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Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Titel: Wendland & Adrian 03 - Nachtauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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wenn sie nicht gedauert haben. Aber das muss ja nicht bedeuten, dass nicht doch mal ein Mann kommt, der länger bleibt.«
    Susanne zog sich etwas über, kochte Kaffee und setzte Teewasser für Chris auf. »Und ich habe richtig gut geschlafen, tief und erholsam.«
    Chris zog sich an und verschwand, um bei Vossen frische Brötchen zu holen. Natürlich tauchte sie mit zwei Tüten wieder auf: Brötchen und Teilchen. »Die sind für später«, sagte sie und hielt dabei die Teilchentüte hoch. »Damit ich auf der Zugfahrt in die Eifel was zu tun habe.«
    Beim Frühstück spürte Susanne, dass sie zum ersten Mal seit langem wieder Lust auf ihre Arbeit hatte. Das war eben ihr Beruf, auch wenn er ein geregeltes Privatleben erschwerte, und sie war eine gute Kriminalistin.
    Chris’ magisches Lied kam ihr immer noch wie ein Wunder vor. Emotional fühlte sie sich von angenehmen Erinnerungen an frühere Liebschaften durchweht wie von einer warmen Frühlingsbrise und zugleich beschäftige sich ihr scharfer Kriminalerverstand mit den Fakten des zu lösenden Falls. Nicht schlecht! Susanne biss in ihren Toast und fragte Chris, die gerade ihr zweites Marmeladenbrötchen verputzte: »Dieser Tresor, den du letzte Nacht erwähnt hast, was war da drin?«
    »So ’n komischer Schädel«, sagte Chris mit vollem Mund.
    »Ein Schädel ?«
    Chris nickte und leckte Erdbeermarmelade ab, die ihr über die Finger gelaufen war. »Aus durchscheinendem Kristall. Die Nachbildung eines menschlichen Schädels. Ziemlich gruselig, würde ich sagen. Ungefähr in natürlicher Größe. Felten hat ihn umklammert und darauf gestarrt wie ein Junkie auf seine Spritze oder so ähnlich.«
    »Ein Schädel aus Kristall«, sagte Susanne nachdenklich. »Ein Kristallschädel. Das erinnert mich an was.« Sie aß eilig ihren Toast auf, nahm die Kaffeetasse und ging hinüber zu ihrem Computer. »Iss in Ruhe fertig«, sagte sie zu Chris, »ich will nur mal eben etwas nachschauen.« Als der Rechner endlich Windows hochgefahren hatte, was Susanne immer viel zu lange dauerte, ging sie ins Internet. Sie besuchte das Archiv des Kölner Anzeigers und tippte »Kristallschädel« in die Artikelsuche ein. Ungeduldig klopfte sie auf dem Gehäuse ihrer Tastatur herum, bis endlich der Artikel angezeigt wurde. »Sieh da«, sagte sie zufrieden, »wusst ich’s doch!« Dann las sie den Artikel Chris laut vor:

    Kölner Anzeiger, 8. März 2001

    Geheimnisvolle Schädel aus Bergkristall
    Kölner Privatinstitut erforscht rätselhafte Artefakte

    Der Kölner Archäologe und Privatgelehrte Marc Thürmann hat eine ungewöhnliche Leidenschaft: Seit vielen Jahren beschäftigt sich Thürmann, der lange in Mittelamerika lebte, mit Kultgegenständen ganz besonderer Art - menschlicher Schädel, gefertigt aus Bergkristall. Auf diese Schädel stieß Thürmann, als er in Mexiko, Guatemala und Belize historische Kultstätten der Indianer erforschte. In der Mythologie der Ureinwohner jener Gebiete, der Olmeken, Maya und Azteken, spielten, so Thürmann, diese Kristallschädel eine wichtige Rolle. »Bis heute erfüllen sie bei Festlichkeiten und Kulthandlungen der dortigen indianischen Bevölkerung wichtige Funktionen und werden von den Priesterinnen und Priestern als kostbarer Schatz gehütet«, so Thürmann.
    Er gibt durchaus zu, dass seine Forschungen im grenzwissenschaftlichen Bereich einzuordnen seien. Von den Schädeln gehe, so behauptet er jedenfalls, eine besondere Energieaus, die heilend und inspirierend wirken könne. Diese Schädel seien uralt, vermutlich noch älter als die berühmten Tempel und Pyramiden der Maya. Zwar tauchten inzwischen immer mehr von heutigen Handwerkern gefertigte Schädel auf, diese seien aber von minderer Qualität. Thürmann zeigte uns zwei Schädel, die ihm von Maya-Priestern, mit denen ihn eine tiefe Freundschaft verbinde, in einer feierlichen Zeremonie geschenkt worden seien, damit er ihre segensreiche Wirkung in Europa demonstrieren könne. So verwundert es nicht, dass Thürmanns kleines Institut in Köln-Herzogenforst zur Pilgerstätte für Esoteriker geworden ist. In seinen Seminarräumen werden regelmäßig so genannte Heilmeditationen mit den Schädeln durchgeführt und auf grenzwissenschaftlichen Kongressen in aller Welt ist Thürmann, der zurzeit an einem Buch über die Schädel schreibt, inzwischen ein gefragter Vortragsredner. Außerdem organisiert er, wie er es nennt, »spirituelle Erlebnisreisen« nach Belize und Yucatan, bei denen die Teilnehmer

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