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Wen die schwarze Göttin ruft

Wen die schwarze Göttin ruft

Titel: Wen die schwarze Göttin ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Urapa vernichten?«
    »Ich werde Dombono töten lassen und dich zum Oberpriester machen!« sagte sie ruhig. »Du wirst unsere Sprache lernen, und wir werden glücklich sein. Das glücklichste Liebespaar im Sternenall.«
    Sie ergriff wieder seine Hände. Mit geschlossenen Augen saß sie da und atmete schwer. »Ich liebe dich«, sagte sie kaum hörbar. »Ich liebe dich … ich liebe dich …«
    Alex saß bewegungslos vor ihr und schwieg. Jetzt nichts sagen, dachte er. Jetzt wäre ein Wort wie ein Mord. Sie sucht sich jetzt selbst, und sie wird sich wiederfinden: die Göttin von Urapa …
    Der Junge bewegte sich im Schlaf. Er zog vorsichtig seine Hände aus Sikinikas Schoß und griff nach dem Stethoskop. Sie zuckte zusammen. Sie schien aus einer Art Trance zu erwachen und starrte ihn an.
    »Was ist?«
    »Er wird unruhig. Vielleicht muß ich noch eine Kreislaufinjektion geben. Er hat viel Blut verloren.«
    Er beugte sich über Sikinophis und hörte sein Herz ab. Als er sich wieder aufrichtete, stand Sikinika hinter ihm, angezogen, die Haare zurückgeworfen über die Schulter. Ihre Augen hatten wieder den klaren, nüchternen Blick, den er kannte.
    Sie ist wieder da, dachte er glücklich. Gott sei Dank! Ihre Seele ist zurückgekrochen in den goldenen Panzer. Und plötzlich empfand er ein unendliches Mitleid für sie.
    »Paß gut auf ihn auf!« sagte sie. Ihre warme Stimme war geblieben. Die Kälte kam erst mit dem Göttergewand über sie. »Er hat noch viel für sein Volk zu tun. Er ist die Sonne der Sonne …«

23
    Es war das letztemal, daß Alex Huber mit Sikinika gesprochen hatte. Er sah sie nicht wieder, sie kam nicht mehr in das Krankenzimmer ihres Sohnes, sie äußerte keine Wünsche, hatte keine Fragen. Die einzige Verbindung zwischen ihnen war Dombono, der finster herumging und die Genesung des Jungen fast wie eine Beleidigung ansah.
    Er ahnte, daß seine große Zeit als heimlicher Herrscher über Urapa vorbei war. Der Wille der Götter, die Sikinophis hatten unheilbar krank werden lassen, damit ein blonder, blauäugiger, von einem Fremden gezeugten Mann nicht einmal das Gottkönigtum übernahm – so erklärte es Dombono seinen Priestern –, dieser Wille war von einem weißen Arzt zerstört worden.
    Auch die Königin hatte sich verändert. Dombono spürte es bald. Sie war nicht mehr nur Repräsentant einer Religion, sie war nun auch zu einer aktiven Herrscherin geworden.
    »Ich werde hinaus aus meinem Palast gehen!« sagte sie einmal. »Ich werde unter mein Volk gehen! Es soll mich nicht nur achten und fürchten, sondern über alles lieben!«
    Und Dombono hatte sich schweigend verneigt und die neue Linie der Regierung zur Kenntnis genommen.
    »Wie lange noch, Doktor Huber«, sagte er eines Tages. »Wann wird der Sohn der Sonne gehen können?«
    »In zwei Wochen versuchen wir die ersten Belastungen.« Huber blickte über die Stadt. Er stand mit Dombono auf einer Terrasse im Tempelbereich. Unter ihnen wimmelten in den Straßen die Menschen und Wagen. Auf den Terrassenfeldern arbeiteten die Bauern. Der Bau des neuen Tempeltrakts ging gut voran trotz der Qual, jeden der dicken Felssteine mit Menschenkraft zu bewegen. »Sie wollen uns loswerden, nicht wahr?«
    »Sie werden die einzigen Fremden sein, die lebend dieses Land verlassen haben.«
    »Das haben Sie schon mehrmals gesagt.« Er stützte sich auf die Balustrade. Er konnte von hier aus die Stelle sehen, wo einmal die Käfige gehangen hatten. Was war in der Zwischenzeit alles geschehen! Urapa würde nie mehr so sein wie früher; auch wenn er später an Sikinika wie an einen phantastischen Traum denken würde – die Wochen seines Wirkens konnten nie mehr ausgelöscht werden. So kann man Jahrtausende verändern, dachte er. Ein einziger Mann. Sikinika würde ihn nicht vergessen, und Sikinophis wird ein aufgeklärter König sein, der jedesmal, wenn er seine Narbe am Oberschenkel sieht, sich an die Worte seines ärztlichen Freundes erinnert.
    »Woran denken Sie jetzt?« fragte Dombono. »Ich weiß, Sie mißtrauen mir.«
    »Um ehrlich zu sein … sehr!«
    »Sie irren. Ich habe Sikinika erzogen, ich habe das Kind erzogen, ich zerstöre doch nicht meine eigenen Werke.«
    »Aber Ihre Werke beginnen, ein Eigenleben zu führen, und das zerstört Sie, Dombono!«
    »Es geht nur um den Staat! Um das Testament der Könige! Sie ahnen gar nicht, was Sie angerichtet haben!«
    »Vielleicht doch, Dombono.« Er atmete tief auf. »Darum bemühe auch ich mich, so schnell wie möglich

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