Wen die Sehnsucht besiegt
der Erinnerung an diesen Morgen lächelte Axia. »Zwei Heiratsanträge an einem Tag. War das nicht wundervoll? « »Soll ich ja sagen? Ich fand diese Szene ekelhaft. Du willst doch keinen der beiden heiraten, oder? Rhys ist nicht besonders gut situiert, und der andere hat Söhne, die sich wie wilde Tiere benehmen. «
»Wie du weißt, steht es mir nicht zu, meinen Ehemann selbst zu wählen«, fauchte Axia. »Darum geht es doch! So frei wie du bin ich nicht. Du kannst heiraten, wen du willst, sogar deinen Earl, falls du’s tatsächlich schaffst, ihn vor den Traualtar zu schleppen. «
Diese Worte erhellten Frances Miene. Natürlich würde sie es ihrer Kusine niemals gestehen, aber allmählich gewann sie diesen James Montgomery lieb - nicht nur, weil er ein Earl war, sondern weil er ihr immer so höflich begegnete. Ganz anders als die Männer, die sie ständig bedrängten und berühren wollten. Sie ließ sich nicht gern anfassen.
»Jetzt hab ich’s! « verkündete Axia freudestrahlend. »Du wirst entführt! «
»Nein, das gefällt mir nicht«, erwiderte Frances prompt. »Das hättest du dir überlegen sollen, bevor mein Vater über deine Heiratspläne informiert wird. « Axia setzte sich auf den Bettrand und versuchte, ihr nasses Haar mit dem feuchten Handtuch zu trocknen. »Ja, das ist eine gute Idee. Tode wird die Entführung arrangieren. Gestern erzählte ich Jamie, die Reitknechte würden bereits wissen, daß du die Maidenhall-Erbin bist. Also wird sich niemand wundern, wenn dich jemand verschleppt. «
»Aber die Gefahr… «
»Die existiert nur in deiner Phantasie. Natürlich wird Jamie deinem Entführer folgen. «
»Und du? « fragte Frances bissig. »Was wirst du tun, wenn ich halb ohnmächtig in einem Wagen liege? In heißen Bädern sitzen? Gefüllte Pfauen essen? «
»Wieso interessiert dich das, wenn du mit deinem geliebten Jamie allein bist? Ich werde… «
Aber was sie tun würde, wußte sie noch nicht. Wenn der Vater den Brief bekam, in dem Frances als Erbin bezeichnet wurde, sandte er vermutlich sofort jemanden hierher, der seine richtige Tochter zu identifizieren vermochte. Oder würde er Jamie eine Beschreibung schicken? »Meine Tochter ist die häßliche. Wie konntet Ihr Frances mit meiner unscheinbaren, langweiligen Erbin verwechseln? «
Jetzt, wo die Morgensonne durch die Ritzen der geschlossenen Fensterläden ins Zimmer schien und Frances’ perfekte Wangen sanft beleuchtete, glich ihre Haut einem Pfirsich. Schwarze Borten schmückten das blaue Satinkleid, und Axia wußte ganz genau, was es gekostet hatte. Sie selber trug nie so teure Kleider. Warum sollte sie einen Esel mit Diamanten behängen?
»Oh, ich hasse es, wenn du mich so anschaust! « klagte Frances. »Ganz bestimmt hast du irgendwas Grauenhaftes mit mir vor. Du und dieser gräßliche Tode! «
»Frances«, antwortete Axia geduldig, »du hast uns in diese Lage gebracht. Obwohl mich keine Schuld trifft, muß ich alles in Ordnung bringen, so wie immer. « Und die Konsequenzen tragen, fügte sie in Gedanken hinzu. Doch sie zeigte ihrer Kusine nicht, wie elend sie sich fühlte. »Tode bringt dich weg, und Jamie reitet dir nach. Den Leuten hier wird er erzählen, du seist nach Hause zurückgerufen worden. Aber er muß wohl oder übel die Wahrheit erkennen, und er wird dir mit seinen Männern nachgaloppieren. Wenn mein Vater mit seiner Armee eintrifft… «
»Die werden dich gefangennehmen«, flüsterte Frances. Rasch wandte Axia sich ab. »Das ist gleichgültig. Wenigstens durfte ich ein paar Wochen lang meine Freiheit genießen. Ich habe soviel gesehen, neue Speisen gegessen und Menschen kennengelemt, die nicht von meinem Vater bezahlt werden. Das genügt mir. Mehr durfte ich nicht erhoffen. « Was mit ihr geschehen würde, wollte sie sich nicht ausmalen. »Hier! « Sie zog einen kleinen Beutel aus einer Ledertasche. »Nimm das! Darin findest du Goldmünzen. Mach dich bereit und bring deine Kleider in den unbemalten Wagen. Und dann bleib drin sitzen, damit Tode dich findet. «
»Wird er wieder diese gräßliche Kapuze tragen? Die hasse ich. «
»Du haßt sein Gesicht, du haßt es, wenn er es versteckt. Was immer er tut, du haßt es. Natürlich wird er die Kapuze tragen. Und jetzt beeil dich! Du mußt so schnell wie möglich verschwinden. «
»Warum bist du eigentlich immer so schlecht gelaunt? « Was hatte Axia erwartet? Dankbarkeit? Von Frances? Plötzlich ertrug sie den Anblick ihrer Kusine nicht mehr. »Geh! « Und als sich
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