Weltraumzirkus d'Alembert - 1-5 - Die Geheim-Agenten des Imperiums
waren überzeugt, daß auch diese Räume abgehört wurden. Sie mußten also jedes Wort abwägen, solange sie sich hier aufhielten. »Ich möchte diese Wohnung«, und sie deutete auf eine Bilderfolge, die wie der Katalog eines Immobilienmaklers zu schön war, um wahr zu sein.
Jules begutachtete das Bild, das sie ihm unter die Nase hielt, und heuchelte finanzielle Bedenken. »Das können wir uns nicht leisten«, sagte er matt. »Wir nehmen diese Wohnung, mit den zwei Schlafräumen.« Er deutete auf ein anderes Bild. »Die Miete ist niedriger und läßt uns Spielraum für andere Dinge.«
Sie ließen es zu einem gespielten Streit über dieses Thema kommen, schließlich aber gab Yvette nach. »Du bist immer viel zu praktisch veranlagt«, erklärte sie.
Am nächsten Tag bezogen sie tatsächlich eine Wohnung, die jener mit den zwei Schlafräumen im Prospekt ähnelte, aber doch gewisse Unterschied aufwies. Yvette gab grollend zu, daß sie annehmbar wäre, und der Zwist war beendet.
In der Zwischenzeit hatten sie außerdem die Broschüre ›Wissenswertes über den Asylplaneten‹ gelesen. Gegenwärtig gab es auf dem Planeten nur diese eine Stadt, die eine Einwohnerzahl von 27 000 aufwies. Zwei Drittel davon waren ›Flüchtlinge‹ wie die d'Alemberts, alle übrigen in der Verwaltung tätig. Die Klienten konnten es sich in dieser Pensionisten-Niederlassung gutgehen lassen.
Man hatte keine Mühe gescheut, den Einwanderern ihr neues Leben so angenehm wie möglich zu gestalten. Die Stadt war geradezu ideal angelegt, sämtliche Bauten fügten sich harmonisch in die Landschaft ein.
Nirgends Enge und Gedrängtheit. Parkanlagen und Grünflächen, wohin man auch sah, was sich auf die Augen sehr angenehm auswirkte. Es gab Bäder und Turnhallen, Sportplätze, Läden, Theater, Restaurants, Bars, Kasinos und andere Einrichtungen, in denen die neuen Bürger sich amüsieren konnten, ohne an die Polizei denken zu müssen.
Ein kritischer Beobachter allerdings hätte in dem Prospekt einiges vermißt. Nirgends ein Wort über die Regierung oder darüber, ob die Menschen ihr Leben hier nach eigenem Gutdünken gestalten durften. Keine Rede von Verbindungen zu anderen Welten. Und nirgends ein Wort davon, daß man den Planeten auch jemals wieder verlassen könne.
Dieser Asylplanet war in Wahrheit ein Zuchthaus ohne Gitter. Zugegeben, ein Gefängnis der Luxusklasse, aber nichtsdestoweniger ein Gefängnis. Den Insassen mußte dies zumindest im Unterbewußtsein spürbar geworden sein. Diese Menschen hatten als Verbrecher eine knallharte Vergangenheit hinter sich und konnten sich an unbegrenzten Müßiggang nicht ohne weiteres gewöhnen. Alkohol und Drogen wurden reichlich konsumiert, und es verging kaum ein Tag ohne ein paar handfeste Prügeleien in den Bars.
Der Asylplanet war demnach ein höchst unvollkommenes Paradies.
Nun aber konnten die d'Alemberts endlich ihren eigentlichen Auftrag in Angriff nehmen, nämlich Helena ausfindig zu machen und ihr eine Fluchtmöglichkeit zu verschaffen. Jules hatte gemeint, dies bedeute, daß seine Schwester endlich ihre Verabredung mit Nav aufgeben und wieder mit ihm zusammenarbeiten würde. Zu seiner Erbitterung mußte er entdecken, daß dem nicht so war.
»Du mußt es so sehen«, sagte Yvette während eines kleinen Spazierganges auf einem einsamen Weg. Seit ihrer Ankunft hatten sie fleißig Spaziergänge machen müssen, weil sie sicher sein wollten, daß man ihre Gespräche nicht abhörte. »Hier gibt es über 27 000 Menschen, und wir suchen einen einzigen. Wir verdoppeln unsere Chancen, wenn wir uns trennen und einzeln auf die Suche gehen. Wenn Pias mich ausführen will – ich könnte mir keine bessere Ausrede vorstellen, in der ganzen Stadt herumzukommen. Und du bist frei und kannst dich dort umsehen, wo ich nicht hinkomme.«
Die Tatsache, daß ihr Plan seinen Wünschen nicht entgegenkam und dennoch so sinnvoll war, regte ihn nur noch mehr auf. »Er ist dir gegenüber nicht aufrichtig«, beharrte er. »Er hat etwas zu verbergen.«
»Dauernd erhebst du diese vagen Vorwürfe. Jetzt beobachtest du ihn schon eine Woche. Konntest du nichts Handfesteres herausbekommen?«
Da erzählte Jules ihr widerstrebend von Navs sonderbarem Verhalten in Carnerys Kabine. Yvette hörte aufmerksam zu und sagte länger Zeit gar nichts, nachdem ihr Bruder alles berichtet hatte. »Ich weiß, daß es zwischen Pias und Carnery etwas gibt. Das wußte ich gleich von Anfang an, als Pias zum ersten Mal den Mann erwähnte.
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