Weltraumpartisanen 05: Vorstoss Zum Uranus
»ist in diesem Falle Captain van Kerk, Sir.«
Captain van Kerk hatte es nicht für nötig befunden, mich von diesem Ultimatum in Kenntnis zu setzen. Ich setzte die Mütze auf und eilte ins Cockpit.
»Ich übernehme wieder, Captain!«
Captain van Kerk schwang in seinem Sessel zu mir herum. Sein Gesicht drückte keinerlei Schuldbewusstsein aus. »Aye, aye, Sir«, erwiderte er. »Es freut mich, dass es Ihnen besser geht.«
In Wirklichkeit fühlte ich mich schwach und elend und lediglich mein Wille hielt mich aufrecht. »Ich erfahre da gerade etwas von einem Ultimatum –«
Die Überrumpelung gelang nur unvollständig. Captain van Kerk hatte durchaus nicht die Absicht, etwas zu leugnen oder zu beschönigen; allenfalls ließ er mich fühlen, dass er meine aufgebrachte Stimmung nicht zu teilen vermochte. »Ah ja, Sir, diese Durchsage des Kreuzer-Kommandanten. Ich hielt sie nicht für wichtig genug, um Sie, Sir, in Ihrer wohlverdienten Ruhe zu stören.«
»Nicht für wichtig genug, Captain?« Ich spürte, dass ich, schwach und mitgenommen wie ich war, die Auseinandersetzung rasch zu einem Ende bringen musste. »Das Leben eines Kameraden steht auf dem Spiel!«
»Ganz recht, Sir«, bestätigte Captain van Kerk gelassen. »Oder vielmehr: das Leben einer ganzen Besatzung steht auf dem Spiel! Commander Scott und seine Männer warten darauf, von uns gerettet zu werden. Was zählt in einem solchen Fall schon ein schwarzhäutiger Bordingenieur?«
Ich glaube, Captain van Kerk war sich der Ungeheuerlichkeit seiner Worte in keiner Weise bewusst. Sogar noch in diesem Augenblick war er von der Korrektheit seines Handelns überzeugt und, falls ihn etwas bestürzte, dann war es mein – in seinen Augen völlig unbegründeter – Zorn.
Ich drückte auf die Sprechtaste und meine nächsten Worte hallten durch alle Stationen des Schiffes: »Hier spricht der Commander! Captain van Kerk ist mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert. Er wird sich bis zur Beendigung dieser Reise in seiner Kabine aufhalten, die er nur mit meiner ausdrücklichen Genehmigung verlassen darf.«
Captain van Kerk war blass geworden. »Sir, das können Sie mir doch nicht antun –«
»Gehen Sie schon, Captain«, erwiderte ich, und selten nur war es mir ähnlich schwer geworden, mich zu beherrschen, »oder ich werde nicht zögern, Sie gewaltsam abführen zulassen!«
Captain van Kerk warf die Gurte los, stand auf und verließ das Cockpit, und wenn ich meinen Befehl nicht zurücknehmen wollte, hieß das, dass ich fortan mein eigener Pilot war.
»Brücke an FK!« Ich musste befürchten, dass alles, was ich nunmehr unternahm, zu spät kam. »Rufen sie die Pagode und handeln Sie für mich Bedenkzeit aus!«
»Bedenkzeit aushandeln. Aye, aye, Sir.«
»Brücke an NC! Wir unterbrechen den Uranus-Anflug und gehen bis auf Widerruf auf Schleifenkurs. Bitte programmieren Sie dementsprechend!«
»Schleifenkurs programmieren. Aye, aye, Sir.« Lieutenant Stroganows Stimme klang ruhig und sachlich, als handelte es sich um einen völlig normalen Befehl. Nur der Zusatz, den er seiner Bestätigung hinzufügte, verriet, was in diesen Sekunden in ihm vorging: »Danke, Sir.«
14.
Zur Abrundung meines Berichtes muss ich ein weiteres Mal auf Fremdmaterial zurückgreifen, in diesem Fall auf die Akte Scott.
Um den Persönlichkeitsverfall des Delta-IX-Navigators Domenico Sini richtig zu diagnostizieren, brauchte man nicht unbedingt eine medizinische Kapazität zu sein. Es war allgemein bekannt, dass sich im Gehirn eines Menschen, den man länger als ein Jahr ununterbrochen unter kosmischen Bedingungen leben ließ, bestimmte Veränderungen vollzogen – wobei die zeitliche Grenze bis zu einem gewissen Grad fließend blieb. Der eine widerstand den kosmischen Einflüssen länger, während der andere bereits nach zehn bis elf Monaten erste Veränderungserscheinungen aufwies. Damit waren dem ununterbrochenen Aufenthalt des Menschen im Raum, sofern er nicht durch künstliche Atmosphären – wie zum Beispiel auf der Venus oder neuerdings in Las Lunas – gegen die kosmische Strahlung abgeschirmt wurde, natürliche Grenzen gesetzt.
Mittlerweile ist das anders geworden; die moderne Technik hat Raumschiffe entwickelt, die ihren Besatzungen und Insassen absoluten Schutz vor der kosmischen Strahlung bieten. In jenen siebziger Jahren jedoch, in denen sich unter anderem auch der erste bemannte Raumflug zum Uranus vollzog, waren diese Schutz gewährenden Materialien noch nicht erfunden;
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