Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
der Hütte lösten keine Beklemmung mehr in ihm aus.
Er trat aus der Hütte hinaus und betrachtete eine Weile die am Himmel vorbeifliegenden Wolkenfetzen. Warum war gerade er hier? Und warum hatte er sich früher noch nie an einen solchen Ort verirrt? Hatte er sich überhaupt verirrt oder vielmehr hierher gefunden?
Den Kopf voller Fragen begann Tyark, die seltsam blass wirkenden Wege des Dorfes entlang zu laufen. Plötzlich blieb er wie angewurzelt stehen: Vor ihm stand ein großer, weißer Wolf. Voller Panik griff seine Hand an seinen Gürtel, doch kein Schwertgriff war zu finden. Der Wolf blickte ihn an. Tyark begann, einige Schritte zurück zu gehen, doch das gewaltige Tier machte keinerlei Anstalten, ihm zu folgen.
Tyark blieb stehen – etwas war seltsam an diesem Wolf. Und als er sich konzentrierte, konnte er es hören: Ein leises, fast unhörbares Wimmern schien von dem Tier auszugehen. Es kostete ihn einige Überwindung, langsam in Richtung des Wolfes zu gehen, doch mit jedem Schritt nahm seine Angst ab.
Dann sprang er plötzlich zurück. Denn von einem Moment auf den anderen Stand sie an der Seite des Wolfes, den Blick in Richtung Dorfzentrum gerichtet, das Fell des Tieres mit einer zärtlichen Geste sanft streichelnd.
Tyarks Herz krampfte sich zusammen – während ein anderer Teil von ihm einen freudigen Stich in der Magengegend empfand und sofort zu ihr rennen wollte, sie umarmen, sie liebkosen... er schloss die Augen, versuchte angestrengt, den Zwiespalt seines Herzens zu beruhigen, was ihm langsam, sehr langsam, schließlich gelang.
Als er die Augen wieder aufschlug, sah er, dass die Frau verschwunden war, das Tier stand noch immer an derselben Stelle. Sein Wimmern war nun wieder deutlich zu hören. Blickte es Tyark nicht sogar fast klagend an?
Vorsichtig trat er näher, das Herz voller Angst vor der Frau und gleichzeitig so voller Verlangen nach ihr .
Der Wolf war bei näherer Betrachtung seltsam unscharf, es schien fast so, als ob eine Art Schleier über ihm lag. Das helle Fell glänzte im Zwielicht und Tyark konnte mächtige Muskelpakete darunter ausmachen. Zitternd streckte er seine Hand nach dem Tier aus, nur ein leises Wimmern kam als Reaktion. Als er das Fell berührte, ging seine Hand glatt hindurch, nur kurz hatte er das Gefühl, das Fell wirklich zu berühren. Der Wolf zeigte keine Reaktion und Tyark zog die Hand schnell zurück.
Dabei bemerkte er im Fell des Halses halb verborgen ein dünnes Lederbändchen. Interessiert betrachtete er es näher, das Wimmern des Tieres wurde zu einem leisen Winseln. Tyark wusste plötzlich, dass er das Lederbändchen problemlos würde anfassen können. Daher überraschte es ihn nicht, als er seine Faust fest darum schließen konnte. Ein leichtes, stärker werdendes Kribbeln breitete sich in seine Hand aus und begann, sich in den Unterarm auszubreiten.
Etwas war an dem Lederbändchen befestigt. Er drehte das Halsband des Tieres vorsichtig um. Tatsächlich baumelte ein kleiner heller Stein am Bändchen, welches durch ein kleines Loch im Stein durchgezogen worden war. Der Stein war vielleicht so groß wie ein Kiesel, vollkommen glatt – und lag angenehm warm in seiner Hand. Als Tyark ihn näher betrachtete, stellte er fest, dass in dem funkelnden Steinchen eine kleine, dunkle Stelle war.
Wie ein Auge. dachte er unwillkürlich und fuhr zurück – seine Hand, in welcher der Stein gelegen hatte, war immer heißer geworden und fühlte sich nun fast verbrannt an. Verwirrt ließ er den Stein fallen.
Warum hatte dieses Tier diesen Stein um den Hals? Wer hatte ihn dort angebracht?
Plötzlich spürte Tyark wieder sie . Fast überzeugt davon, dass sie direkt neben ihm stehen würde, fuhr er um – nur um erleichtert und enttäuscht zugleich festzustellen, dass sie nicht zu sehen war. Was hatte die Frau vor? War sie wieder beim Alten?
Etwas in ihm flüsterte ihm zu, dass es diesmal nicht so sein würde – fast hatte er die dunkle Gewissheit, dass die Frau diesmal wegen etwas anderem gekommen war. Er ließ das immer noch leise winselnde Tier hinter sich und ging in Richtung der Dorfmitte, als wüsste er genau, wo sie zu finden sein würde.
Die Tür zu Mandolfs Haus stand weit offen. Tyarks Herz wurde plötzlich von wilder Angst erfasst, er wusste instinktiv, dass er sich beeilen musste.
Es überraschte ihn daher auch nicht, als er die Tür zu Mandolfs Kammer geöffnet sah. Vorsichtig näherte er sich der Kammer und blickte verstohlen um die Ecke. Und er sah
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