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Wendekreis des Krebses

Wendekreis des Krebses

Titel: Wendekreis des Krebses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Miller
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Junge, die kannst du nicht ausradieren … es ist, als ginge man mit einem Denkmal über sich ins Bett.»
    Die dänische Pritsche scheint ihn aufgeregt zu haben. Seine ganze Trägheit ist von ihm gewichen. Seine Augen dringen aus den Höhlen. Und natürlich erinnert ihn eins ans andere. Er will aus dem beschissenen Hotel ausziehen, weil ihn der Lärm stört. Er will auch ein Buch schreiben, um seine Gedanken mit etwas zu beschäftigen. Aber da steht nun wieder die verfluchte Arbeit im Weg. «Sie macht einen kaputt, diese beschissene Arbeit! Ich will nicht über den Montparnasse schreiben … ich will über mein Leben schreiben, meine Gedanken … Ich will mir den Dreck aus dem Leib spülen … Paß auf, nimm die dort drüben! Ich hatte sie mal vor langer Zeit. Sie pflegte in der Nähe der Hallen herumzustreichen. Eine komische Hure. Sie lag auf dem Bettrand und raffte ihr Kleid hoch. Hast du’s jemals so versucht? Nicht schlecht. Sie hetzte mich auch nicht. Sie legte sich ganz einfach zurück und tändelte mit ihrem Hut, während ich es ihr besorgte. Und als mir’s kommt, sagt sie so gewissermaßen gelangweilt: Bist du fertig? Als ob ihr das gar nichts ausmache. Freilich, es macht nichts aus, das weiß ich verdammt gut … aber die kaltblütige Art, die sie hatte … sie gefiel mir fast … es war prickelnd, verstehst du? Als sie sich saubermachen geht, fängt sie zu singen an. Sie sang noch, als sie zum Hotel hinausging. Sagte nicht einmal au revoir ! Geht ihren Hut schwingend und vor sich hinsummend davon. Das ist eine Hure für dich! Außerdem eine gute Nummer. Ich glaube, sie gefiel mir besser als meine Jungfrau. Es ist etwas Verderbtes daran, eine Frau herzunehmen, die sich nicht einen Pfifferling daraus macht. Es erhitzt einem das Blut …» Und dann, nach einem Augenblick der Überlegung: «Kannst du dir vorstellen, wie sie wohl wäre, wenn sie etwas dabei empfände?
    «Hör zu», sagt er, «du mußt morgen nachmittag mit mir in den Klub gehen, es wird getanzt.»
    «Morgen kann ich nicht, Joe. Ich habe Carl versprochen auszuhelfen.»
    «Hör mal, vergiß diesen Pint! Du mußt mir einen Gefallen tun. Es handelt sich um folgendes –» er beginnt wieder seine Hand zu kneten. «Ich habe eine Pritsche aufgetan … sie versprach mir, an einem freien Abend bei mir zu bleiben. Aber ich weiß noch nicht, ob es klappen wird. Sie hat eine Mutter, verstehst du, so was wie eine Kitschmalerin, die mir jedesmal, wenn ich sie sehe, in den Ohren liegt. Ich glaube, in Wahrheit ist die Mutter eifersüchtig. Ich glaube, sie hätte nicht so viel dagegen, wenn ich erst sie umlegte. Du weißt, wie das ist … Jedenfalls, ich dachte, vielleicht würde es dir nichts ausmachen, die Mutter zu nehmen … sie ist nicht so übel … wenn ich nicht die Tochter gesehen hätte, so hätte ich sie vielleicht selber in Betracht gezogen. Die Tochter ist nett und jung, sozusagen frisch, du weißt, was ich meine? Ein Duft von Sauberkeit geht von ihr aus …»
    «Hör mal, Joe, such dir dazu lieber jemand anders …»
    «Ach, versteh’s doch nicht falsch! Ich weiß, wie dir zumute ist. Es ist ein kleiner Gefallen, um den ich dich bitte. Ich weiß nicht, wie ich die alte Henne loswerden soll. Ich dachte zuerst, ich würde sie betrunken machen und versetzen – aber ich glaube nicht, daß die Junge damit einverstanden wäre. Sie sind sentimental. Sie kommen aus Minnesota oder so. Jedenfalls, komm morgen zu mir und weck mich, ja? Sonst verschlaf ich. Und außerdem möchte ich, daß du mir ein Zimmer suchen hilfst. Du weißt, ich bin ungeschickt. Suche mir ein Zimmer in einer ruhigen Straße, irgendwo hier in der Nähe. Ich muß in dieser Gegend bleiben … ich habe hier Kredit. Hör mal, versprich mir, das für mich zu tun. Ich spendiere dir dann und wann eine Mahlzeit. Jedenfalls komm, denn es macht mich verrückt, mich mit diesen närrischen Pritschen zu unterhalten. Ich möchte mich mit dir über Havelock Ellis unterhalten. Mein Gott, ich habe dieses Buch jetzt seit drei Wochen und noch keinen Blick hineingeworfen. Man verkommt hier irgendwie. Ob du’s glaubst oder nicht, ich war nie im Louvre oder in der Comédie-Française. Lohnt es sich, in diese Buden zu gehen? Immerhin, es lenkt die Gedanken in gewisser Weise von den Dingen ab, nehme ich an. Was fängst du den ganzen Tag mit dir an? Langweilst du dich nicht? Wie machst du es mit dem Umlegen? Paß auf … Ich bin einsam. Weißt du was, wenn das noch ein Jahr so weiter geht, dann werde ich

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