Weniger arbeiten, mehr leben
ausschließlich aufgrund des Drucks äußerer Erwartungen. Die Frage ist nun, ob beziehungsweise wie stark dies für Sie persönlich gilt. Anders gesagt: Haben |72| Sie das dumme Gefühl, dass andere Menschen an Ihrem gegenwärtigen Dilemma (mit) schuld sind? Haben Sie Karriere vor allem gemacht, weil Ihre Eltern es von Ihnen verlangten? Sitzen Sie in Ihrem dicken Wagen nur, weil es Ihre Frau so irrsinnig stolz macht? Geht ein großer Teil Ihres Einkommens für den hohen Lebensstil Ihrer Kinder drauf und ärgert Sie das? Auch in diesem Falle sind Sie zu einem guten Teil natürlich selbst für Ihre Situation verantwortlich. Sie haben falsche Erwartungen bei den für Sie wichtigen Menschen erzeugt. Ihre erste Aufgabe wäre es folglich nicht, bereits einen fertig ausgefeilten Plan zu präsentieren, sondern zunächst diese Erwartungen auf das Maß herabzusetzen, das Ihren persönlichen Bedürfnissen entspricht.
All die Unterredungen, die Sie mit den Menschen Ihres persönlichen Umfelds zu führen haben, hängen im Detail stets davon ab, wie weit Sie persönlich gehen möchten. Planen Sie nur einen Teilzeit-Ausstieg, um einen halben Tag in der Woche Angeln zu gehen? Oder haben Sie schon den Kaufvertrag für das alte Gutshaus auf dem Lande in der Aktenmappe? Versuchen Sie von Anfang an deutlich zu machen, welche Konsequenzen Ihr Downshifting-Plan haben wird, positive wie negative. Wichtig ist dabei: Beginnen Sie nicht mit den kompliziertesten Änderungen (»Ich möchte umziehen und Öko-Landwirt werden«), sondern mit den einfachsten und nahe liegendsten (»Ich möchte weniger arbeiten«). Nach jedem dieser Punkte heißt es »Stopp« und zuhören, mögliche Einwände akzeptieren und argumentieren. So nähern Sie sich Schritt für Schritt Ihrem Fernziel an. Wenn es tatsächlich darin besteht, dass Sie als Bio-Bauer im Bayerischen Wald leben, sollten Sie das letztlich auch nicht verschweigen. Wie eingangs schon gesagt: Die ganze Wahrheit muss auf den Tisch.
Und damit noch einmal zu der Liste, die Sie bereits am Anfang dieses Kapitels erstellt haben. Ergänzen Sie die beiden bisher leeren Spalten nach dem unten stehenden Muster nun in der Überschrift durch »Nachteile/ Mögliche Einwände« und »Vorteile/Argumente für ...«.
In der Spalte »Nachteile/Mögliche Einwände« sollten Sie versuchen vorwegzunehmen, welche Vorbehalte die jeweilige Person gegen Ihren Plan vorbringen könnte. Dabei ist es zunächst nicht entscheidend, ob |73| diese Vorbehalte berechtigt oder unberechtigt sind, sachlich oder unsachlich. Versetzen Sie sich in die Lage Ihres Gesprächspartners und versuchen Sie ehrlich zu bestimmen, welche negativen Konsequenzen sich für diesen aus Ihrem Downshifting-Plan ergeben könnten.
Name der Person
Warum ist mir dieser Mensch wichtig?
Nachteile/Mögliche Einwände
Vorteile/Argumente für . . .
In der Spalte »Vorteile/Argumente für ...« sammeln Sie alle Argumente »Pro Downshifting«, die Ihnen einfallen – jede einzelne positive Konsequenz, die sich für Ihre Mitmenschen auf dem Weg zu Ihrem Downshifting-Ziel ergibt. Ist es etwa der Umstand, dass Sie in Zukunft schlicht mehr Zeit für Freunde und Familie haben werden? Schreiben Sie es auf. Sind es so einfache Dinge wie die Gartenarbeit, um die Sie sich kümmern wollen? Auch das gehört in die Liste. Oder sind es die ganz großen Fernziele, wie diese USA-Reise, die Sie und Ihre Freunde schon seit über zehn Jahren planen, ohne dass bisher jemand Zeit gehabt hätte, endlich mal die Details in Angriff zu nehmen? Auch das nehmen Sie mit auf.
Der Marketing-Manager Simon G. konnte Frau und Familie anfangs nur mit
Mühe von seinen Plänen überzeugen. Der Grund lag in einer selbst verordneten
Härte und falschen Selbstdisziplin, mit der er den auf ihn lastenden Arbeitsdruck
stets verborgen hatte, um niemanden damit zu behelligen. Entsprechend groß
war das Erstaunen, das er mit seinem unerwarteten Vorhaben bei allen seinen
Gesprächspartnern auslöste. Den größten Rückhalt fand er ausgerechnet bei einem
Ex-Kollegen, der die Job-Belastung selbst bereits erfolgreich reduziert hatte und
ihn nun mit Tipps versorgte. G.s Downshifting-Plan verlief sehr moderat: Ein
schrittweiser Abbau der Arbeitsbelastung ohne allzu große finanzielle Einbußen
und dementsprechend ohne allzu abrupte und einschneidende Veränderungen.
|74| Sein Downshifting-Tipp:
Allen Beteiligten entgegenkommen! Wenn man
erst einmal damit begonnen hat, sich für das Leben der Mitmenschen
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