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Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Waters
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und wahrscheinlich hätten unsere Wege sich gar nicht gekreuzt – was wir sehr begrüßt hätten –, wäre Florentius nicht der unverrückbaren Überzeugung gewesen, dass jeder Eunuch Ausgangspunkt einer Intrige ist. Und so drängte er sich in Eutherius’ Gesellschaft, entschlossen, alles zu erfahren, was mit ihm zu tun haben könnte.
    Florentius nahm die kleinste gegen ihn gerichtete Kränkung wahr, war aber selbst zu äußerster Grobheit fähig. Wen er zu sich befahl, den ließ er einen halben Tag vor seinem Amtszimmer warten; er fuhr anderen über den Mund, fiel ihnen ins Wort und ließ Bemerkungen fallen, bei denen die Leute in ohnmächtiger Wut erröteten. Obwohl er als Präfekt keine militärische Macht besaß, war man doch gut beraten, sich nicht mit ihm anzulegen. Der Kaiser hatte ihn persönlich ernannt, und jedwede Entscheidung des Präfekten würde bei Hof fraglose Zustimmung finden. Innerhalb seines Machtbereichs konnte er nach Gutdünken bestrafen und degradieren, und so lebten seine Untergebenen in ständiger Angst.
    Eutherius ließ sich nie anmerken, was er von Florentius hielt; dazu war er zu sehr Diplomat. Doch Marcellus verabscheute ihn und verschanzte sich hinter einer Mauer distanzierter Höflichkeit, sobald Florentius zugegen war.
    Jemand, der besser erzogen gewesen wäre als der Präfekt, wäre auf die Ablehnung nicht eingegangen; Florentius aber führte mit Marcellus sinnlose Streitgespräche, fragte ihn nach seiner Meinung, nur um sie dann abzutun, und zwang ihm verbissene Wortgefechte auf, um ihn herabzusetzen. Meistens war er sich dessen nicht einmal bewusst, nehme ich an, doch er war an Schmeichler gewöhnt, und seine empfindsame Nase hatte gewittert, dass Marcellus kein solcher Mensch war.
    Doch was den Präfekten mehr als alles andere ärgerte, war die erfolgreiche Laufbahn des neuen Cäsars.
    Julian hatte an der Universität in Athen studiert, als sein Vetter, der Kaiser, ihn an den Hof nach Mailand berief, um ihn zum Cäsar zu ernennen und nach Gallien zu entsenden. Zu der Zeit erwartete niemand große Leistungen von ihm, denn wie Eutherius erklärte, wusste jeder, dass Julian sich mehr mit Büchern befasste als mit dem Krieg und nie in einer Schlacht gekämpft, geschweige denn ein Heer befehligt hatte.
    Doch er überraschte alle. Er hatte eine Truppe in den Elsass geführt, hatte die Barbaren zurückgeschlagen und die Kastelle entlang des Rheins, die zur Bewachung der ungeschützten Ebenen dienten, wiederaufbauen lassen. Empört, weil ihnen nach Jahren ungehinderten Plünderns Grenzen gesetzt wurden, hatten die germanischen Häuptlinge ihre Heere zusammengezogen, um den vermessenen Römer zu vernichten. Mit einer Horde von dreißigtausend Mann waren sie auf Straßburg vorgerückt, angeführt von dem Gaukönig Chnodomar. Die Germanen hatten ihren Sieg für sicher gehalten. Doch in der Schlacht wurden sie vernichtend geschlagen; Chnodomar wurde gefangen genommen. Sechstausend Barbaren fielen im Kampf, wurden auf der Flucht zertrampelt oder ertranken im Rhein, als sie ihn schwimmend durchqueren wollten. Julian dagegen hatte von seinen dreizehntausend Mann nur zweihundert verloren.
    Als die Nachricht von diesem Sieg Paris erreichte, war man dort hocherfreut gewesen. Jeder hatte den jungen Cäsar, der sich so unerwartet als großer Heerführer erwiesen hatte, in höchsten Tönen gelobt – jeder außer Florentius. Er hatte seinen eigenen Werdegang mit Vorsicht gestaltet, war kein Wagnis eingegangen und hatte seine Vorgesetzten niemals verärgert. Um Karriere zu machen, hatte er sich abgemüht wie ein Esel am Wasserrad, und so sah er sich durch Julians raschen Aufstieg persönlich geschmäht. Während alle Welt sich freute,erklärte Florentius säuerlich, Julians Erfolg sei nur Anfängerglück.
    Bald erfuhren wir, dass Julians Sieg auch anderen unwillkommen war. In diesem Winter erhielt Eutherius einen Brief von Julian, in dem er mitteilte, dass er aufgehalten werde. Julian hatte sich mit seinem Heermeister Barbatio überworfen, der seine Anstrengungen während des gesamten Feldzuges unterlaufen hatte, anstatt ihn zu unterstützen. Nun hatte Julian ihn entlassen, und Barbatio war zu Constantius geeilt, um schneller bei Hofe zu sein als der gegen ihn gerichtete Tadel und sich seinerseits über Julians Führung zu beschweren, der seiner Ansicht nach seine Befugnisse überschritt.
    »Julian bittet mich, deshalb an den Hof zu reisen und seine Sache beim Kaiser zu vertreten«, erklärte

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