Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz
nicht die Kraftwerke beschädigt; die Techniker entdeckten vielmehr, daß die Computer die Energie nicht dorthin verteilten, wo sie erforderlich war. Es kostete viel Schweiß und noch mehr böse Flüche, bis man die großen Computer aus der Verteilungskontrolle abgekoppelt hatte und die Systeme auf primitivere, manuell zu bedienende und halbautomatische Schaltungen umgestellt worden waren. Wo zu hohe Spannungen zu Bränden geführt hatten, mußte man mit behelfsmäßigen Einrichtungen arbeiten. Innerhalb von knapp sechsunddreißig Stunden klappte die Energieversorgung in den größten städtischen Ballungsgebieten und den ländlichen Gemeinden der unmittelbaren Umgebung wieder.
Fast ebenso wichtig war die Wiederherstellung der Kommunikationssysteme auf der ganzen Welt. Wieder lag es nicht so sehr an zerstörten Anlagen, sondern an den computergesteuerten Schaltsystemen, die nicht ordnungsgemäß funktionierten. In diesen Fällen war es sehr viel schwieriger, die Computer aus dem Netz ganz herauszunehmen. Statt dessen ging man nach lautem Protest der beteiligten Manager und Ingenieure daran, sämtliche Speicher und Programme der Computer zu löschen und sie neu zu programmieren. Damit waren die vom PCK gegebenen Anweisungen eliniiniert, und die Computer arbeiteten wieder einwandfrei - aber nur nach Verlust aller darin gespeicherten Daten.
Langsam wurden so die Lücken in den Kommunikationssystemen geschlossen, und nach achtundvierzig Stunden lief alles fast wieder wie normal. Radio, Trivision und Sensabel-Sendungen wurden wiederaufgenommen, und an Nachrichten herrschte wahrhaftig kein Mangel. Der Auskunftsservice der Vidicom-Netze war zum Teil gelöscht worden, wenn man aber die Nummer eines Bekannten kannte und sie wählte, kam man meist durch. Die verzweifelten Menschen telefonierten mit der ganzen Welt, um zu erfahren, wie Freunde und Angehörige die Katastrophe überstanden hatten. Das brachte wieder überlastete Leitungen und Ausfälle mit sich, aber nach wenigen Tagen waren auch diese Probleme gelöst.
Wie die Kommunikationscomputer, so waren auch die Verkehrscomputer hoffnungslos falsch programmiert und mußten neu programmiert werden. Menschen, für die es ungewohnt war, das eigene Fahrzeug selbst zu steuern, mußten es nun einige Tage lang versuchen und bahnten sich den Weg durch Straßen, die durch Fahrer mit ähnlichen Problemen verstopft waren. Es gab nicht viel mehr Verkehrstote als in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts, doch war der Eindruck auf die modernen Fahrer verheerend, die Jahr für Jahr an beinahe perfekte Sicherheitsberichte gewohnt waren. Der Verkehr zu Lande, im Wasser und in der Luft lief, aber er lief verlangsamt, da die Umstellung auf Selbststeuerung für die Menschen sehr schwierig war. Die Verkehrsprogramme waren so komplex, daß trotz dieser vielfältigen Bemühungen das Verkehrsaufkommen auf einen winzigen Bruchteil dessen zurückging, was es vor der Katastrophe ausgemacht hatte.
Energieversorgung, Kommunikation, Verkehr - das waren technische Probleme mit geradlinigen, wenn auch manchmal schwierigen Lösungen. Daneben aber gab es Probleme des täglichen Lebens, die nicht so säuberlich gelöst werden konnten, und gerade diese Probleme waren es, die monatelang, wenn nicht gar jahrelang existieren würden. Es war unvermeidlich, daß sich das Leben der Menschen drastisch änderte; manche würden sicher aus dem allgemeinen Chaos Nutzen ziehen, während andere ernste Schäden davontragen und sich vielleicht nie wieder davon erholen würden.
Nachdem sie sich stundenlang die erregten Diskussionen ihrer Ratgeber angehört hatte, entschied Kaiserin Stanley XI. sich, ihren Untertanen über das Geschehene reinen Wein einzuschenken. Man wußte ohnehin, daß sich eine Tragödie von gewaltigem Ausmaß ereignet hatte. Es hatte keinen Sinn, die Natur und das Ausmaß der gegen den Thron gerichteten Verschwörung zu verheimlichen. Nur wenn die Menschen die wahre Natur der Probleme kannten, denen man gegenüberstand, würden sie die strikten Maßnahmen billigen, die nötig waren, wenn der allgemeine Wohlstand wiederkehren sollte. Zumindest betete die idealistisch gesinnte Kaiserin darum, daß man so reagieren würde, anstatt sich in Verzweiflung hineinzusteigern.
Sobald die Übertragimgsmöglichkeiten wiederhergestellt waren, hielt Edna Stanley eine lange Rede, die Milliarden von Menschen erreichte. Am Anfang stand das Eingeständnis, daß das Imperium eine schwere Krise durchmache und sich
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