Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie
Betrugsdezernat uns darüber hätte informieren sollen.«
»Nein.« Khan lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und blickte in den Garten hinaus. Die Plastik-Kinderschaukel bewegte sich ganz leicht in der Brise. »Ich wünschte, ich wäre nie auf die dumme Idee gekommen, den edlen Kämpfer für Recht und Ordnung zu spielen. Das war, bevor Soph mit Izzy schwanger wurde, als ich noch nicht so viel zu verlieren hatte.
Es bedrückte mich zu sehen, wie das, was ich so schätzte, derart kriminell behandelt wurde, aber ich wusste mir keinen Rat dagegen. Dann traf ich eines Abends zufällig einen Bekannten aus meiner Uni-Zeit, der sich dem investigativen Journalismus verschrieben hatte.Wir kamen ins Gespräch, und nach ein paar Flaschen Wein zu viel erzählte ich ihm alles. Er war sofort Feuer und Flamme. Er sagte, wenn ich geduldig wäre, könnte ich genug Beweise für einen vernichtenden Enthüllungsartikel sammeln. Und den könnten wir dann verkaufen. Nicht nur an einen Verlag – er kannte auch jemanden bei ITV, der vielleicht daran interessiert wäre, eine Sendung zu machen.«
»Und die Polizei?«
»Mein Bekannter traf sich mit Leuten vom Betrugsdezernat und erzählte ihnen, was wir vorhatten. Sie sagten, sie würden die Sache im Auge behalten, was immer das bedeutet. Ich habe nie direkt mit irgendjemandem gesprochen, aus Furcht, es könnte meinen Job gefährden.Aber ich bin davon ausgegangen, dass irgendjemand Sie informiert oder Ihnen zumindest gesagt hätte,
dass Sie behutsam vorgehen sollen. Ich nehme an, Ihre Kollegen haben unsere Bitte, Stillschweigen über die Sache zu wahren, ein bisschen zu wörtlich genommen.«
Khan lächelte, aber diesmal ohne jede Spur von Humor. »Mir war einfach nicht klar, was es bedeutete, geduldig zu sein. Oder wie es ist, ein Doppelleben zu führen. Ich hatte wahrscheinlich irgendwelche pubertären Fantasievorstellungen über das aufregende Leben eines Spions.« Er schüttelte den Kopf, und im Schatten wirkte sein scharf geschnittenes Gesicht plötzlich müde.
»Die Schweißausbrüche. Die Lügen. Die Heimlichtuerei. Ich hatte immer schon eine gewisse Fassade aufgebaut, weil das die Kunden beeindruckt, aber das hier ging viel tiefer. Ich fing an, diesen Journalisten mit nach Hause zu bringen, und Soph hatte es irgendwann satt. Ich selbst hatte es satt.Aber wir – mein Bekannter und ich – hatten endlich einen konkreten Plan ausgearbeitet, wie wir sie drankriegen könnten, eine Reihe von Dokumenten, die alles lückenlos belegt. Aber meine Position wird von Tag zu Tag prekärer, und Sie werden verstehen, warum ich nicht den Anschein erwecken durfte, mit der Polizei zusammenzuarbeiten.
Ich will aussteigen.« Khan ließ die Handkante durch die Luft sausen, ein symbolischer Schnitt. »Die University of London hat mir eine Dozentenstelle angeboten, aber zuerst muss ich zu Ende bringen, was ich begonnen habe.«
»Ich verstehe, dass Sie ungern auf das Geld verzichten würden, nach allem, was Sie getan haben«, meinte Cullen.
Khan warf ihm einen unfreundlichen Blick zu. »Das Geld könnten wir gut gebrauchen, zumal jetzt, da Sophie nicht arbeitet. Aber bis heute habe ich noch keinen Penny gesehen, und ich habe auch keine Garantie, dass ich je etwas sehen werde. Ich will einfach nur, dass meine ganzen Mühen irgendwie anerkannt werden.
Es ist eine einzige Abzocke«, fuhr er fort und schüttelte angewidert den Kopf. »Sie kaufen irgendeinem Straßenhändler auf
dem Flohmarkt etwas ab, multiplizieren den Preis mit zwanzig, fünfzig oder hundert und nennen das Ding eine Antiquität von unschätzbarem Wert. Was natürlich totaler Quatsch ist.«
»Sie wollen doch nicht behaupten, dass das ganze Zeug wertlos ist?«, rief Cullen, der sich anhörte, als hätte man ihm gerade erklärt, dass es keinen Weihnachtsmann gibt.
»Nein, natürlich nicht. Aber Sie müssen sich auskennen, und Sie sollten niemals einem Auktionshaus trauen – zumindest nicht unserem. Kristin Cahill hat sich immer ein bisschen lustig gemacht über den kleinen Antiquitätenladen ihrer Mutter, aber nach allem, was sie erzählt hat, ist ihre Mutter eine ehrliche Geschäftsfrau und verdient damit auf ehrliche Weise ihren Lebensunterhalt.«
»Und die Goldshtein-Brosche?«
»Oh, die ist allerdings echt. Der Herstellerstempel und dieVerarbeitung sind unverkennbar«, antwortete Khan achselzuckend. »Obwohl ich nie damit gerechnet hätte, dass eine echte Goldshtein-Brosche auftauchen könnte, die in keinem Katalog verzeichnet
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