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Wenn auch nur fuer einen Tag

Wenn auch nur fuer einen Tag

Titel: Wenn auch nur fuer einen Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Moser
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alles klar bei dir?«, fragt mich Noah und ich nicke schwach. Die Wahrheit ist, dass ich mich inmitten dieser Clique komplett unwohl fühle. Alle starren mich an, als hätte ich mich in ein Terrain verirrt, in dem unbedeutende Leute wie ich nichts zu suchen haben. Die Jungs haben mich nur flüchtig gemustert, aber Tamaras Freundinnen stecken die Köpfe zusammen und tuscheln miteinander, während sie sich immer wieder zu Noah und mir umschauen. Zum Glück scheint Carla nicht in der Nähe zu sein. Sie würde mich auf der Stelle von hier wegzerren und mir eine Standpauke halten, was mir eigentlich einfällt, mich mit diesem Haufen von Idioten abzugeben. Aber wahrscheinlich verhindert ihre rosarote Brille im Moment sowieso, dass sie irgendetwas außer Alex wahrnimmt.
    »Übrigens, der Blonde dort ist Lars, du weißt schon, der mit der Segeljacht, von dem ich dir erzählt habe«, erklärt mir Noah. »Und Simons Eltern gehören das Playa-Hotel, das Ringo und das Royal. Er lädt uns einmal im Monat zum Brunch und danach in den Spa-Bereich ein. Ich sage dir, danach fühlst du dich wie neu geboren – vor allem nach der japanischen Massage.«
    Ich nicke. »Klingt wirklich gut«, sage ich automatisch. Und in Gedanken füge ich hinzu: Ich besitze das rechte Zimmer in unserer Fünfzig-Quadratmeter-Zweier-WG und die linke Hälfte unseres Spiegelschrankes im Bad. An Sonn- und Feiertagen leiste ich mir ein Schaumbad mit einem Glas Prosecco – sofern nicht wieder das Warmwasser ausbleibt.
    Allmählich weiß ich wirklich nicht mehr, worüber ich noch mit Noah reden soll. Uns verbindet rein gar nichts. Ich habe keine reichen Freunde, stehe weder auf Extremsportarten noch interessieren mich die Aktienkurse und – nein, ich weiß leider auch nicht, wie die Avocado-Shrimphäppchen im Le Marché schmecken. Selbst unverbindliches Flirten ist schwierig, wenn man nichts gemeinsam hat, auch wenn man einen optisch formvollendeten Schmetterling vor sich und einen zweiten Caipi intus hat. Mir fällt kein einziger interessanter Punkt in meinem Leben ein, mit dem ich Noah beeindrucken könnte. Wenigstens nichts, was ich ihm hätte anvertrauen wollen. Was ich studiere, weiß er sowieso schon, und auch, dass ich einmal in der Woche freiwillig im Simsalabim , einer Tagesbetreuungsstätte für Kinder,aushelfe. Auf beides hat er zwar mit erstaunten »Ohs« und »Ahs« reagiert, aber ich schätze, mehr aus Unverständnis als aus Interesse. Trotzdem wollte er mich unbedingt seinen Freunden vorstellen. Und da stehe ich nun und weiß nicht, was ich hier verloren habe.
    »Du, ich werde wohl nicht mehr so lange bleiben«, sage ich ihm zugewandt. »Wir sind vorhin erst wieder in Hamburg angekommen und ich bin noch ziemlich fertig.«
    »Ach, komm schon.« Noah verzieht das Gesicht wie ein kleiner schmollender Junge. »Du kannst mich doch jetzt nicht im Stich lassen. Tamara ist mit Lukas beschäftigt, Lars will später noch auf eine andere Party und Simon macht sich anscheinend an Amelie ran.«
    Amelie? Richtig, jetzt erkenne ich sie erst. Das rothaarige Mädchen neben Simon ist eine meiner Kommilitoninnen. Allerdings studiert sie im Hauptfach BWL und nur im Nebenfach Italienisch. Ich hatte zwar bisher nicht viel mit ihr zu tun, aber sie kam mir eigentlich immer sehr nett und natürlich vor, obwohl ich gehört habe, dass ihre Eltern eine Papierfabrik besitzen und ziemlich vermögend sein müssen. Heute allerdings sieht Amelie mit ihrer toupierten Mähne, den langen Ohrringen, dem knielangen Cocktailkleid und dem auffälligen Make-up so aus, als hätte sie ein komplettes Umstyling hinter sich. Vorher fand ich sie eindeutig hübscher. Überhaupt, seit wann hängt sie denn mit diesen Leuten ab? Auch Lukas, dieser blonde, gut aussehende Typ, scheint neu in der Clique zu sein. Ich frage mich, nach welchen Kriterien die Mitglieder wohl ausgesucht werden, nach ihrem Aussehen oder nach ihrem Kontostand. Vielleicht auch nach beidem. Wieder bleibt mein Blick automatisch an Lukas hängen und ich betrachte ihn neugierig – wahrscheinlich etwas zu aufmerksam, denn Noah tippt mir plötzlich ungeduldig auf die Schulter.
    »He, Piranha, hörst du mir überhaupt zu?«
    »Was? Ich, äh …«
    »Hier, trink einen Schluck Champagner.« Noah hält mir ein halb gefülltes Glas entgegen.
    Skeptisch beäuge ich den hellgoldenen Inhalt und kann mich nicht daran erinnern, schon jemals welchen getrunken zu haben. Als ich ihn probiere, ziehen sich all meine Geschmacksnerven zusammen.

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