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Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange

Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange

Titel: Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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dem Triebwerk hatte, war sie längst auf und davon. Mit dem Rotieren, zu dem ich gezwungen war, hinkte ich wie ein Fußkranker hinterher. Nach einer kurzen Ruhepause erschien ich um 06.00 Uhr Bordzeit wieder auf der Brücke. Es lagen keine besonderen Vorkommnisse vor. Captess Kato warf die Gurte ab, grüßte anmutig auf japanisch und zog sich zum Frühstücken zurück.
    Ich klemmte mich auf meinen Sitz und überprüfte die Anzeigen. Nie hatte ich die Leere des Raums körperlicher gespürt: ein Nichtvorhandensein, das schaudern machte. Der Blick verlor sich im Nichts, bis man sich vorkam wie blind.
    Irgendwann schepperte der Lautsprecher. Lieutenant O'Briens Stimme meldete sich. 
    »Brücke – RC. Sir, ich habe gerade wieder mal nach dem Guru gesehen. Der alte Mann ist übel dran. Ich würde sagen, das Neutralin tut keine Wirkung mehr.«
    Dieser Moment mußte kommen. Er kam immer. Nur am Anfang ist Neutralin eine gute Sache. Wenn die innere Verseuchung fortschreitet, ist es nur noch ein sündhaft teurer Dreck. All das ging mir durch den Sinn, als ich die Taste drückte. 
    »Leidet er sehr?«
    Eine vernünftige Antwort wäre ja oder nein gewesen – oder auch ganz einfach: ja. Lieutenant O'Brien nahm sich Bedenkzeit.
    »Schwer zu sagen, Sir. Ich werde aus seinem Benehmen nicht klug. Er gibt schon wieder weise Sprüche von sich. Zu mir hat er gesagt: Nicht dort, wo der Mensch sucht, wird er fündig. Auf jeden Fall ist er wach, und …«
    Mich verlangte nach einer klaren, knappen Auskunft. 
    »Machen Sie's kurz, Lieutenant!«
    »Aye, aye, Sir. Also, Sir, ich würde sagen, er übernimmt sich. Vorhin hat er ganz mächtig meditiert – oder wie man das nennt. Und jetzt will er Sie sprechen, Sir.«
    Meine Gedanken kreisten um die Florence Nightingale . Sechs gesunde Männer. Acht, wenn man die Fulgor -Piloten hinzuzählte. Verschollen im Weltraum. Und ich war immer noch ohne Spur. 
    »Also gut, ich will beim nächsten Kontrollgang daran denken, Lieutenant.«
    Ich hielt das Gespräch für beendet, den Fall für erledigt, aber Lieutenant O'Brien mit seinem irischen Gemüt war damit nicht zufrieden. 
    »Sir, er sagt, es ist wichtig. Ich will Sie nicht drängen, Sir, aber es sieht verdammt so aus, als machte er's nicht mehr lange. Mein Eindruck ist, daß er Ihnen unbedingt etwas mitteilen will.«
    Ich wollte seufzen und mich auf den Weg machen, aber da meldete sich im anderen Lautsprecher Lieutenant Levy, und ich bekam anderweitig zu tun. 
    »Brücke – FK. Ein LF von der Raumnotwache Las Lunas. Frage: Soll ich durchstellen?«
    Nie war ein früher Morgen unter den Sternen friedvoller gewesen. Der Energiesturm lag weit, weit hinter uns: eine verblassende Erinnerung. Der schwarze Samt des Himmels hatte einen lila Schimmer, und das Goldgesprenkel der Sterne war auf der Dunkelseite von betörender Schönheit. Auf der anderen Seite stand die Sonne und überschüttete das Cockpit mit gleißendem, sieghaftem Licht. Es war völlig still. Die Henri Dunant bewegte sich durch ein lautloses Nichts, durch einen verdunsteten Ozean des Schweigens. Sie bewegte sich einem Firmament entgegen, das beharrlich vor ihr herflüchtete – von einer Unendlichkeit in die andere. Und wäre nicht das monotone Diep-Diep-Diep des Kursschreibers gewesen, der unter der kreisrunden gewölbten Glasplatte die rotierende Fahrt umsetzte in eine kunstvolle Grafik aus nachglühendem Licht, wäre die Illusion, daß die Henri Dunant bewegungslos auf der Stelle stand, vollkommen gewesen.
    Im Lautsprecher erklang die Stimme von Hua Mc-Kim. 
    »Frage, Commander: Wie komme ich an?«
    Ich sah ihn vor mir: mit seinem Buddhagesicht und den besorgt blickenden Augen. 
    »Ich lese Sie klar und deutlich, McKim. Wir stehen hier auf Kilo Oskar Sierra Zero Zero Acht und halten rotierenden Kurs auf die Plejaden. Frage: Was liegt an?«
    McKims Stimme bekam, als er antwortete, einen leichten Hall. Wahrscheinlich benutzte er Stellanorm XIV , wie sich das anbot, als Reflektor – und die Plattform wanderte allmählich aus. Die Qualität der LF-Gespräche war in den letzten Jahren erheblich gesteigert worden. Allerdings waren auch dieser Technik natürliche Grenzen gesetzt. Mit zunehmender Entfernung wurden die Verzögerungen immer spürbarer, bis irgendwann der Punkt erreicht wurde, an dem das Gespräch zum überwiegenden Teil aus Verzögerung bestand und abgelöst werden mußte durch LF-Telegramm. Mit der Einführung der Reflektoren waren diese Grenzen um einiges

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