Weltraumpartisanen 14: Kurier zum Mars
Danach wird man weitersehen. Ich würde Ihnen, Gentlemen, raten, bis dahin zu ruhen.«
Der Major nickte mir noch einmal zu.
»Falls Sie Ausschau halten sollten nach Ihrem Dingi – ich habe mir erlaubt, es in sicheren Gewahrsam zu nehmen. Der Marshimmel hat – auch wenn Sie es vielleicht noch nicht bemerkt haben sollten – viele Augen.«
13.
Kurz vor Mitternacht war ich wieder auf den Beinen. Major Bodley erschien, um mich abzuholen. Aus seiner Ausrüstung – ein unauffälliger Raumanzug mit tragbarem Atemgerät – schloß ich, daß uns ein längerer Fußmarsch bevorstand. Ein gleichartiger Anzug lag für mich schon bereit. Während ich mich eilends ankleidete, ging Major Bodley unruhig im Raum auf und ab. Ich erkundigte mich nach den Einzelheiten des konspirativen Treffens.
»Was sind das für Leute?« Der Major blieb stehen.
»Die drei wichtigsten Projektassistenten – Professor Müllers engste Mitarbeiter.«
»Und was haben sie vor?«
»Gerade das soll heute nacht besprochen werden.«
Ich schloß den hermetisch dichtenden Verschluß der Montur und griff nach dem Atemgerät.
»Wo?«
»Nugget 1 «, erwiderte Major Bodley. »Das ist gewissermaßen Niemandsland.«
Konspirative Treffen, in dunkler Nacht, am geheimen Ort: Wie viele hatte die Geschichte der Menschheit davon bereits gesehen! Und fast immer ging es dabei um letzte, entscheidende Fragen: Um Sein oder Nichtsein, um Rebellion oder Unterwerfung, um Freiheit oder Sklaverei. Auf einmal konnte ich mich des niederdrückenden Eindrucks nicht erwehren, daß auch die Generation, der anzugehören ich so lange stolz gewesen war, das gleiche Schicksal trug wie ihre Väter und Vorväter: verdammt zu sein zu ewigem Wählen müssen. Der Aufbruch zu den Sternen hatte der Menschheit weder Glück noch Frieden beschert. Nach wie vor stand man vor der unausweichlichen Herausforderung durch die Mächte des Bösen – und alles, was man dagegen einzusetzen hatte, war der unbeirrbare Glaube an Güte, Gerechtigkeit und Menschenwürde.
Major Bodley und ich brachen auf. Der Major führte. Ich stolperte hinter ihm her. Das Gelände war uneben, die Nacht pechschwarz.
Der Marsch dauerte eine knappe Stunde. Als die Umrisse von Nugget I vor uns auftauchten, blieb Major Bodley stehen und warf einen Blick auf die Uhr. Ich vernahm seine gedämpfte Stimme: »Alles in Ordnung, Commander. Die MOBs haben nichts gemerkt. Wir werden hier warten.«
Der Boden, auf dem wir standen, war bereits historisch. Hier, an diesem Ort, hatte die menschliche Zivilisation zum ersten Mal von diesem unwirtlichen Planeten Besitz ergriffen und ihm in Form von Schächten und Gruben die Kainsmale ihrer unersättlichen Habsucht eingeprägt. Dann jedoch, als sie Bilanz zog und dabei feststellte, daß die hier betriebene Goldförderung auf die Dauer zu kompliziert und kostspielig war, hatte sie ihre Truppen wieder zurückgezogen – bis auf eine kleine Garnison, die das Besitzrecht gegenüber den VOR zu wahren hatte.
Ich fragte: »Wie kommen sie her? Auch zu Fuß?«
Major Bodley hob den Arm.
»Wenn mich nicht alles täuscht, sind sie soeben eingetroffen. Kommen Sie!«
Nach einem Dutzend Schritte blieb ich betroffen stehen. Major Bodley täuschte sich in der Tat – denn was nun geschah, entzieht sich jeder Kunst des Beschreibens. Es war wirklich und unwirklich zugleich. Auf diesem kaum eroberten, wüstenhaften, lebensfeindlichen Planeten, unter einem teilnahmslos starrenden bestirnten Himmel, vollzog sich ein Akt von höchster Brutalität. Der Boden unter den Füßen vibrierte; ein schweres Beben schien den Mars zu schütteln. Die schemenhafte Bewegung, die sich in Nugget I abzeichnete, verwandelte sich in hochhausähnliche Konturen.
Aus dem Gewirr der verlassenen Baracken brach ein MOB und hielt auf uns zu.
Wieder einmal durchzuckte mich die entsetzliche Erkenntnis, wie verhängnisvoll es war, diesen Gegner – diese ausgeklügelte Kombination von Intellekt und Mechanik – zu unterschätzen. Sein Verstand war dem unseren ebenbürtig, seine Entschlossenheit, den Kampf zu seinen Gunsten zu entscheiden, stand der unseren nicht nach. Und zudem war er, im Gegensatz zu uns, nahezu unverwundbar. Erneut fiel mir die uralte Legende vom Zauberlehrling ein. In seiner Macht hatte es gelegen, die Geister heraufzubeschwören; dann jedoch, als sie sich gegen ihn wandten und über ihn herfielen, wußte er die rettende Formel nicht. Nicht einmal Professor Warren, der Erfinder und Konstrukteur dieser Monstren,
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