Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
vorest.
Hinter Tyark schrien Arana und Zaja. Die Wände waren noch weiter zusammengerückt, knapp ein Meter lag zwischen den wulstigen, zuckenden Schlünden, die hungrig nach den Menschen schnappten, die bald zwischen den Steinen eingequetscht werden würden. Tyark hatte kaum noch Raum, mit dem Schwert auszuholen. Arana hieb verzweifelt weiter mit ihren Kataren auf die Mündern ein und ihr gelang auch der ein oder andere Hieb und das dunkle Blut des Monsters machte die felsigen Inseln unter ihren Füßen glitschig. Doch die Mauern rückten unablässig näher.
Hinter sich spürte Tyark die sengende Hitze einer Flammenlanze, die Muras an die Decke richtete. Doch nichts schien die Wände aufhalten zu können. Gerade in dem Moment, als die blanke Panik Tyark zu übermannen drohte, wurde er schlagartig klar. Verwirrt hielt er inne. Er spürte die Panik seines Körpers, fühlte den Schweiß herunterlaufen und nahm auch die anderen wahr, wie sie alle um ihr Leben kämpften. Doch das schien weit entfernt, geradezu unwirklich. Denn er spürte die Macht in sich pulsieren – stärker denn je. Und sie lud ihn ein.
Tyark atmete tief ein und ließ los. Alles wurde dunkler um ihn herum. Dann sah er sie wieder, wie zuletzt im Wald. Die goldenen Fäden seiner Gefährten pulsierten hell vor ihm durch die Luft. Fasziniert streckte er im Geiste seine Hand aus und berührte spielerisch einen von ihnen. Ein Prickeln durchflutete seinen gesamten Körper. Er spürte Muras. Bilder durchfluteten schlagartig seinen Kopf. Unzusammenhängende Erinnerungen, Eindrücke, Gefühle. Er sah ein besorgtes, väterliches Gesicht. Eine brennende Scheune. Eine Mutter, die mit Angst in den Augen ihn anzublicken schien. Und er spürte große Angst vor sich selbst - aber auch das wilde Gefühl von Macht. Dann eine Frau und ein großer Turm – Tyark erkannte den Zirkel. Adaques perfektes Gesicht. Immer wieder Adaque. Dann das Gefühl von Schuld. Ein dunkler Raum, mit einem dreieckigen Tisch, wie aus einer verborgenen Ecke gesehen. Verhüllte Gestalten drumherum, eine davon schien kurz in seine Richtung zu blicken. Strafe – Tyark zuckte zurück, als er spürte, wie Muras‘ Geist sich seiner fast bewusst geworden war. Doch er blieb ruhig und versuchte, das Gefühl des Schwebens und des Flusses aufrecht zu erhalten, welches seine Brust erfüllte.
Die Welt um ihn herum versank in ein dunkles Dämmerlicht, die Silhouetten seiner Gefährten, der Felsen um ihn herum, ja selbst dieser teuflischen Wand verschwanden langsam und glichen irgendwann nur noch vagen Schatten. Er blickte sich um und sah etwas, das er erst nach einer Weile erkannte. Dunkle, verworrene Fäden umkreisten in dicken Bündeln die goldenen seiner Gefährten. Doch das Gold in diesen anderen Fäden schien seltsam dunkel – als sei es verdorben und verzerrt. Und uralt. Sie gehörten zweifellos zu der Monstrosität, welche sie in die Falle gelockt hatte. Diese lebendige Mauer, welche kurz davor war, sie alle zu zerquetschen und sich an ihrem Fleisch zu laben.
Tyark hob seinen Blick und erkannte, dass die Kreatur nicht nur uralt sein musste, sondern ungeheure Ausmaße hatte. Er konnte verschwommen und dunkel Ihr Zentrum erkennen, in dem sie sich befanden, dicke Bündel von Fäden drangen daraus und umgaben alles wie ein gewaltiges Spinnennetz. Tyark konnte nun auch schemenhaft den Rest der Kreatur ausmachen. Wie ferne Schatten sah er unendlich lange, dicke Ausläufer. Sie erinnerten Tyark an Koshorpilze , die unter der Erde wuchsen und sich in verästelten Geflechten weit ausbreiteten – manchmal viele Hundert Meter. Dies mussten die Gänge sein, durch die sie vorhin geirrt waren!
Irgendwie hatte es dieses Wesen geschafft, sein Fleisch durch eine praktisch undurchdringliche Haut zu schützen, die wie Mauerwerk aussah. In den Gängen und Ausläufern selbst konnte Tyark rasche Bewegungen sehen: Marakthan, die das Innerste dieser Kreatur und die umliegenden, echten Felsen und Gänge bevölkerten. Dieses Monster war überhaupt kein Tier! Vielmehr glich es einer Pflanze, die sich unter dem Sumpf ausgebreitet hatte - eine fleischfressende Pflanze furchterregenden Ausmaßes. Sie musste bereits Jahrhunderte hier unten leben, als Teil der Feuersümpfe. Oder Jahrtausende.
Plötzlich spürte er wieder das verdorbene, fremdartige Bewusstsein der Kreatur krank und grün in seinem Geist aufsteigen. Hunger lag darin. Unstillbarer, gieriger Hunger. Und auch erwartungsvolle Gier - denn schon bald würde es
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