Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Titel: Wendland & Adrian 02 - Die Krypta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
Vom Netzwerk:
gerade dabei war, einzudösen, regte sich Chris' runder Körper noch einmal neben ihr.
    »Du, Susanne«, murmelte Chris, »wenn du morgen am Dom unterwegs bist, musst du unbedingt nachschauen, ob die Tauben zurückgekehrt sind.«
    Als Maggie mitten in der Nacht aufwachte, wusste sie sofort, dass etwas nicht stimmte. Es war völlig still, doch Unruhe erfüllte sie, der Drang aus dem Bett zu springen und davonzurennen. Seit Maggie in das Ökotopia-Haus gezogen war, hatte sie sich dort immer sehr wohl gefühlt. Die Stimmung in der Kommune war sehr angenehm, die Mitbewohner gut gelaunt, kreativ und voller Tatendrang. Maggie, früher ein ausgeprägter Morgenmuffel, wachte stets ausgeruht und frisch auf. Und der kleine Lukas, der anfangs ein sehr mageres, kränkliches Kind gewesen war, entwickelte sich neuerdings ganz prächtig.
    Jetzt saß Maggie aufrecht im Bett, lauschte auf Lukas' leise Atemzüge und fragte sich, was diese plötzliche Unruhe bedeutete. Ihre Beine schienen geradezu aus dem Bett springen und laufen zu wollen. Dann war da plötzlich ein sonderbarer Ton, leise zunächst und offenbar von tief unten aus der Erde kommend, eine Art wimmerndes Summen, das immer mehr anschwoll. Maggie hatte noch nie etwas Derartiges gehört. Begleitet wurde der Ton von einer anfangs sehr feinen, kaum merklichen Schwingung. Das Summen wurde innerhalb weniger Sekunden so laut, dass
    Maggie sich die Ohren zuhalten musste. Alles um sie her um schien durch dieses schier unerträgliche Wimmern in Schwingung versetzt zu werden. Das Ökotopia-Haus ächzte und stöhnte in allen Fugen und Lukas wachte schreiend auf.
    Endlich folgte Maggie dem Impuls in ihren Beinen, sprang aus dem Bett, nahm Lukas in die Arme und stürzte hinaus auf den Flur. Maggies Zimmer lag als einziges im Erdgeschoss, gleich hinter dem Bioladen. Um zur Haustür zu gelangen, musste sie an der offen stehenden Kellertür vorbei. Ungläubig sah sie das blaue Leuchten, das die Kinder beschrieben hatten. Kalt und fremd drang es von unten herauf und tauchte den Flur in einen gespenstischen Lichtschein. Wie bei einem Gewitter knisterte die Luft und roch nach Ozon. Entsetzt sah, hörte, spürte Maggie, wie Mauerwerk und Balken des alten Hauses nachgaben. Sie stolperte und warf sich instinktiv über Lukas, um ihn mit ihrem Körper vor den herabstürzenden Trümmern zu schützen. Feuchter Staub drang ihr in die Lungen und raubte ihr den Atem. Das Letzte, was sie sah, war Gunda, die schreiend und blutend die Treppe herabtaumelte und unter einem Regen aus gesplittertem Holz und Steinen begraben wurde. Dann fiel Maggie in tiefe Dunkelheit.

Drei
     
    D ie Dompropstei befand sich in einem modernen Backsteingebäude in Sichtweite des Doms. Hinter dieser schmucklos nüchternen Fassade hätte Susanne eher strengen norddeutschen Protestantismus als rheinischen Katholizismus erwartet. Vermutlich schämten die Domkapitulare des aufgeklärten zwanzigsten Jahrhunderts sich ein wenig für die gotische FormenOrgie ihres Gotteshauses und hatten, gewissermaßen als Entschuldigung, diesen nüchternen Zweckbau errichten lassen. Amüsiert registrierte Susanne, dass sich schräg gegenüber ein Fotobuchladen befand, dessen Schaufenster schrille, obszöne Fotos zierten: bunt angemalte Dildos zum Beispiel.
    Susanne drückte auf die Klingel neben einem hohen Holztor, das von einer Kamera überwacht wurde. Drinnen betätigte jemand den Türöffner und Susanne gelangte durch einen schmalen Durchgang ins Innere des Gebäudes, vorbei an einem vor den Blicken der Öffentlichkeit verborgenen Garten. Die etwas derb wirkende Mittvierzigerin im Vorzimmer des Domdechanten ließ Susanne auf einem nicht sonderlich bequemen Plastikstuhl Platz nehmen, bot ihr aber immerhin einen Kaffee an.
    Der Kaffee war gut. Susanne trank in kleinen Schlucken und wippte nervös mit dem Fuß. Sie hatte großes Verlangen nach einer Zigarette und bat in Gedanken den Marder ihr Kraft zu geben. Die Sekretärin fuhr fort am Telefon Klatschgeschichten mit einer Freundin auszutauschen, ohne sich dabei im Geringsten von Susannes Anwesenheit stören zu lassen. Sie redeten auch über das baufällige Haus, das letzte Nacht in der Machabäerstraße eingestürzt war. Susanne hatte einen Bericht darüber im Radio gehört.
    »Wenn du mich fragst«, sagte die Sekretärin, »hatte der Vandenberg da seine Finger im Spiel. Ich meine, jetzt wo die jungen Leute ihm nicht mehr im Weg sind, kann er endlich sein Bürohaus hochziehen ... Ach, was heißt

Weitere Kostenlose Bücher