Wenn auch nur fuer einen Tag
anständige Laufschuhe und eine etwas ansehnlichere Jogginghose zu kaufen?«, fragt sie mich schließlich. »Du weißt schon, optimale Voraussetzungen und so. Ich glaube, wenn ich etwas Netteres zum Anziehen anhätte, würde ich mich gleich sportlicher fühlen und auch viel lieber losjoggen.«
»Gut«, sage ich lachend, »aber dann sollten wir am besten jetzt sofort los. Ich habe um elf Uni und am Nachmittag einen Friseurtermin.«
»Cool.« Meine Cousine betrachtet mich aus zusammengekniffenen Augen und zupft an meinen feuchten Haaren herum. »Was lässt du denn machen? Stufen? Strähnchen? Einen Pony?«
Ich zucke mit den Schultern. »Nein, nichts Besonderes. Ich lasse nur die Spitzen schneiden, so wie immer.«
Lukas
Ich treffe die anderen im Le Marché, einem kleinen französischen Spezialitäten-Restaurant nahe der Uni, wo die Clique laut Tamara immer ihre Mittagspause macht. Allerdings habe ich mir nach einem frustrierenden Blick auf meinen Kontostand lieber noch schnell zwei belegte Brötchen vom Bäcker reingeschoben. Gute Entscheidung, denke ich, als ich das ziemlich nobel eingerichtete Lokal betrete. Das hier ist also die Mensa der Reichen und Privilegierten.
»Hi, Lukas, wir haben schon mal bestellt«, sagt Tamara, als ich mich neben sie an den Tisch setze. »War hoffentlich nicht unhöflich.«
»Quatsch«, winke ich ab, »ich hab sowieso keinen großen Hunger.« Während die anderen ihre Gourmet-Häppchen aufspießen, schiele ich unauffällig auf die Speisekarte. Hier kostet nichts unter zwanzig Euro – selbst die Vorspeisen nicht. Eigentlich unverschämt, bei den Miniportionen, denke ich, obwohl ich mir bisher nie Gedanken über Preise in Restaurants gemacht habe. In Rom habe ich einfach alles bestellt, wonach mir war, und dem Kellner anschließend meine Kreditkarte hingehalten, ohne überhaupt einen Blick auf die Rechnung zu werfen.
»Also, Lukas«, wendet sich Lars an mich und nimmt einen Schluck Weißwein, »hast du schon eine Idee, was du uns demnächst bieten willst? Ich würde sagen, noch zwei, drei Wochen, danach ist deine Schonfrist vorüber, oder, Leute?« Die anderen nicken einstimmig.
»Was?«, frage ich und werfe Tamara einen Hilfe suchenden Blick zu. »Welche Schonfrist?«
»Ach, klingt schlimmer, als es ist«, meint Tamara. »Wir kümmern uns nur der Reihe nach um die Freizeitgestaltung an den Wochenenden.« Graziös lässt sie eine Weinbergschnecke in Champagnersoße in ihrem pinkfarbenen Mund verschwinden und erinnert mich dabei plötzlich an eine dieser fleischfressenden Venus-Fliegenfallen. »Dabei geht es um gar nichts Besonderes«, erklärt sie mir weiter, »wir organisieren einfach das, was sich gerade so anbietet. Lars lädt uns zum Beispiel regelmäßig zum Segeln auf seine Jacht ein, Simon in eines der Hotels seiner Eltern, Noah gibt kommenden Samstag eine Party in seinem Loft … Na ja und irgendwann bist du eben dran. Zum Beispiel könntest du eine Führung durchs Filmset klarmachen oder Karten für eine Filmpreisverleihung. Das wäre der Hammer!« Sie zieht ihre gepuderte Nase kraus, während sie mich anlächelt.
Ich schlucke. »Tja«, mache ich und ringe mir ebenfalls ein Lächeln ab, aber in Wirklichkeit ist mir ganz und gar nicht zum Lachen zumute. Teil dieser Clique zu sein, ist alles andere als leicht, das checke ich allmählich. Es ist sogar verdammt anstrengend. Jedenfalls, wenn man Lukas Richter heißt, drei Tage vor Monatsende nur noch zwölf Euro vierzig auf dem Konto und bis auf einen mürrischen Bodyguard-Onkel, den das Showgeschäft aber eigentlich ankotzt, keinerlei tolle Beziehungen hat.
Zum ersten Mal denke ich, es wäre vielleicht besser gewesen, ich hätte Tamara und ihre Freunde gar nicht erst kennengelernt. Dann müsste ich jetzt nicht mit ihnen in diesem blöden, überteuerten Restaurant herumsitzen und mich einfach nur beschissen und total fehl am Platz fühlen.
»Mal sehen, was sich machen lässt«, höre ich mich trotzdem sagen, obwohl ich am liebsten auf der Stelle die Fliege machen würde. Ich weiß, dass Beck mich niemals unterstützen würde, für Tamara und die anderen etwas auf die Beine zu stellen, selbst, wenn ich ihn auf Knien darum bitten würde. Erstens hasst er es, wenn man ihn auf seinen Job als Promi-Leibwächter anspricht, und wäre stocksauer, wenn er wüsste, dass ich die ganze Zeit mit ihm angegeben habe, um Tamara und ihre Freunde zu beeindrucken. Und zweitens ist er sowieso der Meinung, ich wäre besser dran mit Freunden,
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