Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman
EU-Präsidentschaft.
Und unter »Ich suche« habe ich spontan »Anspruchsvolle Tätigkeiten aller Art mit Schwerpunkt Englisch/Französisch in Deutschland und Westeuropa; Frankreich bevorzugt« hingeschrieben.
Menschenskind, Sandra, was ist da bloß in dich gefahren? Kein Zweifel, das muss in einem dieser schwachen Momente gewesen sein, als ich mir auf einmal sicher war, dass Neele an dem Rioja-Abend recht hatte. Dass Thomas einfach nicht der Richtige für mich ist und dass sich über kurz oder lang mein ganzes Leben ändern wird. Ändern muss.
Diesen Moment habe ich allerdings inzwischen mit heiler Haut überstanden.
Reumütig schalte ich meinen Laptop ein, in der festen Absicht, bei »Ich suche« sofort und unwiderruflich »Tätigkeit in München oder im bayerischen Voralpenland« einzutragen.
Genau. Das ist mit Abstand die beste Idee, die ich seit Tagen hatte.
Die sofortige Umsetzung scheitert jedoch daran, dass ich den Zettel nicht finde, auf dem Manuel das Passwort für meinen XING -Zugang notiert hat. Ich rufe ihn an, aber es geht nur seine Mailbox ran.
Dann versuch ich’s später noch mal, sage ich matt zu Belmondo. Kaum zu glauben, wie anstrengend Arbeitslosigkeit ist.
Aber damit ist es ja nun bald vorbei. Wenn XING wirklich so toll ist, wie Manuel sagt, müsste ich in null Komma nichts wieder einen Job haben. Irgendwo zwischen München und Murnau wird doch bestimmt jemand ein Mädchen für alles brauchen. Wer weiß, vielleicht werden morgen schon die ersten Stellenangebote in meinen Posteingang rauschen.
v v v
Am nächsten Tag war mein Posteingang gähnend leer. Am übernächsten Tag auch. Am überübernächsten ebenfalls. Und am überüberübernächsten habe ich aufgegeben, überhaupt reinzuschauen. Ständig dieses »Sie haben keine neuen Nachrichten«, ich bitte Sie, das ist doch einfach deprimierend.
Deshalb versuche ich es jetzt auf die klassische Tour. Stellenangebote in den Zeitungen durchschauen und leidenschaftliche Bewerbungsbriefe zusammenfabulieren.
Bei meiner Bewerbung auf die Deutschlandvertretung für einen französischen Delikatessenvertrieb fiel mir das wesentlich leichter als bei der Bewerbung als Fremdsprachensekretärin bei einem englischen Möbelhersteller. Aber man muss ja heutzutage flexibel sein.
Und wenn ich im Messegeschäft nichts Neues finde und auch keine französischen Spezereien verkaufen darf, werde ich eben ganz im Chippendale-Universum aufgehen. Den Job habe ich schließlich so gut wie sicher. Bei meiner Qualifikation müssten die mich mit Kusshand nehmen.
Allerdings habe ich bisher noch nichts gehört.
Ganz schön nervtötend, dieses Warten. Manchmal frage ich mich inzwischen, was schlimmer ist: Absagen kriegen oder abwarten müssen.
Ich meine, nicht dass der Briefträger inzwischen »Nein-danke«-Briefe waschkörbeweise bei mir vorbeibringen würde. Genau genommen waren es bisher erst zwei. Und auf die Jobs war ich sowieso nicht so scharf. Assistentin der Geschäftsführung in einer Tapetenfabrik in Lothringen, Messehostess für einen Flugzeugturbinenhersteller – beides nicht gerade das, was man landläufig unter Traumjob versteht. Trotzdem habe ich schwer geschluckt, als die Absagen kamen.
»Die beiden Stellen wolltest du doch gar nicht wirklich. Wahrscheinlich hat man das deinen Bewerbungsschreiben angemerkt. ›Mind makes reality‹ und so«, sagt Martina weise und rührt in ihrem Latte macchiato. Wir sitzen in der Nespresso-Bar, hoffen auf einen Blitzbesuch von George Clooney und reden über das Leben. Sich vormittags in Szenecafés treffen zu können gehört zu den wenigen Privilegien, die Mütter und Arbeitslose gemein haben.
Ich schaue Martina bewundernd an. Allerdings nicht so sehr wegen ihrer Weisheit. Sondern eher wegen ihrer neuen Frisur. Ihre langen dünnen Stangenhaare, die sie wahrscheinlich schon im Mutterleib mit Klämmerchen nach hinten gesteckt hatte, sind von einer barmherzigen Hand zu einem aparten Stufenschnitt zurechtgestutzt worden. Ihr sonst mausbraunes Haar glänzt jetzt haselnussfarben. Nagelneue goldene Strähnchen funkeln im Licht der Designerlampen.
»Martina, du siehst einfach toll aus! Wie bei der Brigitte -Vorher-nachher-Seite! Ich find’s super, dass du mit deinen Haaren endlich mal was Neues ausprobiert hast. Wurde echt Zeit!«
Martina lächelt verlegen. »Na ja, das hab ich eigentlich Renate zu verdanken. Als die neulich sagte, dass ich mir erst mal ’ne andere Mutprobe vornehmen soll, wenn ich es nicht schaffe,
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