Wen die Sehnsucht besiegt
Sein wütender Blick gefiel ihr. War er etwa eifersüchtig? Aber warum, wo er doch eine andere zu heiraten gedachte? »Oder soll ich mich lieber für Rhys entscheiden? Beide Männer sehen ungewöhnlich gut aus, nicht wahr? Wäre ich so veranlagt wie Ihr, würde ich selbstverständlich den reicheren wählen und alle Gefühle vergessen. « Sie blieb auf den Stufen stehen. »Nun, welchen soll ich heiraten? «
»Weder den einen noch den anderen! « stieß er hervor. »Ich bringe euch zu Eurem… «
»Zu wem? Zu meinem Verlobten? « Spöttisch lächelte sie ihn an. »Ich sehe keinen Grund, Euch weiterhin zu begleiten. «
»Aber Ihr seid Frances’ Gesellschafterin. « Darüber lachte sie so herzhaft, daß er unwillkürlich lächelte. Doch er wurde sofort wieder ernst. »Ob es Euch paßt oder nicht, Ihr steht unter meinem Schutz. Und solange ich keine Instruktionen von Maidenhall erhalte, werdet Ihr tun, was ich sage. Ihr dürft keinen dieser beiden Männer heiraten. « Energisch schob er sie die letzten Stufen hinauf.
»Aber Frances darf einen Mann heiraten, den ihr Vater nicht ausgesucht hat? Sie ist verlobt, kann aber trotzdem tun und lassen, was sie will? Und obwohl ich nicht verlobt bin, wird es mir verwehrt, eigene Entscheidungen zu treffen? Habe ich das alles richtig verstanden? «
»Ihr stellt zu viele Fragen. Vielleicht wird Maidenhall Euren Heiratsplänen nicht zustimmen. Da Ihr mit ihm verwandt seid und Euer Vater tot ist, müßtet Ihr sein Mündel sein. Also hat er das Recht, Euer Schicksal zu bestimmen. Und vielleicht darf ich Euch daran erinnern, daß ich noch nicht mit Frances verheiratet bin. «
»Höre ich aus Eurer Stimme die Hoffnung heraus, Ihr könntet Euch doch noch vor ihr retten? Oder wollt Ihr die schöne Frances so schnell wie möglich in Euer Bett zerren? «
»Was wißt Ihr schon von Betten? « fragte er wie eine prüde alte Lady und öffnete die Tür des Zimmers, das man ihr zugewiesen hatte. Drei Männer hoben Eimer hoch und schütteten heißes Wasser in eine hölzerne Wanne.
»Viel mehr, als Ihr glaubt«, erwiderte Axia mit geheimnisvoller Stimme. Dann entdeckte sie die Wanne. Zweifellos hat er für diesen Luxus gesorgt. »O Jamie«, wisperte sie. Erst jetzt spürte sie wieder, wie unangenehm das feuchtkalte, schmutzige Kleid an ihrer Haut klebte.
Als sie sich zu ihm wandte, lächelte er sie so hinreißend an, daß sie schwankte und an einem Bettpfosten Halt suchte. Es war nicht das Lächeln, das sie beobachtete, wenn er mit Frances flirtete, sondern das Lächeln eines Jungen, der sich über seine gelungene Überraschung freute. Nun glich er einem kleinen Sohn, der seiner Mutter zerdrückte Blumen schenkte, und sie versicherte ihm, sie würde niemanden auf der Welt so innig lieben wie ihn.
»Ich dachte, vielleicht würdet Ihr gern baden«, bemerkte er zögernd. »Aber wenn Ihr keine Lust habt… «
Natürlich wußte sie, daß er ein Lob hören wollte. »Nicht einmal die kostbarsten Perlen könnten mir in diesem Augenblick besser gefallen. Und ich werde in der Wanne sitzen, bis sich meine Haut vom Körper löst. Oh, bitte, sagt den Männern, das Wasser soll so heiß wie möglich sein. « Oft genug hatte sie beobachtet, wie Frances einen Mann bat, Befehle zu erteilen, die sie genausogut selber aussprechen konnte. Dieser Trick verfehlte niemals seine Wirkung. Beflissen erklärte Jamie den Dienern, was Axia wünschte. »Ich werde mir die Haare waschen«, verkündete sie voller Vorfreude.
»Hier findet Ihr Kamillenseife und Rosmarinwasser. « Jamie zeigte neben die Wanne. »Hoffentlich seid Ihr mit allem zufrieden. «
»O ja. « Träumerisch schaute sie ihn an und fragte sich, was geschehen wäre, hätten die Männer in diesem Augenblick nicht gemeldet, das Bad sei bereit.
»Dann lasse ich Euch jetzt allein. « Jamie schenkte ihr ein schwaches Lächeln, ging mit den Dienern hinaus und schloß die Tür hinter sich.
Glücklich tanzte Axia im Zimmer umher. Wie wundervoll war doch die Freiheit. Zwei Männer hatten um ihre Hand gebeten, und Jamie… Was er im Schilde führte, wußte sie nicht, aber sie fand es himmlisch. Rasch zog sie sich aus und stieg ins heiße Wasser. Während sich ihr Körper erwärmte, legte sie den Kopf an den Wannenrand und schloß die Augen.
»Er hat den Brief abgeschickt! « schrie Frances ihre Kusine an, die in der Badewanne saß. »Hörst du? Er hat den Brief abgeschickt! «
Nach der schlaflosen Nacht war Axia, vom heißen Wasser eingelullt, im Reich der
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