Wenigstens für eine Nacht
Sebastian einredet, während der nur mit gesenktem Kopf vor ihm steht und ab und an leicht nickt. Bis er plötzlich Lennox ansieht und seinen Kopf hastig in meine Richtung dreht. Wie ein elektrischer Schlag trifft mich sein Blick, der mich dazu bringt mich endlich wieder zu bewegen und zu meinem Auto zu laufen. An dem Niklas schon auf mich wartet.
„Schlüssel?“, hält er fordernd seine Hand auf und ich sehe ihn nur mit hochgezogener Augenbraue an.
„Bernd hat gesagt, ich soll dich nach Hause bringen und wenn du nicht zu Fuß gehen möchtest, dann gib den Schlüssel her“, kommt es völlig unbeeindruckt von ihm und ich halte ihm schließlich die Schlüssel entgegen. Ziehe sie jedoch im letzten Moment wieder weg. Was ihn stöhnend aufseufzen lässt.
„Du hast doch einen Führerschein, oder?“, hake ich vorsichtshalber nach und muss mir ein Grinsen verkneifen, als er gespielt die Augen verdreht.
„Sicher, willst du ihn sehen?“, wird er leicht zickig und um ihn nicht länger zu ärgern, werfe ich ihm meinen Schlüssel schließlich über das Autodach zu, als Lennox’ Stimme die Stille der Nacht durchbricht“
„Ey Niklas. Wo wollt ihr hin?“, ruft er seinem Bruder zu, der wiederholt die Augen rollt.
„Ich bring Julian nach Hause und dann fahr ich heim, wieso?“, brüllt er zurück und ich beschließe schon mal einzusteigen, da mich ihr Gespräch ja eigentlich nichts angeht.
„Nur so, fahr vorsichtig, Kleiner“, ruft Lennox erneut und entlockt mir ein Schmunzeln. Wie gerne hätte ich auch so einen großen Bruder, der immer um einen besorgt ist.
Niklas scheint das jedenfalls ganz anders zu sehen und schimpft lautstark über den von ihm bezeichneten Kontrollwahn seines Bruders und lenkt mich damit gekonnt von meinen Gedanken an Sebastian ab, was mich sogar hin und wieder zum Lachen bringt, bis wir schließlich vor meiner Wohnungstür parken.
„Danke fürs Fahren, auch wenn ihr beiden, du und Bernd, maßlos übertreibt. Ich hätte mich schon nicht vor einen Baum gesemmelt“, erkläre ich Niklas beim Abgurten und stoppe ihn, als er sich auch abschnallen will.
„Bring ihn mir morgen einfach, bis ich Schicht habe, irgendwann vorbei“, zwinkere ich ihm zu und steige mit einem Lächeln aus meinem Auto, wo er mir noch ein knappes „bis morgen“ zuwirft, bevor ich die Tür schließe und ihm kurz nachsehe, ehe ich mich durchringe in meine Wohnung zu verschwinden und diesen beschissenen Tag endlich enden zu lassen.
Ohne den Lichtschalter zu betätigen laufe ich durch den kleinen Flur hinüber ins Wohnzimmer, wo ich meine Tasche, gefolgt von meiner Jacke, auf einen Sessel werfe. Um mir gleich danach ein Glas Wasser aus der Küche zu holen, da sich meine Kehle so trocken anfühlt, als wäre sie nie wieder in der Lage auch nur einen einzigen Ton von sich zu geben.
Kaum das ich die Küche betreten habe, werde ich aber durch ein Klopfen an meiner Wohnungstür gestoppt und seufze ein weiteres Mal erschöpft und völlig lustlos, in der Annahme meine Nachbarin wolle sich wieder irgendetwas von mir ausborgen. Obwohl sie ganz genau weiß, dass ich nie das da habe was sie benötigt. Aber in ihrem Alter scheint sie das gerne zu vergessen und klingelt dann ab und an, in der Hoffnung, dass ich ihr weiterhelfen könnte.
Also gehe ich wieder zurück und betätige vorher noch den Lichtschalter im Wohnzimmer, der den Raum in ein behagliches Licht taucht.
„Frau Wegener, was kann ich denn dieses Mal…“, rede ich direkt drauf los, während ich die Tür öffne und stocke sofort. Wie töricht von mir, anzunehmen dass um diese Uhrzeit meine liebe Nachbarin an der Tür klopfen würde, wo sie doch stets beizeiten ins Bett geht und ausnahmslos immer zweimal hintereinander klingelt.
„Julian, bitte… auch wenn du nicht mit mir reden möchtest… dann hör mir bitte wenigstens zu… bitte, wenigstens fünf Minuten“, steht Sebastian flehend vor meiner Wohnungstür und ich war ganz und gar nicht darauf vorbereitet . Deshalb überfordert mich dieser Zustand auch rücksichtslos. Doch ihm die Tür vor der Nase zuzuschlagen oder ihn fortzuschicken bringe ich nicht über mein dummes verliebtes Herz und lasse ihn deshalb herein, obwohl ich es ganz sicher später bereuen werde.
Ohne ein Wort zu sagen, gehe ich vor ihm in mein Wohnzimmer, für das ich mich komischerweise plötzlich schäme, nachdem ich gesehen habe, wie Sebastian in seinem Elternhaus gelebt hat und setze mich auf meine Couch. Wobei ich
Weitere Kostenlose Bücher