Weltraumzirkus d'Alembert - 1-5 - Die Geheim-Agenten des Imperiums
machen.
Er versuchte die Augen zu öffnen, aber seine Lider schienen verklebt zu sein. Um ihn herum war Licht – das erkannte er an dem rötlichen Schein, der durch die Lider drang. Um ihn herum waren Stimmen, die aus einem Geräuschnebel zu ihm drangen und wieder verschwanden, einzelne Worte vermochte sein Gehirn nicht zu erfassen. In diesem Zustand der Apathie trieb er unendlich lange, gleichgültig gegenüber allem, was mit ihm geschah.
Aus diesem Traumzustand wurde er erst herausgerissen, als ihn eine Hand kräftig auf die rechte Wange schlug. Dieser Schock bewirkte, daß er die Augen öffnete und die Denkprozesse in seinem Gehirn in Bewegung gesetzt wurden. Er sah jetzt – aber nur verschwommen, verdoppelt. Es bedurfte aller Kraft seines noch immer tauben Bewußtseins, um sich auf seine Umgebung konzentrieren und etwas wahrnehmen zu können.
Vor ihm stand ein hagerer Mann, den er erst nach geraumer Weile als jenen erkannte, der damals im Lagerraum den Vorsitz geführt hatte. Hinter ihm zwei Dutzend anderer, ebenso furchteinflößender Gestalten. Das Gesicht des Mannes war zu einem rachsüchtigen Grinsen verzerrt, als er auf Jules hinunterstarrte, der nun feststellen mußte, daß er mit gefesselten Händen und Füßen auf einem Sessel saß. »Na«, dröhnte die Stimme des Mannes in Jules' Ohren. »Sind Sie endlich aufgewacht?«
Jules war einer Antwort unfähig. Seine Zunge lag wie ein Bleiklumpen im Mund und wollte ihm nicht gehorchen. Langsam lichtete sich der Nebel um ihn herum, und nun verspürte er einen ekelerregenden, faulen Geruch in der Luft. Es schien eine Mischung sämtlicher dem Menschen bekannter übler Gerüche zu sein, angefangen vom Fäkaliengestank bis zum Gestank faulenden Fleisches. Jules suchte seine Nase dagegen zu verschließen – ein aussichtsloses Unterfangen. Er mußte sich schließlich damit begnügen, so viel wie möglich durch den Mund zu atmen.
Der Mann baute sich vor Jules auf und schlug ihn abermals -diesmal mit der anderen Hand. Er schlug so kräftig zu, daß Jules' Zähne buchstäblich zu klappern begannen. Jules geriet in Wut und hatte alle Mühe, an sich zu halten. Nicht umsonst hatte ihn einst sein Vater gelehrt, daß die Redewendung ›den Kopf verlieren‹ mit ›Fassung verlieren‹ Hand in Hand geht. Ein von Zorn geblendeter Mensch konnte leicht eine Gelegenheit verpassen, die einem Besonneneren nicht entging. Ich sollte dankbar sein, daß er mich schlägt, dachte Jules. Damit bringe ich die Betäubung rascher hinter mich – ein Vorteil zu meinen Gunsten.
Er bemühte sich, den starren Ausdruck seines Blickes beizubehalten, während er sich im Raum umsah. Es war ein großer Raum, sicher einer der größten, die er je gesehen hatte. An der Decke verliefen Rohre verschiedener Durchmesser, von denen einige durch die Wand in andere Räume geleitet wurden, andere wiederum mit riesigen Kesseln in Verbindung standen, die wie riesige Schildwachen am Boden standen. Das kleinste dieser Gefäße war mindestens fünf Meter hoch und hatte einen Durchmesser von acht Metern, von anderen, viel größeren jedoch noch weit überragt. Metalleitern führten zu diesen Gefäßen hinauf, an deren oberem Rand Laufstege vorhanden waren. Und allgegenwärtig ekelhafter Gestank nach Tod und Verderbnis.
»Sie werden etliche Antworten geben müssen«, sagte der Mann vor Jules und zwang den DesPlainianer, seine Aufmerksamkeit näherliegenden Problemen zuzuwenden. »Auf die Suche nach Ihnen mußten wir viel Zeit und Energie aufwenden, Dinge, die uns ganz und gar nicht behagen.«
Jules' Zunge fühlte sich nun weniger pelzig an, und er konnte wieder sprechen. »Hätte ich das geahnt«, brachte er undeutlich hervor, »so hätte ich meine Visitenkarte hinterlassen.«
Der Frager schlug ihm erneut ins Gesicht, aber diesmal war Jules darauf gefaßt und drehte den Kopf so, daß der Schlag gemildert wurde. »Frechheit wird bei uns nicht geduldet«, sagte der Mann barsch. »Eines muß man Ihnen lassen: Sie haben sich wacker gehalten. Außerdem ist es noch niemandem zuvor geglückt, sich in unser Ausbildungslager einzuschmuggeln. Sie müssen es mit Unterstützung geschafft haben – mit sehr hochgestellter Unterstützung.«
Jules mußte seinen Befrager von dieser Gedankenkette abbringen. Wenn der Kerl nämlich die Idee weiterverfolgte, mußte er zu dem logischen Schluß kommen, daß Jules für den SOTE tätig war. Denn nur der Service war imstande, falsche Vorstrafen zu bescheinigen, ihn ins Gefängnis
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