dort verborgen lag, wem auch immer ... Am liebsten wäre er hinausgeschwommen, hätte nachgesehen, ob die Insignien an ihrem Platz waren, aber das war ganz sicher nicht weniger auffällig gewesen.
    „Di e Zeit der Hunde bricht bald herein. Vielleicht solltest du den Ring anziehen“, schlug Carl vor.
    „ Nein, ich soll ihn nur anziehen, wenn es brenzlig wird.“ Tatsächlich hatte Jonas den Ring die ganze Zeit in der Hand, dachte aber unentwegt an Ludwigs Warnung, ihn nur zu gebrauchen, wenn es unbedingt notwendig war. Jonas wollte am Zeltplatz vorbeigehen.
    Sie nahmen den nächsten Dünenweg vom Ufer weg, folgten einem Feldweg durch niedrige Bäume und hörten von rechts – unweit lag ein kleiner Bolzplatz mit Fußballtor und Basketballkorb – laute Stimmen, die sie unangenehm an frühere Zeiten erinnerten. Hier lagerten im Sommer Jugendgruppen, oft mit schwer erziehbaren Kindern, was nicht selten mit Schlägereien und kleineren Diebstählen einherging. Auch Carl war schon angegriffen worden, vor drei Jahren von einer Gruppe Älterer, denen er zufällig in die Arme gelaufen war und die ihre Urlaubskasse aufbessern wollten. Er war ihnen nur entkommen, weil er die Insel besser gekannt hatte als sie.
    Sie nahmen den nächstbesten Pfad, der quer durch das kurze Wäldchen führte. Vom Spielfeldrand sahen sie ein gutes Dutzend Kinder von vierzehn, vielleicht fünfzehn Jahren, die eine Mischung aus Fußball und Rugby spielten; sie faulten sich und schupsten sich unentwegt.
    Jonas seufzte, e r wollte gerade zu Carl sagen, dass sie zurückgehen sollten, als dieser ihn jäh zurück hinter einen Busch zog. „Schau, schau, schau!“, flüsterte er aufgeregt.
    „Was ist denn?“
    „Auf halb zwölf!“
    „Was?“
    „Südostecke des Spielfelds!“ Carl zeigte hin.
    Jonas traute seinen Augen nicht. Drei Personen, schon fast von der Dunkelheit der Dämmerung unter den Bäumen verschluckt, standen am Waldrand, einer von ihnen unzweifelhaft Georg, noch immer im Blaumann und mit Gummistiefeln an den Füßen.
    „ Die Füße müssen abartig stinken“, raunte Carl.
    „Wir müssen näher ra n.“ Jonas rannte zurück auf den Hauptweg und bog rechts ab, um parallel und außer Sichtweite zum Sportplatz zu bleiben. Er schätzte die Länge des Spielfeldes ab und verschwand an dessen Ende querfeldein zwischen den Bäumen. Das restliche Sonnenlicht wich jetzt rasch und zwischen den

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