Weltraumpartisanen 14: Kurier zum Mars
Gegensatz zu jenem schon einmal erwähnten Zeitungsartikel, in dem von einem immer wieder erhebenden Erlebnis gesprochen wurde – eine höchst banale Angelegenheit.
Meine innere Erregung hatte völlig andere Ursachen. Ich spürte die Spannung, unter der der rote Planet stand, und ich mußte fürchten, daß alles, was die Medusa seit ihrem Start von der Venus hinter sich gebracht hatte – die lange Reise, die Gefahr, die erbitterten Kämpfe –, nunmehr nur noch den lakonischen Vermerk verdiente: umsonst.
Vor mir ragten, turmgleich und gewaltig, die monströsen Monumente einer neuen, inhumanen Epoche auf, in der – falls niemand für sie im letzten Augenblick die Fackel der Götterdämmerung entzündete – alles getilgt werden würde, was unserer Zivilisation Wert und Würde verlieh. Die MOBs hatten ihren Patrouillengang unterbrochen. Mit hoch und steil aufgerichteten Türmen und rotierenden Tentakel äugten sie zu mir herüber. Und obwohl sie keinerlei Anstalten trafen, mir näher zu treten, hatte die stumme Bedrohung, die von ihnen ausging, fast die Wirkung einer körperlichen Berührung.
Nun erst sah ich auch, was sie in Wirklichkeit bewachten und beschützten. Unter einem Vordach des Warren-Centers, das mir, als ich das Gelände überflog, den Blick verstellt hatte, standen in Reih und Glied über zwanzig jener mir sattsam bekannten, silbrig schimmernden Taurus-Zerstörer ohne Cockpit. Zwei davon waren mit Gerüsten umgeben; die ameisenhaften Gestalten, die sich darauf bewegten, trugen weiße Kittel. Hier wurde, wie unschwer zu erraten war, letzte Hand angelegt an zwei neue FLOBs.
Es entging mir nicht, daß Lieutenant Mercier, nachdem er einen Blick auf die Montagerampe geworfen hatte, sich plötzlich abwandte, als könnte er, was er dort sah, nicht länger ertragen. Und es war sicher keine sehr edle Regung, die mich dazu veranlaßte zu sagen: »Nur zu, Lieutenant! Begrüßen Sie Ihre Freunde!«
Er überhörte es. Seine Aufmerksamkeit war bereits anderweitig gefesselt. Mit einer Kopfbewegung machte er mich darauf aufmerksam.
Aus seiner Deckung heraus kroch ein Kaiman und hielt auf uns zu: mit jenen flinken, geschmeidigen Bewegungen, die diesem hochmodernen Typ fahrbarer Laser-Batterien den Namen gegeben hatten. In den Hörmuscheln meines Helmes dröhnte es auf: »Falls Sie bewaffnet sind, werfen Sie die Waffen fort. Danach heben Sie die Hände.«
Lieutenant Mercier warf mir einen fragenden Blick zu. Ich ahnte seine Nervosität und beeilte mich zu nicken. Die Pistolen – armselige, unnütze Waffen gegenüber einem Kaiman – fielen auf den Boden. Roter Staub wallte auf. Wir hoben die Arme.
Lieutenant Mercier flüsterte: »Mir scheint, Sir, wir sind hier nicht gerade willkommen.«
Ich erwiderte: »Oder aber man ist sich hier im Zweifel darüber, woran man mit uns ist.«
Der Kaiman kroch näher und hielt vor uns an. Erneut dröhnte es in meinem Helm.
»Wer sind Sie?«
Ich dachte an das, was ich über diesen Major Bodley wußte, der das Kommando über die Garnison führte, und beschloß, alles auf eine Karte zu setzen. Man hatte ihn mir als redlichen, unbestechlichen Mann geschildert – und die Art und Weise, wie er den MOBs seine Kaimane entgegengestellt hatte, war lediglich eine zusätzliche Bestätigung. Von allen Verbindungen abgeschnitten, auf einsamem, verlorenem Posten, hatte er sich zum Ausharren entschlossen. Der Situation entsprechend, schien die Stimmung in der Garnison zu sein: verunsichert und voller Mißtrauen.
»Commander Brandis von der Medusa, begleitet von Lieutenant Mercier.«
Der Kaiman schwenkte seine Optik; er schien sich vergewissern zu wollen, daß zwischen den MOBs und uns keine direkte Verbindung bestand. Vielleicht beäugte er auch lediglich das Dingi.
»Was wollen Sie?«
Es gab nichts mehr zu verlieren. Entweder nahm der Kaiman zur Kenntnis, daß er es mit zwei Verbündeten zu tun hatte, oder ich hatte den falschen Schritt getan. »Wir überbringen eine Botschaft der Regierung an den Kommandanten der Garnison, Major Bodley.«
Im Inneren des Kaimans schien man zu beratschlagen; möglicherweise telefonierte man auch mit dem Offizier vom Dienst. Eine endlos scheinende Minute verstrich, dann hieß es: »Begeben Sie sich zur Schleuse, mit erhobenen Armen. Dort wird man Sie in Empfang nehmen.«
Major Bodley, untersetzt, breitschultrig, mit einem kantigen, verschlossenen Bauerngesicht, lehnte am Gefechtspult und studierte mit gerunzelter Stirn jenes ministerielle
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