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Wen liebst du, wenn ich tot bin?

Wen liebst du, wenn ich tot bin?

Titel: Wen liebst du, wenn ich tot bin? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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fiel, ging ich hinaus, um nach ihm zu sehen. Sie stand vor der Tür und starrte in die Luft.
    »Sam. Sam, hör mir zu. Sam! Lass mich … lass mich …«, sagte sie, aber er ließ sie gar nichts. Er drehte die Musik auf volle Lautstärke.
    Sie starrte auf den Fußboden, und an der Art und Weise, wie sie ihre Schultern bewegte, erkannte ich, dass sie ihre Atemübungen machte. Das machte sie jeden Morgen so. Bei Regen saß sie im Schneidersitz auf dem Wohnzimmerboden, und wenn es trocken war, ging sie in den Garten. Das war auch so eine von ihren neuen Angewohnheiten.
    Nachdem sie weg war, saßen wir am Küchentisch und tranken süßen Tee, aber es fühlte sich irgendwie nicht richtig an. Wir konnten einander nicht ins Gesicht sehen. Schließlich zogen wir uns in unsere Zimmer zurück.
    Ich las zum zwanzigsten Mal mein Lieblingsbuch »Anne of Green Gables«. Das munterte mich immer auf. Später brachte mir Dad Fritten zum Abendessen.
    Es kam der nächste Tag und es kam die nächste Woche, und jeder von uns führte sein Leben weiter, nur dass es jetzt unordentlicher, unorganisierter und viel, viel stiller war.

Elf
    A m Morgen nach Sams Ausraster wachte ich auf und hatte einen Plan im Kopf. Er stand so klar und deutlich vor mir, als hätte ich ihn gerade geträumt. Ich wollte unbedingt, dass Sam sich wieder besser fühlte. Als Erstes durchstöberte ich unsere Speisekammer. Wir hatten Mehl und Milch. Ich fischte etwas Kleingeld aus der verstaubten Obstschale und ging mit Fiasco einkaufen. Die Strahlen der Morgensonne ließen gerade die letzten Wolken am Himmel schmelzen. Es würde wieder ein glühend heißer Tag werden. Ich kaufte Zitronen, Bananen, Eier und zwei Sorten Schokolade.
    Zu Hause blätterte ich in unserem uralten Kochbuch und kramte alle Küchengeräte hervor, die ich brauchen würde. Es war noch nicht einmal acht Uhr morgens, also wischte ich noch über den Küchentisch, putzte den Boden und räumte das Geschirr weg. Ich kletterte sogar auf Dads Lehnstuhl, um die Tomatensoße von der Decke zu kratzen.
    Dann fütterte ich den Hund und die Katzen, warf ungefähr hundertmal den Ball für Fiasco – bis ich nicht mehr länger warten konnte. Ich kochte zwei Tassen Tee und trug sie nach oben.
    Dad lag im Bett und las. »Braves Mädchen«, sagte er und setzte sich überrascht auf.
    Sam war weniger dankbar. »Was willst du? Verzieh dich.«
    Er zog sein Kissen über den Kopf und drehte sich weg.
    »Hey! Ich mache Pfannkuchen. Mit Schokosoße. Ich war einkaufen und jetzt haben wir Bananen und alles.«
    Er spähte unter dem Kissen hervor.
    »Du kannst keine Pfannkuchen machen.«
    »Und ob ich das kann.«
    »Mit Schokosoße, oder was?«
    »Klar doch. Ist keine große Sache.«
    Er drehte sich auf die Seite und tat so, als wollte er weiterschlafen – aber ich wusste, ich hatte ihn rumgekriegt.
    Als Sam die Treppe herunterkam, war der Teig schon fertig. Es war wirklich keine große Sache – ein paar Tassen Mehl und Milch, dazu zwei, drei Eier, fertig. Warum war ich nicht längst darauf gekommen? Die Butter war in der Pfanne verlaufen und brutzelte jetzt golden. Durch die Küche zog ein verführerischer Duft. Hauptsache, das Fett war richtig heiß. Darauf kam es an, das wusste jeder. Mit einem großen Schöpfer kippte ich den Teig in die Pfanne und schwenkte sie, genau wie Mum es immer gemacht hatte. Sam saß am Tisch und ließ die Gabel zwischen seinen Fingern kreisen, sodass sie abwechselnd mit beiden Enden auf die Tischplatte schlug.
    Die beiden Tafeln Schokolade schmolzen in Schüsselchen auf dem Herd.
    Der erste Pfannkuchen war perfekt. Ich schenkte ihn Sam. Er schälte eine Banane zur Hälfte, schnitt sie der Länge nach auf und goss mit dem Löffel beide Schokosoßen darüber. Er faltete den Pfannkuchen einmal und dann ein zweites Mal.
    Er stopfte sich den Pfannkuchen in den Mund und brummte genüsslich.
    Als Dad hereinkam, war der nächste schon fertig. »Pfannkuchen? Was hast du denn ausgeheckt?« Er rührte mit dem Löffel durch den Teig und nickte zufrieden. »Hier. Nimm du. Ich mache meinen selber.«
    Die Pfanne zischte, als Dad den Teig eingoss und glatt strich. Er rührte den restlichen Teig durch, obwohl kein einziger Klumpen darin war, das wusste ich genau, dann schaltete er das Radio ein.
    Ich träufelte Zitrone über meinen Pfannkuchen und bestreute ihn mit Zucker. Sam schüttelte den Kopf. Sein Kinn war voller Schokosoße.
    Seine Kopfhaut war so blass, dass sie fast bläulich aussah. Im Sonnenlicht, das

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