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Wen die Sehnsucht besiegt

Wen die Sehnsucht besiegt

Titel: Wen die Sehnsucht besiegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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sich rasch ab, um seine Miene zu verbergen. »Sag’s mir nicht! « rief sie. »Ich will’s nicht wissen. « Dann sprang sie auf und breitete ihre Arme aus. »Nur ein einziges Mal möchte ich richtig leben. Ich möchte einem Mann in die Augen schauen und darin sehen, ob er mich um meiner selbst willen liebt oder haßt, nicht wegen des Goldes, das mein Vater besitzt. So wie Frances bin ich nicht. Die kann’s kaum erwarten, den Leuten zu erzählen, sie sei die Kusine der reichsten Erbin von England. Lieber unterhalte ich mich mit der Köchin als mit diesen alten Männern, die mein Vater zu mir schickt. «
    »Aber ich dachte, Ihr würdet sehr gern mit den Leuten reden, die von draußen kommen, und Fragen stellen. «
    »Ach, könnt’ ich doch die Welt sehen - und malen! « Anmutig drehte sie eine Pirouette, und ihr Rock bauschte sich. »Aber wenn ich die Welt ungestört betrachten wollte, müßte ich ein ganz gewöhnlicher Mensch sein, wie Frances. « Wieder einmal verschwieg Tode, was er von Frances hielt. Als Axia zwölf Jahre alt gewesen war, hatte der Vater geschrieben, in absehbarer Zeit würde er eine dreizehnjährige Kusine auf den Landsitz schicken, die ihr Gesellschaft leisten sollte. Darüber hatte Axia sich so unbändig gefreut, daß Tode eifersüchtig geworden war. Während der nächsten Monate stellte sie das ganze Haus auf den Kopf, um alles für Frances’ Ankunft vorzubereiten. Sie zog aus ihrem schönen Schlafzimmer und ließ es für ihre Kusine neu einrichten.
    Als Tode gegen diese Extravaganz protestierte, erklärte sie in einem Ton, der keinen weiteren Widerspruch duldete: »Wenn’s ihr hier mißfällt, wird sie nicht bleiben. « Obwohl sie fürchtete, ihren Vater zu erzürnen, und deshalb niemals eigene Wünsche äußerte, zögerte sie nicht, etwas für die Menschen zu erbitten, die sich in ihrer Obhut befanden. Also wurden neue Fenster-und Bettvorhänge und neue Kissen für Frances bestellt. Und als der große Tag näher rückte, wußte sich Axia vor lauter Glück kaum zu halten. Aber an dem Morgen, wo Frances endlich eintraf, verschwand Axia. Tode mußte lange nach ihr suchen, und endlich fand er sie, hoch oben auf dem Ast eines Apfelbaums. »Und wenn sie mich nicht mag? « wisperte sie. »Das wird sie meinem Vater sagen, und er läßt sie wieder wegbringen. « Geduldig sprach er auf sie ein und beteuerte, jeder würde sie mögen. Da kletterte sie vom Apfelbaum herunter, um ihre Kusine zu begrüßen.
    Leider täuschte sich Tode. Frances mochte Axia nicht. In seiner schrecklichen Jugend hatte er manche Erfahrungen gesammelt, und so durchschaute er das Mädchen sofort. Von ihrer übereifrigen Kusine umschwirrt, nahm sich Frances alles, was sie nur kriegen konnte. Kein Wunder, daß dieser James Montgomery sie für die Erbin hielt, denn sie kleidete sich so, wie es einer reichen jungen Dame geziemte. Von Axia mit Wohltaten überhäuft, glaubte Königin Frances, dies wäre ihr angestammtes Recht. In den sieben Jahren seit ihrer Ankunft hatte Tode oft versucht, Axia zurückzuhalten, wenn sie ihren Vater um weitere Geschenke für die Kusine bat - Orangen im Winter, Seidenstoffe in ganz bestimmten Farben. Aber Axia winkte nur ab. »Wenn sie sich drüber freut, warum soll sie es nicht bekommen? Mein Vater kann sich’s leisten. «
    Während all der Jahre hatte Axia niemals auf gehört, Frances zu verwöhnen, obwohl es ihr nicht vergolten wurde. Hin und wieder rächte sie sich mit spitzen Bemerkungen für die Undankbarkeit ihrer Kusine, oder sie heuchelte Gleichgültigkeit. Manchmal malte sie häßliche Frauengesichter auf Frances’ Spiegel und schob ihr Gänseblümchen unters Kopfkissen, damit die Kusine niesen mußte.
    Abrupt wurde Tode aus seinen Gedanken gerissen, als Axia verkündete: »Ich werde Frances spielen. « »O ja, natürlich. Wir tapezieren Euer Schlafzimmer mit Spiegeln und entfernen all die langweiligen Bücher, die Ihr so liebt. Auch die Gemälde müssen verschwinden. Und … « Lächelnd unterbrach er sich. »Aber sagt doch, wer wird Frances sein? « Doch er hatte die Antwort bereits erraten. »Nein, niemals wird Euer Vater… «
    »Er wird’s nicht wissen, und es wäre ihm auch egal. Wenn er’s erfährt, erzähle ich ihm einfach, ich hätte es getan, um seine kostbare Ware zu schützen. Falls irgend jemand die Maidenhall-Erbin als Geisel nehmen will, wird er sich die mittellose Frances schnappen, nicht mich. Sicher würde sie ihrem Entführer bald die Wahrheit erzählen. Aber

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