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Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Titel: Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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ich, welcher Scheiß im Ort über sie verbreitet wurde. Wenn sie mir draußen begegnete, versuchte ich, ein bißchen mit ihr ins Gespräch zu kommen, aber sie war sehr scheu und hat nur ganz wenig von sich erzählt.“
    Nach einer kurzen, nachdenklichen Pause fügte er hinzu: „Ich nehme an, sie hat mir nicht vertraut, weil sie fürchtete, ich hätte so wenig Verständnis für sie wie die anderen Leute.“ Er schüttelte traurig den Kopf. Dann gab er Jonas einen freundschaftlichen Rippenstoß. „Hör mal, kümmere dich ein bißchen um sie, jetzt, wo sie wieder da ist, okay? Menschen wie sie brauchen das Gefühl, nicht allein zu sein. Daß man sie mag, obwohl sie etwas… sonderbar erscheinen.“

3. KAPITEL
    A ber wir brauchen die Autobahn. Der Fortschritt läßt sich nicht aufhalten“, sagte Jochen Honadel, Bürgermeister von Buchfeld, zu Jonas und trank einen großen Schluck Pils. Jonas hatte sich, eher widerstrebend, überreden lassen, ihn auf „ein“ Bier in die Pfe ff ermühle zubegleiten. Die Sache mit den Wölfen hatte Honadel relativ ruhig aufgenommen. Er war sofort damit einverstanden gewesen, noch bis morgen abzuwarten, ob die Tiere, wie Chris hoffte, von sich aus ins Gehege zurückkehren würden. Ihm lag o ff ensichtlich daran, daß möglichst wenig Wirbel entstand.
    „Du mußt mit der Zeit gehen oder du wirst gefressen.“ Honadel prostete Jonas zu und leerte sein Glas in einem Zug.
    „Die Zeiten ändern sich“, entgegnete Jonas. „Eine schöne, gesunde Landschaft ist doch auch etwas wert, oder nicht? Oder glaubst du, die Touristen kommen, um sich die Autobahn anzuschauen?“
    „Aber sie kommen auf der Autobahn. Ich gebe ja zu, die Trasse ist nicht gerade eine Bereicherung für die Landschaft, aber drum herum bleibt noch genug schöne Natur übrig. Im Spessart und in den Alpen gibt es schließlich auch Autobahnen, und trotzdem fahren die Leute hin. Aber es geht ja nicht nur um die Touristen. Denk mal an die Arbeitsplätze und die Gewerbesteuer. Glaubst du, irgendein Unternehmer interessiert sich für unsere Gewerbeflächen, wenn wir ihm keine gescheite Verkehrsanbindung bieten können?“ Honadel unterstrich seine Worte durch ausladende Gesten. Sein Gesicht hatte sich etwas gerötet.
    Jonas mußte grinsen. „Du brauchst mir keine Wahlrede zu halten. Dazu kennen wir uns schon zu lange“, sagte er und leerte sein Bierglas. „Und außerdem hast du die Wahl ja gewonnen. Du bist Bürgermeister.“
    Jetzt grinste auch Honadel. „Du hast recht, ich könnte mich eigentlich ein bißchen entspannen.“ Ein Schatten huschte über sein Gesicht, er seufzte, straffte sich dann und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Schluß für heute mit der Politik! Du trinkst doch noch einen mit? Klar, keine Frage! Willy!“ Er winkte dem Wirt zu.
    „Ich wollte eigentlich ...“ Aber da stand schon das nächste Pils vor Jonas. Willy hatte anscheinend auf Vorrat gezapft. Jonas zuckte die Achseln und trank einen Schluck. Er war sicher, daß bei einer Bürgerbefragung sechzig Prozent der Leute hier gegen die Autobahn gestimmt hätten. Sie war das Lieblingskind von Honadel und seinen Parteifreunden, besonders dem Bundestagsabgeordneten Henn und dem alten Baulöwen Thönnes, dem Jonas damals, als das mit Chris geschehen war, am liebsten sämtliche Knochen gebrochen hätte. Für Thönnes war der Autobahnbau ein Riesengeschäft. Man munkelte, Thönnes habe Honadel den Bürgermeisterwahlkampf finanziert und wolle ihn als Henns Nachfolger im Bundestag aufbauen. Honadel war vor gut einem Jahr mit nur einunddreißig Jahren zum Bürgermeister gewählt worden. Jonas‘ stockkonservativer Vater und andere Schwarze prophezeiten Jochen eine glänzende politische Zukunft. Jonas selbst hielt sich von der Parteipolitik lieber fern.
    Der bislang recht abgelegenen Region um Buchfeld brachte die Autobahn angeblich den großen Aufschwung, da die Trasse in nur vier Kilometer Abstand an Buchfeld vorbeiführen und der Ort eine eigene Ausfahrt bekommen sollte. Von Gewerbegebieten war die Rede, von Ferienanlagen und einem großen Sporthotel. Über zwanzig Jahre lang hatte die Eifelautobahn nur als eine Art Planungsgespenst existiert, rot gestrichelt auf Straßenkarten eingezeichnet. Doch jetzt hatte man sich ganz oben dazu durchgerungen, den heftig für die Autobahn trommelnden Kommunalpolitikern nachzugeben und die Sache durchzuziehen, „Lücken im Autobahnnetz schließen“, wie es hieß. Natürlich hatte sich eine Bürgerinitiative

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