Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman
Stefan rauszuschmeißen, da hat es bei mir klick gemacht. Haare ab, neuer Look, das hab ich mich vorher einfach nicht getraut!«
»Na, nach diesem super Erfolgserlebnis hast du doch jetzt bestimmt genug Power, deinen Kerl hochkant vor die Tür zu setzen, oder?«
Martina lächelt noch ein bisschen verlegener. »Stefan hat sich von Gaby getrennt. Er muss natürlich trotzdem weiter auf dem Sofa schlafen«, beeilt sie sich hinzuzufügen, als sie mein Gesicht sieht. »Aber er sagt mir ständig, wie sehr ich mich zu meinem Vorteil verändert habe, dass ich gar nicht wiederzuerkennen bin, dass ich mich endlich wieder vom Muttertier zur richtigen Frau gewandelt habe …«
»Das ist ja wohl das Letzte. Jetzt verkauft er dir seine Affäre auch noch als Wohltat«, schnaube ich verächtlich. »Du wirst ihn doch jetzt wohl nicht aus lauter Dankbarkeit gleich wieder unter deine Decke lassen, oder?«
Martina windet sich. »Nein, natürlich nicht.« Sie nimmt einen Schluck Kaffee. »Jedenfalls nicht gleich. Ich werde ihn schon noch ein bisschen zappeln lassen.«
Ihrer Stimmlage nach wird sie Stefans Zappelphase innerhalb der nächsten 48 Stunden vorzeitig beenden. Doch bevor ich ihr das prophezeien kann, wechselt sie das Thema. Nicht sehr elegant, aber dafür höchst erfolgreich.
»Bitte sei mir nicht böse, aber ich finde, du siehst fertig aus.«
Na danke. So was hört man ja als Frau immer besonders gern. Vor allem, wenn es von einer besten Freundin kommt und entsprechend ernst gemeint ist. Ich persönlich möchte mich dann immer am besten gleich für den Rest meines Lebens unter einer Burka verstecken.
Spontan vergesse ich, was ich Martina noch alles zum Thema »Erbswurst-Stefan« mitteilen wollte, und erzähle ihr stattdessen von meinem aktuellen Gemütstief. Kein Job mehr, demnächst vermutlich auch kein Mann mehr, und nur die Katze hört mein Seufzen.
Daniel ist es offenbar doch nicht ganz gelungen, in meinem Gemüt einen tief greifenden Bewusstseinswandel zu verankern.
Martina setzt ihren Seelsorgerinnenblick auf. »Ach, Sandra, meinst du nicht, dass eine Psychotherapie dir guttun würde? Du hast in letzter Zeit wirklich schlimme Stimmungsschwankungen, finde ich. Und bei alldem, was du in diesem Jahr so mitgemacht hast, wäre eine Therapie sowieso eine gute Idee.«
»Da ist Thomas dagegen. Er sagt immer: ›Psychiater begehen doppelt so häufig Selbstmord wie ihre Patienten.‹ Und dass ich mich unmöglich einem von diesen labilen Typen anvertrauen darf«, antworte ich matt. Liegt wahrscheinlich allein an der Vorstellung, mich auf einer Couch auszustrecken. Ich würde bestimmt immer umgehend einschlafen, anstatt meinen Therapeuten vorschriftsgemäß in meine Seelenabgründe einzuweihen.
Martina seufzt dieses besondere Seufzen, das sonst nur von Müttern im Umgang mit Sorgenkindern zu hören ist. »Entdecke endlich, was dir wirklich wichtig ist«, verkündet sie schließlich so bedeutungsschwer, als habe sie diesen Rat für mich erst heute Morgen beim Frühstück mit Buddha persönlich abgesprochen.
Ich schaue sie verständnislos an. »Es ist wirklich schade, dass dir bisher weder der Meditationskalender noch der Bergkristall zu mehr Spiritualität verholfen haben«, sagt sie streng. »Also gut. Dann versuchen wir’s eben mit den Basics. Genieß die Gegenwart. Tu dir jeden Tag was Gutes. Wie findest du das? Kannst du wenigstens damit was anfangen?«
Ich nicke zaghaft. Gegenwart genießen – da bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich das schaffe. Zu viele Sorgen. Aber immerhin habe ich meine Kreditkarte dabei. Da stehen die Chancen gut, dass ich es wenigstens hinbekomme, mir heute noch was Gutes zu tun.
v v v
Beim Abschied von Martina bin ich felsenfest entschlossen, mich auf der Stelle ein bisschen zu verwöhnen. Kurz konsultiere ich die ewige Wunschliste, die ich seit Kindertagen in meinem Kopf mit mir herumtrage und täglich aktualisiere. Und dann weiß ich es: Ich will endlich einen iPod.
Mir ist zwar völlig schleierhaft, wie diese Dinger funktionieren. Aber wenn ich am Ende wirklich auf ein paar Quadratzentimetern Metall meine gesamte Lieblingsmusik seit Chris Norman und Christopher Cross speichern kann, dann werde ich das schon lernen.
Beschwingt eile ich durch den Mittagsstau in der Münchner Fußgängerzone in Richtung Saturn. Und bleibe auf einmal wie angewurzelt stehen. Im »Spatenhaus an der Oper« sitzt an einem der Tische am Fenster mein lieber Thomas. Intensiv ins Gespräch vertieft. Mit einem
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