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Wendekreis des Krebses

Wendekreis des Krebses

Titel: Wendekreis des Krebses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Miller
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möchte sie lernen. Wie spricht man das doch gleich, Endree: borschtsch ? Schreiben Sie mir’s auf, bitte, Endree.» Und ich muß es auf der Maschine schreiben – darunter tut er’s nicht –, so daß er meine Schreibtechnik sehen kann. Er kaufte die Schreibmaschine, nachdem er eine Entschädigung für den verwundeten Arm erhalten hatte, weil der Arzt es als gute Übung empfahl. Aber er wurde bald der Schreibmaschine müde – es war eine englische Schreibmaschine.
    Als er erfuhr, daß Anatole Mandoline spielte, sagte er: «Sehr gut! Sie müssen jeden Tag kommen und mir Musikstunden geben. Ich kaufe eine Mandoline, sobald das Geschäft besser wird. Es ist gut für meinen Arm.» Am nächsten Tag entlehnte er ein Grammophon von der Concierge. «Bringen Sie mir das Tanzen bei, Endree. Mein Bauch ist zu dick.» Ich hoffe, daß er eines Tages ein Porterhouse-Steak kauft, so daß ich zu ihm sagen kann: «Kauen Sie es bitte für mich, Mister Nonentity. Meine Zähne sind zu schlecht!»
    Wie eben erwähnt, war er vom Augenblick meiner Ankunft an äußerst penibel geworden. «Gestern», sagt er, «haben Sie drei Fehler gemacht, Endree. Erstens vergaßen Sie, die Toilettentür zu schließen, und so machte sie die ganze Nacht bum-bum. Zweitens ließen Sie das Küchenfenster offen, so daß die Scheibe heute morgen gesprungen ist. Und Sie haben vergessen, die Milchflasche hinauszustellen! Stellen Sie bitte immer die Milchflasche hinaus, bevor Sie zu Bett gehen, und bringen Sie bitte am Morgen das Brot herein.»
    Jeden Tag schaut sein Freund Kepi herein, um nachzusehen, ob Gäste aus Indien angekommen sind. Er wartet, bis Nanantatee ausgeht, und dann schlüpft er zum Schrank und verschlingt die in einem Glaskrug aufbewahrten Brotreste. Das Essen ist nicht gut, dabei bleibt er, aber er vertilgt sie wie eine Ratte. Kepi ist ein Parasit, eine Art von menschlicher Zecke, die sich in die Haut auch seines ärmsten Landsmannes einbohrt. Von Kepis Standpunkt aus sind alle Nabobs. Für einen Manila-Stumpen und das Geld für einen Drink leckt er jedem Hindu den Arsch. Jedem Hindu, wohlgemerkt, nicht aber einem Engländer. Er kennt die Adresse jedes Bordells in Paris und die Preise. Sogar von den Zehn-Francs-Spelunken erhält er seine kleine Vermittlungsgebühr. Und er kennt den kürzesten Weg zu jedem Ort, wo man hin will. Zuerst fragt er einen, ob man mit dem Taxi hinfahren will. Sagt man nein, schlägt er den Bus vor, und wenn der zu teuer ist, dann die Straßenbahn oder die Metro. Oder er bietet einem an, einen zu Fuß hinzuführen und einen oder zwei Francs zu ersparen, wobei er sehr wohl weiß, daß der Weg an einem tabac vorüberführen wird, und bitte seien Sie so gut und kaufen Sie mir einen kleinen Stumpen.
    Kepi ist in gewisser Weise interessant, weil er keine andere Leidenschaft kennt, als jede Nacht zu ficken. Jeden Pfennig, den er verdient – und es sind verdammt wenige –, verschleudert er in Tanzbars. Er hat eine Frau und acht Kinder in Bombay, aber das hindert ihn nicht, jeder kleinen femme de chambre , die dumm und leichtgläubig genug ist, um auf ihn hereinzufallen, die Ehe zu versprechen. Er hat ein kleines Zimmer in der Rue Condorcet, für das er sechzig Francs im Monat bezahlt. Er selbst hat es ganz tapeziert. Ist auch sehr stolz darauf. Er benutzt violette Tinte für seinen Füllfederhalter, weil sie länger vorhält. Er putzt seine Schuhe selbst, bügelt selbst seine Hosen, wäscht selbst seine Wäsche. Für eine kleine Zigarre, für einen Stumpen, wenn Sie so gut sein wollen, geleitet er einen durch ganz Paris. Wenn man stehen bleibt, um ein Hemd oder einen Kragenknopf zu betrachten, leuchten seine Augen auf. «Kaufen Sie es nicht hier», sagt er, «die sind zu teuer. Ich zeige Ihnen einen billigeren Laden.» Und bevor man Zeit zum Überlegen hat, führt er einen rasch weg, und bringt einen vor ein anderes Schaufenster, wo es dieselben Krawatten und Hemden und Kragenknöpfe gibt, vielleicht ist es gar das gleiche Geschäft! Aber man merkt es nicht. Wenn Kepi hört, daß man etwas kaufen will, belebt sich seine Seele. Er stellt einem so viele Fragen und schleppt einen zu so vielen Plätzen, daß man durstig wird und ihn zu einem Glas einlädt, worauf man zu seiner Verblüffung entdeckt, daß man erneut in einem tabac – vielleicht in dem gleichen tabac ! – steht und Kepi wieder mit jener leisen, salbungsvollen Stimme sagt: «Wollen Sie bitte so gut sein und mir einen kleinen Stumpen kaufen?» Ganz gleich, was

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