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Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Waters
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Irgendwann ging ich, um mich zu erleichtern. Als ich zurückkam, wollte ich Marcellus etwas entgegenrufen, doch er hielt mich mit einer warnenden Geste zurück.
    Still ging ich an unseren Tisch.
    »Horch, aber sieh nicht hinüber«, flüsterte er und deutete mit Blicken auf den Nachbartisch, der durch einen Lorbeerbusch vor unseren Augen abgeschirmt war.
    Die Männer mussten gekommen sein, während ich fort gewesen war. Ihrer Unterhaltung nach waren es Soldaten, aber keine von unseren. Sie hatten ebenfalls allerhand getrunken, waren jedoch nicht in heiterer Stimmung. Langsam rutschte ich auf meiner Holzbank näher heran.
    Einer, der auf die Äußerung eines Kameraden einging, sagte gerade, er könne es ertragen, in der Schlacht besiegt zu werden; im Krieg sei das nun einmal so. Es sei keine Schande, in einem ehrlichen Kampf Prügel zu beziehen. Doch durch Hinterlist und eine unterlegene Streitmacht besiegt zu werden … Er hielt bedeutungsvoll inne und erntete beifälliges Gemurmel von den anderen.
    Ein anderer meinte: »Und nun schickt Julian uns nach Gallien wie Gefangene.«
    »Er würde uns hierbehalten, würde er uns trauen.«
    »Das habe ich ja gesagt.«
    »Auf Gnade können wir kaum hoffen. Wir sind erledigt.«
    »Aus den Augen, aus dem Sinn«, sagte einer im pathetischen Ton des Kasernenphilosophen.
    Ich schaute Marcellus an. Kein Soldat wird gern besiegt. Was hatten sie erwartet? Sie waren zwei Legionen und eine Kohorte Bogenschützen gegen unsere dreitausend Mann, und obwohl Julian dringend Verstärkung brauchte, wagte er nicht, sie so kurz nach ihrer Kapitulation gegen Constantius einzusetzen.
    Sie murrten weiter. Lucillian hätte sich wehren müssen, meinten sie. Unseren Pöbelhaufen hätte er mühelos schlagen können. »Und du bist nicht der Erste, der das sagt«, warf ein anderer ein und nannte Freunde in anderen Einheiten, die dasselbe dachten. Dann sagte jemand leise und in gefährlichem Tonfall: »Es ist noch nicht zu spät, um etwas dagegen zu unternehmen … noch nicht.«
    Mehr brauchten wir nicht zu hören. Geduckt schlichen wir davon.
    Als wir außer Hörweite waren, sagte ich, schlagartig nüchtern geworden: »Sie müssen in der Kaserne isoliert werden. Die Stimmung wird sich sonst ausbreiten wie Feuer im Heuschober.«
    »Ja. Komm, wir sollten zu Julian gehen. Bis zum Morgen wird es zur Meuterei kommen.«
    In der Nacht, als die Soldaten wieder in der Kaserne waren, wurden in aller Stille Wachen postiert. Viele Befehlshaber hätten in solch einer Lage, wo alles auf dem Spiel stand, die Männer entlassen und jeden hingerichtet, auf den ein Verdacht fiel. Doch Julian sagte zu uns, dass er mit den Männern reden wolle.
    Wir alle sprachen uns dagegen aus. Julian hielt uns entgegen, die Männer hätten ihr Wort gegeben. Es sei besser, sagte er, einem Mann Ehre zuzubilligen, obwohl er sie nicht besitzt, als ihn unter seinem Wert zu behandeln.
    Also ging er im ersten Morgengrauen in die Kasernen und sprach zu ihnen. Sie hätten keinen Grund, sich zu schämen, verkündete er, und dass er sie dringend in Gallien brauche.
    Nach seiner Rede gab es nur ein paar wenige Jubelrufe. Vielleicht hatten die Männer am Vorabend zu tief in den Weinbecher geschaut.
    Doch als wir sie bald darauf nach Gallien abmarschieren sahen, ließen sie den Kopf hängen, als würden sie in die Gefangenschaft geführt.
    Wir waren froh, sie loszuwerden. Doch wir hatten nicht zum letzten Mal von ihnen gehört.
    Wir hielten uns nicht länger in Sirmium auf und waren bald auf der Straße nach Osten unterwegs, zu der Stadt Naïssus.
    Naïssus war die letzte Bastion der westlichen Reichshälfte, und sie öffnete uns widerstandslos die Tore. Julian, Marcellus und ich standen auf einer nahen Anhöhe und schauten über das Land. Am Fluss hinter den Bergen lag Thrakien, die erste Provinz des Ostens, und dahinter die große Hauptstadt Konstantinopel – die Stadt Constantins, den die Christen den Großen nennen, weil er sich von den alten Göttern abwandte.
    Julian blickte missbilligend auf die neu erbauten Kuppelkirchen, die das Stadtbild sprenkelten. Constantin hatte sie mit dem Gold finanziert, das er aus den Tempeln raubte. Was an ihrer Stelle dort gestanden hatte, war geschleift worden. Die neuen Bauten stachen dunkel heraus wie Mottenlöcher in einem schönen alten Kleidungsstück.
    »Ich wäre nicht gern am Hof, wenn Constantius erfährt, dass Naïssus sich so bereitwillig ergeben hat.«
    »Nein, wirklich nicht«, pflichtete ich lachend

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