Wen die Sehnsucht besiegt
Söhne. Dann nahm er plötzlich ihr Gesicht in beide Hände und drückte einen Kuß auf ihren Mund.
Alle Anwesenden (außer Frances) hatten zu essen aufgehört und beobachteten die Szene in der Mitte des Raumes wie ein faszinierendes Theaterstück. Erstaunt sahen sie, wie Lachlan die kleine Frau küßte. Aber niemand war so verblüfft wie Jamie.
»Leider habe ich keine Frau«, verkündete der Hausherr. »Wollt Ihr mich heiraten? «
»Ja, sehr gern«, antwortete Axia prompt.
»Nein! « donnerte Jamie, und die anderen schnappten nach Luft.
»Doch! « Axia wandte sich zu ihm. »Ich kann heiraten, wen ich will. Das geht Euch nichts an. «
»Euer Vater… «
Natürlich wußte sie, daß er Frances’ Vater für ihren hielt. »Der ist letztes Jahr gestorben. «
»Aber ich dachte, er wäre am Leben«, entgegnete Jamie verwirrt.
»Danach habt Ihr nie gefragt. Er fiel einer Seuche zum Opfer, wurde in einem Massengrab verscharrt, und ich konnte mich nicht einmal von ihm verabschieden. «
»Wartet! « Rhys eilte um die Tische herum und gesellte sich hinzu. »Von meinem Vater habe ich ein Stück Land geerbt. Reich bin ich nicht, aber ich wäre glücklich, wenn Ihr meinen Heiratsantrag in Erwägung ziehen würdet, Mistress Axia. «
»Den Teufel werdet Ihr! « Lachlan wollte wieder nach ihr greifen, aber Jamie war schneller und schob sie hinter seinen Rücken.
»Dieses Mädchen steht unter meinem Schutz, und ich muß… «
»O nein, ich stehe nicht unter seinem Schutz«, protestierte Axia. »Er wollte mich nicht einmal auf diese Reise mitnehmen. Glaubt mir, er muß nur eine einzige Pflicht erfüllen, und die Mai… Eh, Frances, zu ihrem geliebten Bräutigam bringen. Übrigens, er will sie selber heiraten. «
Nun schauten alle zu Frances hinüber, die sich ihrem Frühstück widmete und die Ereignisse zu ignorieren suchte. Wo immer Axia erschien, sie zog die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich, und Frances wollte sie endlich loswerden. Wenn ihre Kusine diesen Lachlan heiratete, der keinen Adelstitel trug, wie Frances mittlerweile herausgefunden hatte, und dessen Söhne sich wie junge Wölfe benahmen, wäre sie mit Jamie allein.
»Teuerste Kusine«, begann Frances honigsüß und lächelte sie strahlend an, »du vergißt, daß dein Vater dich in meine Obhut gab, und ich erlaube dir, einen dieser beiden Männer zu heiraten, noch heute, wenn du willst. «
Was stimmte nicht mit ihm, fragte sich Axia und musterte den Schloßherrn. Frances ist doch so versessen darauf, einen Ehemann einzufangen. Was stört sie an Lachlan? Auf den Gedanken, er könnte Frances einen Antrag gemacht haben und abgewiesen worden sein, kam sie nicht.
In Wirklichkeit hatte der seit zwei Jahren verwitwete Lachlan schon mehrere Gelegenheit gefunden, wieder zu heiraten. Doch er wünschte sich mehr von seiner künftigen Gemahlin als nur ein hübsches Gesicht. Er brauchte eine Frau, die seine ungebärdigen Söhne zähmen konnte, und er wollte endlich wieder Wein ohne Sandkörner trinken. Von einer charakterstarken Mutter großgezogen, hatte er geglaubt, eine zarte, zerbrechliche Frau würde ihm gefallen. Aber nachdem er seine kranke Gattin zehn Jahre lang gepflegt hatte, träumte er von einer Frau, die in der rechten Hand eine Peitsche und in der linken eine Armbrust schwang. Es gab keine andere Möglichkeit, mit diesen Kindern fertig zu werden.
Als er auf ein Knie sank, befand sich sein Kopf in Axias Augenhöhe. »Heiratet mich! Alles, was ich besitze, soll Euch gehören. Kommt her, Jungs! « befahl er. »Bittet diese süße Lady, sie möge eure neue Mutter werden. «
Wenn sie auch nicht verstanden, was da vorging, wagten sie einen direkten Befehl ihres Vaters nicht zu mißachten. Und so stürzten sie sich auf Axia, umklammerten ihre Hüften, ihre Schenkel, ihre Taille und schrien aus Leibeskräften: »Bitte, Ihr müßt unsere Mutter werden! « Entzückt schaute sie in die Kindergesichter. Es war so wundervoll, sich von anderen Menschen berühren zu lassen, und diese hübschen Jungen…
Aber Jamie bereitete der Szene ein Ende. Er packte Axias Schultern, zerrte sie von den Kindern weg und schob sie zu der Treppe, die in den Oberstock führte. »Habt Ihr vergessen, daß meine Mission geheim bleiben soll? « zischte er in ihr Ohr. »Niemand darf erfahren, wer Eure Kusine ist. «
»Und was hat meine Hochzeit mit Eurer zu tun, die Ihr der Welt verschweigen wollt? Laßt mich doch hier bei Eurem lieben Freund, und ich falle Euch nicht länger zur Last. «
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