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Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Titel: Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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Tobias ihnen vielleicht einen solchen aufbinden wollte, hatte es sich dann aber verkniffen. Die beiden waren so aufgewühlt und geschockt gewesen. In einer solchen Verfassung erzählten Vierzehnjährige keine Märchen. Zweimal überreizte Phantasie? Bei Chris und dem Jungen? Ausgeschlossen.
    Aber was, in drei Teufels Namen, war dann mit Gablenz geschehen? Jonas fand auf diese Frage keine Antwort, die ihn auch nur ansatzweise befriedigt, geschweige denn beruhigt hätte. Im Gegenteil, je mehr er über die Sache nachdachte, desto mehr fühlte er sich, als werde ihm der Boden unter den Füßen weggezogen. Seine Handflächen wurden feucht, und er verspürte ein sehr unangenehmes Ziehen in der Magengegend. Für einen Moment sehnte er sich zu seinen Kölner Leichen zurück. Die hatten ihn wenigstens nicht vor Rätsel gestellt, die auf eine solche Art unheimlich waren.
    Andererseits hätte ich Chris nicht wiedergetroffen, wenn ich in Köln geblieben wäre, dachte er. Sofort fühlte er sich besser. Der Gedanke an Chris vertrieb die Gespenster. Nach den schrecklichen Ereignissen hatte er sich bei ihr, als er dort im Schaukelstuhl geschlafen hatte, geborgen gefühlt wie in einer kleinen Zone des Friedens. Als wäre er nach einer langen Reise endlich nach Hause gekommen. Wie liebevoll ihr Zimmer eingerichtet war ... Sie hatte wirklich ihren Sinn für Schönheit wiederentdeckt. Ganz offensichtlich verheilte diese innere Zerrissenheit endlich, mit der sie sich jahrelang so herumgequält hatte.
    Der Zauber, der ihr vor sechs Jahren völlig abhanden gekommen war, kehrte zu ihr zurück. Wie sie da auf ihrem Futon gesessen und gesagt hatte, daß es ihre Bestimmung sei, Heilerin zu werden...
    Hatte er sich wirklich geschworen, sich nie wieder in sie zu verlieben? Er schüttelte den Kopf. Diesen Schwur hatte er schon gebrochen. Sie war schön, schöner denn je, so rund und üppig. All die Jahre hindurch waren seine Beziehungen zu anderen Frauen immer nur kurz und oberflächlich gewesen, kaum mehr als körperlicher Hunger und der Wunsch, morgens nicht allein aufzuwachen. Vielleicht lag das daran, daß er unbewußt nie die Hoffnung aufgegeben hatte, Chris und er würden eines Tages wieder zueinanderfinden. Wenn es tatsächlich Vorbestimmung gab, dann bestand seine wohl darin, Chris als Gefährte zur Seite zu stehen und ihr dabei zu helfen, ihre Fähigkeiten optimal zu entfalten. So wie es ihr bestimmt gewesen war, in die Eifel zurückzukehren und hier als Heilerin zu arbeiten. Und wahrscheinlich brauchte diese aus dem Gleichgewicht geratene Welt Heilerinnen mehr als alles andere...
    Das Indianermandala, das in Chris‘ Zimmer hing, hatte ihm mit seinen leuchtendbunten, fröhlichen Farben sehr gut gefallen. Einen Moment stellte er sich vor, wie es sein könnte, mit Chris unter einem Dach zu wohnen, mit vielen Pflanzen und Tieren - und Kinder mit ihr zu haben, warum nicht? Wie früher mit ihr lange Spaziergänge durch die Natur zu unternehmen ... Wenn sie wirklich hier bei ihm in der Eifel blieb und nicht wieder nach Kanada verschwand! Den Schmerz, sie zu verlieren, wollte er nicht noch einmal erleben.
    Das Indianermandala erinnerte ihn an Chris‘ Bemerkung, Gablenz‘ Worte hätten ziemlich indianisch geklungen. Damit kehrte sein ganzes Unbehagen schlagartig zurück. Wenn der Energiefluß erlischt, stirbt das Land, und ihr mit ihm, hatte Gablenz ihnen zugerufen. Was für eine düstere Prophezeiung. Jonas begriff nicht so recht, was Gablenz damit meinte. Meinte er die Umweltbelastung durch den Menschen? Raubten sie dem Land damit seine Energie? Noch etwas beunruhigte Jonas sehr: Tief in ihm gab es einen Teil seines Wesens, der Gablenz‘ Worte als richtig erkannte, auch wenn Jonas das nicht rational hätte begründen können. Dieser Teil stimmte Gablenz‘ Botschaft voll und ganz zu. Und nicht nur den Worten -Jonas empfand großes Mitgefühl für Sabine und die Kinder, aber Jochens Tod erschien ihm wie eine gerechte, notwendige Strafe. Das erschreckte ihn, vielleicht mehr als alles andere. Sie kannten sich seit der Schulzeit, sie hatten häufig ihre Meinungsverschiedenheiten gehabt, zumeist politischer Natur, waren aber über all die Jahre befreundet gewesen. Doch jetzt vermochte er nicht zu trauern, ja, da war ein Gefühl von Befriedigung. Dieser tiefe, ihm selbst fremde Teil in ihm verspürte Befriedigung, und sie stand in unmittelbarem Zusammenhang zu dem, was Gablenz dort auf der Straße gerufen hatte - so als hätten Gablenz‘ Worte

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