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Wen liebst du, wenn ich tot bin?

Wen liebst du, wenn ich tot bin?

Titel: Wen liebst du, wenn ich tot bin? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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durch die Fenster fiel, sahen seine Ohren korallenrot aus.
    »Gefällt es dir?«, fragte ich und zeigte mit der Gabel auf seinen Kopf.
    Sam lachte. »Dir anscheinend nicht.«
    Er beugte den Kopf und fuhr mit der Hand über die Stoppeln. »Ja. Fühlt sich gut an.«
    Ich berührte ihn am Kopf. Es fühlte sich tatsächlich nicht schlecht an, besonders wenn man gegen den Strich fuhr.
    »Punky hat mir das schon vorausgesagt. Mädchen finden Kahlköpfe unwiderstehlich.«
    Ich schnitt eine Grimasse. »Matty wird in Tränen ausbrechen, wenn sie das sieht.«
    »Dann ist sie dämlich. Es sind nur Haare, mehr nicht.«
    »Habt ihr das gesehen? Das muss mir erst mal einer nachmachen!«, rief Dad vom Herd her, nachdem er einen Pfannkuchen spektakulär durch die Luft gewirbelt hatte. Fiasco verfolgte sabbernd seine Bewegungen. Sam verdrehte die Augen.
    »Hat Punky dir die Haare geschnitten?«
    »Nein, Leanne. Sie steht voll auf so was. Hat sogar ihre eigenen Frisierscheren.«
    »Verrückt.«
    »Ich weiß.«
    Ständig strich er sich über den Kopf – kaum zu glauben, wie anders er ohne Haare aussah.
    »Himmel noch mal, Pilli. Die wachsen schon wieder nach«, sagte er, und diesmal störte mich nicht einmal mein Spitzname.
    Als wir mehr Pfannkuchen gegessen hatten, als gut für uns war, und Dad arbeiten gegangen war, rückte ich mit meinem Plan heraus.
    »Wir machen das Bild fertig. In deinem Zimmer.«
    »Wir?«
    »Ja. Ich helfe dir.«
    Er blies die Backen auf und lachte sein trockenes Lachen, bei dem er die Luft zwischen den geschlossenen Lippen hervorstieß. Er sah aus dem Fenster in die Ferne, offensichtlich hatte er sich den Tag heute etwas anders vorgestellt.
    »Seit einer Ewigkeit sagst du, dass du es endlich fertig machen willst.«
    »Ja, aber – keine Ahnung. Ich würde schon gerne wieder was zeichnen. Irgendwas. Aber zurzeit bin ich nicht in der Stimmung … für das da.«
    »Oh.« Ich malte mit Zitronensaft ein Muster auf die Tischplatte.
    »Bin mir nicht sicher, ob ich das Bild überhaupt noch will. Es ist irgendwie … Scheiße.«
    Ich betrachtete die Goldhähnchen und die Blaumeisen im Vogelhäuschen. Sie waren ständig in Bewegung, unentwegt drehten sie ihre Köpfchen. Immer hieß es, das Leben der Vögel wäre leicht und frei – dabei waren sie wahrscheinlich die am wenigsten entspannten Geschöpfe der Welt.
    Ich spürte Sams Blick und versuchte ein Lächeln – aber ich konnte meine Enttäuschung nicht verbergen. Er würde sich wieder mit Punky und Leanne treffen, wie immer. Was hatte mich nur auf die Idee gebracht, er würde wegen zwei verschiedener Schokosoßen den ganzen Tag mit mir und seinem Bild verbringen?
    »Ich könnte ja was anderes malen«, sagte er. »Hol mal deine Vogelbücher.«
    In Windeseile schleppte ich sie herbei. Keine Minute später saßen wir am Tisch, vor uns die aufgeschlagenen Seiten über Raubvögel.
    »Das ist das beste«, sagte ich und zeigte auf das Foto eines Bussards. Sam betrachtete es eine halbe Ewigkeit. Dann ging er nach oben und holte sein Mäppchen und seine neuen Stifte.
    »Okay«, sagte er, »ich male ihn auf deine Wand. Aber nur, wenn du mich dabei nicht nervst.« Ich traute mich nicht einmal, ihm das zu versprechen, vor lauter Angst, dass ihn das nervt.
    Ich setzte mich auf mein Bett und sah zu, wie er mit dem Finger unsichtbare Linien über die Wand zog. Er leerte den Inhalt seines Mäppchens auf den Boden, es waren lauter schwarze Zeichenstifte in verschiedener Stärke.
    Er schickte mich in sein Zimmer, damit ich die Musik laut aufdrehte und die Tür offen ließ. Als ich zurückkam, betrachtete er gedankenverloren meine Wand. Ich fragte mich, was er dort wohl sah. Zeichnen war nicht gerade meine Stärke. Ich würde es nie schaffen, die Bilder in meinem Kopf auf ein weißes Blatt Papier zu bannen.
    Ich setzte mich aufs Bett und schlang die Arme um die Knie, während Sam mit der Skizze begann. Alle paar Minuten trat er zurück, um sich den Entwurf anzusehen. Für mich waren es nichts als Kreise und Dreiecke und Striche.
    »Du darfst erst an die Einzelheiten gehen, wenn du sicher bist, dass die großen Linien stimmen«, erklärte er. »Alles andere hat keinen Sinn. Das ist dein Problem – du bist zu voreilig.«
    Das stimmte. Ich begann immer mit den Einzelheiten. Ich konnte nicht anders. Bis ich merkte, dass etwas nicht stimmte, war es zu spät. Meine Figuren hatten immer schiefe Augen und eingedrückte Köpfe.
    Den ganzen Tag kommandierte er mich herum, aber das machte mir

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