Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz
nicht umsonst unterziehen.« Pias stellte sich absichtlich als Zielscheibe zur Schau. Seine auffallende, leuchtendweiße Erscheinung auf der hellerleuchteten Bühne stellte Abend für Abend für einen eventuellen Attentäter im Publikum ein ideales Ziel dar. Da ihm die hellen Scheinwerfer direkt in die Augen schienen, konnte er kaum die erste Zuschauerreihe sehen. In den rückwärtigen Reihen hätte sich eine ganze Armee samt Kanonen breitmachen können, und er hätte sie nicht bemerkt.
Das fiel nun unter Yvettes Verantwortung. Während Pias als sichtbarer Teil des Teams agierte, setzte sie alles daran, unsichtbar zu bleiben. Sie nahm immer ganz hinten Aufstellung, für gewöhnlich an die Rückwand gelehnt, und behielt die verdunkelte Halle so im Auge. Was ihr Mann da oben auf der Bühne sagte oder machte, interessierte sie nicht. Sie ließ das Publikum nicht aus den Augen und achtete auf das geringste Anzeichen von Unruhe oder Feindseligkeit. Meist waren die Menschen aber nur verwirrt, manchmal angerührt und schließlich überwältigt. Mit der Zeit aber wurde die Reaktion der Zuhörer lebhafter und enthusiastischer. Da wußte Yvette, daß die Gegenseite einen Schritt tun würde.
Der erste Versuch wurde gestartet, als sie nach dem Essen in ihr Hotel gingen. Es war in einer kleinen Gemeinde, in der sie sich eben während ihrer Predigttour aufhielten. Als Pias den Lichtschlüssel über das fotosensitive Schloß gleiten ließ und die Klinke niederdrücken wollte, machten Yvettes scharfe Ohren ein Klicken aus, das eigentlich nicht hätte dasein sollen.
Geistesgegenwärtig packte sie ihren Mann und riß ihn mit sich. Beide taumelten und fielen um. Zum Glück waren sie in der Kunst des Fallens so geübt, daß sie sich auch unter den hier herrschenden Hochschwerkraftbedingungen keine Verletzung zuzogen.
Fast gleichzeitig explodierte die Tür in einer Stichflamme, und die freiwerdende Energie erschütterte das ganze Hotel. Trümmer der Tür und des Bodens wurden weggeschleudert, prallten gegen die andere Wand und rissen tiefe Löcher hinein. Mörtel bröckelte von der Decke, und die Fensterscheiben klirrten.
Pias schüttelte heftig den Kopf, um das Ohrensausen loszuwerden. Langsam kam er wieder auf die Füße. »Evie, du bist ja eine richtige Lebensretterin«, sagte er und half Yvette beim Aufstehen. »Unter diesen Umständen verzeihe ich dir sogar, daß du beim Zupacken mein Hemd zerrissen hast.«
Ihr Zimmer war total zertrümmert. Teile von Möbelstücken lagen im Durcheinander mit verbrannten Kleidern und Gepäckstücken nebeneinander. Das Chaos machte es nahezu unmöglich abzuschätzen, ob die Bombenleger die Sachen der Bavols durchsucht hatten, um Hinweise auf deren wahre Identität zu finden. Eine Schar Neugieriger war rasch zur Stelle, und mit ihr der Hoteldirektor, der den Schaden begutachtete. Und als Steigerung der Verwirrung kam die Polizei, so daß es mehr als zwei Stunden dauerte, ehe Pias und Yvette sich unter den Resten ihrer Habseligkeiten selbst umsehen konnten. Zum Glück hatten sie ihre Spezialausrüstung hinter den größeren Möbelstücken versteckt, so daß die Sachen die Explosion unbeschädigt überstanden hatten. Allem Anschein nach war ihre Identität unentdeckt geblieben.
Wie geplant hielt Pias seine Predigt auch an jenem Abend, nur mußte er diesmal in seiner normalen Tageskleidung auftreten, da seine auffallendere Ausstattung der Explosion zum Opfer gefallen war. Die Gemeinde war nur klein, und die Ereignisse des Nachmittags hatten sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Als Folge davon hatte Pias die größte Zuhörerschar seiner ganzen Predigerlaufbahn vor sich. Falls die Leute sich jedoch etwas Ungewöhnliches für den Abend erwartet hatten, wurden sie herb enttäuscht. Pias hielt sich streng an den Stil seiner sonstigen Auftritte und enthielt sich jeglicher Anspielungen auf mögliche Feinde oder auf Anschläge gegen sein Leben. Wenn man ihn so sah, hätte man meinen mögen, er hätte den ganzen Tag im Bett verbracht und sich ausgeruht. Daß er nur knapp dem Tode entronnen war, sah man ihm nicht an.
Yvette hingegen war mit ihren Nerven am Ende. Und sie kam den ganzen Abend nicht zur Ruhe, da sie das Publikum wachsam im Auge behielt. Sie konnte nirgends Anzeichen irgendeiner Gefahr entdecken, und als Pias geendet hatte, belohnte das Publikum seine Tapferkeit mit donnerndem Applaus. Nach der Versammlung zog das SOTE-Team unter anderem Namen in ein anderes Hotel. Sie schliefen in zwei
Weitere Kostenlose Bücher