Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
Goswin:
Bruder Goswin! Sie sind euch bereits auf der Spur. Eine Anklage wegen Häresie steht bevor. Wir haben die gefährlichen Werke in unsere Obhut genommen - bitte verzeiht unser Eindringen. Bruder, Ihr müsst auf der Hut sein. Wir werden Euch nicht schützen können.
-- Der Rote Salamander
Tyark schmunzelte in sich hinein, als er noch einmal las, was er in krakeliger Schrift formuliert hatte. Er las es auch Muras vor, der ebenfalls grinsen musste, als er hörte, wie Tyark unterschrieben hatte. Tyark erklärte schmunzelnd: »Ich hatte mal als Kind eine geheime Bande mit ein paar Freunden. Wir haben allerlei Unfug getrieben und uns dabei Der Rote Salamander genannt. Irgendwann haben wir dann riesigen Ärger mit unseren Eltern bekommen... Ich hatte es schon ganz vergessen, aber ich dachte mir, es passt ganz gut...«
Er zuckte mit den Schultern, doch Muras war bereits wieder in die Geheimnisse des Buches vertieft, als Tyark schließlich die Rolle zusammenfaltete und sorgsam in dem Versteck hinter dem Regal verstaute. Mit einem leisen Klicken verriegelte er wieder das Regal und strich nachdenklich über das raue Holz. Dann mahnte er seinen Freund zum Aufbruch und unbemerkt, wie sie gekommen waren, schlichen sie wieder heraus.
Als sie wieder nach oben stiegen, waren keinerlei Geister mehr zu sehen oder zu spüren. Bis auf einen eisigen Hauch, der immer noch in der Luft zu liegen schien, war nichts mehr von den Gestalten zu sehen, welche sie vorhin noch beobachtet hatten.
Sie saßen beide in dem Zimmer, das Tyark angemietet hatte. Rohin war überglücklich gewesen, dass Tyark sie mitgenommen hatte. Stirnrunzelt hatte er allerdings zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Wölfin sich manchmal seltsam in seiner Gegenwart verhielt. Immer wieder schnüffelte sie lange an ihm, als sei dort ein Geruch zu finden, der vorher nicht dagewesen war. Manchmal zuckte sie sogar vor ihm zurück, kam dann allerdings schnell wieder zu ihm zurück, um sich kraulen zu lassen. Tyark verspürte immer wieder eine dumpfe Wut, wenn sie sich so benahm. Er hätte es nicht erklären können, doch ihr Verhalten bereitete in ihm zornige Sorge. Jetzt saß Tyark in einem ausladenden Bastsessel und kraulte die faul herumliegende Rohin mit den Füßen.
Muras zwischen den Deckeln des Buches versunken und las bereits seit einer Ewigkeit – am Horizont schickte bereits die aufgehende Sonne das erste Licht über die Stadt am Lor, gedämpfte Stimmen der Einwohner Lors drangen bis in Tyarks Zimmer. Tyark spürte, wie die Aufregung langsam nachließ und ihm die Lider immer schwerer wurden – irgendwann sank er in den Bastsessel zurück und schlief ein.
***
Als er die Augen aufschlug wusste er sofort, wo er war. Er spürte Adaque und das pure Böse, welches ein untrennbarer Teil ihrer Seele geworden war – schon vor langer Zeit.
Noch bevor er sich weiter umsehen konnte, sah er bereits, wie Adaque im Sturzflug auf ihn zugeflogen kam, die ausladenden, nebelhaften Flügel glitten dabei durch Mauerwerk. Ein schrilles Lachen hallte durch die Silhouetten des Zwielichts – doch Tyark spürte instinktiv, dass auch Sorge dabei war. Sorge darüber, dass er erneut hier war und dass es ihr zuletzt nicht gelungen war, ihn zu töten... Schon schlugen ihre Seelenschwerter krachend in seinen Schild und in sein Schwert ein. Das weiße Licht der Schwerter blendete ihn fast. Schaudernd bemerkte Tyark, dass ihre Schwerter größer geworden waren, sie schienen auch stärker zu strahlen als beim letzten Mal.
In einem heftigen Kampf bewegten sie sich durch die Festung, zwei Tänzern gleich, deren nächster Schritt den Tod des anderen bedeuten konnte. Tyark bemerkte trotz Adaques heftiger Angriffe, dass diese Festung eine andere war, als beim letzten Kampf. Er begriff plötzlich, dass Adaque nicht mehr in der Alten Kaiserstadt sein konnte – sie war in der Tat bereits aufgebrochen! Vielleicht hatten ihre Truppen diesen Ort zuvor erobert?
Tyark versuchte, sich während des Kampfes umzublicken. Er sah schattenhafte Gestalten, die sich durch den Burghof bewegten. Die meisten kaum mehr als ein flüchtiger Schatten, andere klarer. Es schienen Menschen darunter zu sein, aber auch absonderliche Gestalten, die Tyark einen Schauder über den Rücken jagten.
Als er durch Adaques Magie abermals durch den Hof geschleudert wurde, fiel er sogar durch einige dieser Schatten hindurch. Er spürte nur eine große, kalte Leere, dort wo eigentlich die Seele hätte sitzen müssen. Er
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