Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1)
dachte, dass wir das Gleiche wollen – oder mehr, das Gleiche nicht wollen. Wenn du ehrlich bist, bist du genau wie ich der Meinung, dass es eine Schande ist, wenn Nikolaj seine Natur und seinen Platz verleugnet. Eine Schande für ihn und auch für uns. Warum also sollten wir nicht zusammenarbeiten und ihn gemeinsam von seinem Fehler überzeugen? Zu zweit sind wir …“
„Wenn ich etwas will", unterbrach er sie träge, "oder nicht will, dann sorge ich dafür, dass sich alles so fügt, wie ich es mir vorstelle. Dazu brauche ich niemand anderen. Ich habe keine Schwierigkeiten mich durchzusetzen – oder bleibenden Eindruck zu hinterlassen.“
Sie fixierte ihn provozierend. „Ist das dein letztes Wort? Du hast kein Interesse ihn wieder auf unserer, auf deiner, Seite zu haben?“
„Ich sehe keinen Grund, warum ich das gerade mit dir besprechen sollte, Céstine“, antwortete er abschätzig.
Sie ließ ein spöttisches Lachen verlauten. „Wie du meinst. Erstick doch an deinem Größenwahn.“
Es klopfte an der Tür. Ein kräftiger Mann trat herein. „Boss: Toratan und seine Männer sind da. Sie warten in der Blackbox auf dich“, gab er sachlich von sich.
Merkas nickte dem Boten kurz zu, woraufhin dieser wieder aus dem Zimmer verschwand. Dann erhob er sich und sagte in Bedauern heuchelndem Ton: „Tja … die Geschäfte rufen. Du findest sicher alleine raus.“ Er bedachte sie nochmals mit einem höhnischen Grinsen, dann verließ er den Raum und überließ sie sich selbst.
Sie würde also allein herauskriegen müssen, wo genau auf der Menschenwelt Nikolaj sich verkrochen hatte, um vor diesem Menschenbalg zu Kreuze zu kriechen. Wenn es jemanden gab, vor dem er kriechen sollte, war sie diejenige welche. Am besten tat er das direkt vor ihr kniend, mit der Zunge in ihrem Schoß.
Bei diesem Gedanken lief ein erregtes Prickeln durch ihren Körper und ließ hungrige Feuchtigkeit zwischen ihren Beinen aufkommen. Mit einem lasziven Lächeln und der Absicht diesen Gedanken baldigst in die Realität umzusetzen, verließ sie das Marofláge.
FÜNF
Josh war ihrem getäuschten Vorschlag glücklicherweise nicht gefolgt. Zumal sie ihm nicht wirklich eine Möglichkeit gegeben hatte, es zu tun. Sie hatte ein ausladendes Bad genommen und anschließend noch eine ausgiebige Weile im Badezimmer herumgetrödelt, sodass sie erst wieder herausgekommen war, als sich draußen schon sanfte Dunkelheit breitgemacht hatte. Danach hatte sie direkt im Krankenhaus angerufen und sich erst mal für die nächsten Schichten krankgemeldet – das galt zumindest als halbwegs akzeptable Ausrede für Nichterscheinen. Die Freude über diese Mitteilung war ihrer Kollegin aus jeder Pore herauszuhören gewesen. Nachdem das geklärt war, hatte sie Josh aufgesucht, den sie, wie so oft, in seinem Arbeitszimmer angetroffen hatte. Sie hatte vorgeschlagen etwas vom Italiener zu bestellen, da ihr Körper offenkundig nach weiterem Kraftstoff verlangt hatte. Schließlich hatten sie gemeinsam ihre Pasta verschlungen und oberflächlichen Smalltalk betrieben. Sie selbst hatte immer noch ein wüstes Chaos im Kopf gehabt und Josh war immer noch spürbar verstimmt gewesen. Sie hatte es ihm nicht verübeln können, da sie wusste, dass er es nicht leiden konnte, wenn man ihn anlog oder ihm etwas verschwieg. Und dass sie nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte, hätte wahrscheinlich auch ein Laie auf Anhieb erkannt. In Anbetracht Joshs beruflicher Orientierung und Ausbildung hatte er den Braten einfach nochmals um Längen deutlicher riechen können.
Nach dem verkrampften Mahl hatte sie sich direkt ins Bett verabschiedet und war eben erst wieder wach geworden. Zwar hatte ihr die Nacht keinen ähnlichen Traum wie Tags zuvor geschenkt, doch hatte sie ihr dankbarerweise eine traumlose Bettruhe ohne Verfolgungsjagden, blutige Szenarien oder Bösewichte gewährt. Obendrein hatte sie abermals geschlafen, wie ein Tote und war nicht einmal wachgeworden. Ein Zeichen dafür, dass sich ihr Körper und Geist offenbar immer noch schwer in der Genesungsphase befanden und sich ohne Zögern komplett herunterfuhren, wenn sie die Möglichkeit dazu bekamen.
Die Bettseite von Josh war bereits leer. Sie rollte sich zur Seite, um auf ihren Wecker zu spähen. Es war 9:24 Uhr. Sonntagmorgen. In Gedanken ging sie die Optionen durch, wohin Josh abgerauscht sein konnte. Möglich, dass er bereits wieder am Schreibtisch saß und einen Fall durchging, eine Runde joggen war oder beim Bäcker
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