Weltraumpartisanen 31: Geheimsache Wetterhahn
deren bizarre Pagodendächer sich mit babylonischer Dreistigkeit vom schmuddeligen Gelb der Sierra Alpina abhoben. Inzwischen wurde der Versorgerhafen nicht mehr gebraucht – und die UGzRR hatte einziehen dürfen. Jahr für Jahr wiederholte Pietro Anastasia, der zwielichtige Regierende Bürgermeister, sein Versprechen, das Gelände an die städtische Ozonerie anzuschließen, und Jahr für Jahr blieb alles beim alten: Zwischen den Rampen lagerte knöcheltief der lunare Staub, und über ihm dehnte sich kalt und luftleer der ungebändigte Raum.
Captain Blenderman meldete sich, und Brandis brachte sein Anliegen vor.
»Weshalb ich anrufe, Captain … Ich wäre Ihnen zu Dank verpflichtet, wenn Sie einen Ihrer Beamten vor John Harris’ Tür postieren würden – für den Fall, daß er ungebetenen Besuch erhält.«
Auf dem Bildschirm legte Blenderman den Kopf schief.
Brandis begriff und hielt sich nicht damit auf, die verunglückte Polizeibarkasse anzuführen, der er vor einer Woche zu Hilfe gekommen war. Er sagte: »Ich übernehme die Kosten.«
»Immer zu Ihren Diensten, Commander«, erwiderte der alerte Hüter der lunaren Ordnung und schaltete sich aus.
Nachdem dies geregelt war, fühlte sich Brandis besser.
Für Geld bekam man in Las Lunas praktisch alles – in diesem Fall Schutz und Sicherheit für John Harris. So wie die Dinge lagen, war ein bewaffneter Posten vor seiner Tür so notwendig und ebenso viel wert wie der Chirurg, der ihn in dieser Stunde zusammenflickte.
Brandis konnte sehen, wie das Zubringerschiff abhob, um der bläulich schimmernden Erdkugel entgegenzustürmen, und er dachte an Ruth O’Hara, die allen Gefahren zum Trotz dorthin zurückkehrte, wo, wie sie sagte, ihr Platz war. Wieder einmal war es ihm nicht gelungen, sie zum Bleiben zu bewegen. Den Jungen hätte man nachholen können.
Es wäre das Klügste gewesen. Vor allem hätte es ihn von seiner Sorge um ihre Sicherheit befreit. Sie hatte nichts davon hören wollen. Und auch das Warum seiner Entscheidung hatte sie nicht interessiert.
Damals, als er gegen den Willen seiner Oberen die Flotte unter dem Johanniterkreuz eingesetzt hatte, um Metropolis vor dem Untergang zu bewahren, war das etwas anderes gewesen.
Das war eine Rettungsaktion unter den Sternen gewesen – im weitesten Sinn des Wortes. Ohne diesen seinen Entschluß wären 50 Millionen Menschen dem Hungertod anheimgefallen.
Der Lichtpunkt erlosch in der Tiefe des Alls.
Mit etwas Glück würde man Ruth nicht in Verbindung bringen mit dem verschwundenen Raider. Aber sie war nicht zu halten gewesen.
Nein, das Johanniterkreuz durfte weder als Köder noch als Waffe mißbraucht werden.
In keinem Fall, sagte sich Brandis. Selbst dann nicht, wenn sich der größenwahnsinnige General zum Kaiser der EAAU krönen ließ – oder zu dem des Universums.
Major Tuomi mußte nach anderen Mitteln Ausschau halten. Brandis konnte ihm nicht helfen.
Ein Logenplatz unter den Sternen?
Das traf einfach nicht zu.
Ihm waren die Hände gebunden. Und an dieser Tatsache gab es nichts zu rütteln. Und außerdem …
Brandis drehte sich abrupt um und betrat den Kontrollraum. Das Knistern der Sterne in den Lautsprechern empfing ihn. Wichtigste Aufgabe der Raumnotwache war es, die verschiedenen Notruffrequenzen zu überwachen – die der EAAU ebenso wie die der VOR. Und dazu die beiden militärischen.
Die Zeiten waren noch unvergessen, in denen jeder, der unter den Sternen in Schwierigkeiten geriet, auf sich selbst gestellt blieb – ohne Aussicht auf wirksame Hilfe. Seit dem Jahr 2083 war das anders. Und dieser Fortschritt durfte nicht aufs Spiel gesetzt werden.
Hua McKim war damit beschäftigt, mit monotoner Stimme die Positionen der sechs anderen Rettungskreuzer abzufragen.
»Und nun zu Ihnen, Florence Nightingale. Frage: Position?«
Captain Romens Stimme ließ sich vernehmen: »Florence Nightingale auf Raumposition Oberon.«
»Roger, Flo .«
Hua McKim, die rechte Hand Mike Bergers, des Leiters der Raumnotwache Las Lunas, war der Sohn einer koreanischen Mutter und eines schottischen Vaters, und für die Gemischte Gesellschaft, wie spitze Zungen die UGzRR gelegentlich nannten, weil in ihr Besatzungen aus beiden Staaten einträchtig zusammenwirkten, war er der rechte Mann am rechten Fleck.
Brandis holte sich einen Becher Kaffee aus dem Spender und setzte sich auf die Fensterbank. Wenn er den Kopf wandte, konnte er die beiden Schiffe auf den Rampen sehen – im Vordergrund seine Henri Dunant,
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