Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1)
rede nicht von den perversen Absichten der beiden Kerle, sondern von der Tatsache, dass sie tot sind. Dass du gesehen hast, wie ich sie getötet habe.“
Gwen war klar gewesen war er meinte, jedoch hatte sie trotzdem gehofft den Fokus irgendwie ableiten zu können. „Nick, wenn du nicht gekommen wärst, hätten diese Kerle mich … Der Kerl wollte dich aufschlitzen. Hast du das schon vergessen? Klar, geht mir das an die Nieren … Man sieht nicht jeden Tag dabei zu, wie Menschen sterben …“
„Ich dachte, das passiert in Krankenhäusern zwangsläufig das ein oder andere Mal?“
„Das ist nicht lustig, Nick!“, schallt sie ihn.
„Das sollte auch nicht lustig sein. Ich will nur, dass du damit rausrückst, was sich wirklich in deinem Kopf abspielt!“
Sie sah ihn überfordert an. „Nun, im Moment nicht sonderlich viel. Da herrscht grad ziemliches Chaos, um ehrlich zu sein.“
Er taxierte sie mit einem strengen Blick, sodass sie nachsetzte: „Ich sehe Menschen nun mal nicht gerne sterben, Nick! Egal ob im Krankenhaus oder sonst wo. All diese Gewalttaten und Morde von Psychopathen, Serienkillern, Kleinkriminellen, Bandenangehörigen als Vergnügungs- oder Racheakt, oder im Namen der sogenannten Gerechtigkeit. Ich verstehe das einfach nicht … Ich weiß nicht, wie man so etwas tun kann, wie man einen anderen Menschen absichtlich verletzen … ihn töten kann.“ Sie hielt kurz inne. „Nick … was passiert ist lässt sich nicht mehr ungeschehen machen. Du hattest nicht geplant diese Kerle zu töten. Du hast nicht vorsätzlich gehandelt. Du bist mir zu Hilfe gekommen, hast mich gerettet und dann hast du dich selbst verteidigt.“
„Aber dennoch ist es für dich falsch, was ich getan habe – nicht wahr? Es ist und bleibt Mord. Und ich bin und bleibe der Mörder.“
Was sollte sie darauf antworten? „Du bist kein Mörder. Du …“
„Du widerlegst gerade deine eigenen Worte, Gweny.“
Energisch und zugleich bittend sagte sie: „Können wir die Sache nicht einfach vergessen? Nichts lässt sich mehr ungeschehen machen. Ich will nicht, dass dir irgendwas passiert, nur, weil du mir geholfen hast. Ich will nicht, dass das dein ganzes Leben durcheinander bringt. Sie sind tot, Nick … belassen wir es dabei. Außerdem: Wer sagt, dass irgendjemand das Recht hat, über dich zu richten? Dich dafür zu bestrafen? Ein Urteil über dich zu verhängen?“
Sie atmete tief durch. „Bitte denk daran, wenn du dich mit Josh unterhältst. Denk daran, was ich ihm über diese Nacht erzählt habe.“
Nikolaj kam um die Theke herum und baute sich dicht und eisern vor ihr auf. „Und du? Kannst du so einfach vergessen?“
„Ja.“ Ihre Antwort war hitzige Entschlossenheit und hoffnungsvoller Wunsch zugleich.
Er atmete angestrengt. „Macht es Sinn noch weiter mit dir darüber zu diskutieren?“
„Nein.“
Nikolaj fixierte sie noch einen Augenblick lang durchdringend, dann sagte er mit einem tiefen Seufzen, das wohl auch ein Grollen gewesen sein könnte: „In Ordnung.“
Sie atmete auf – ein wenig zu früh.
„Eines möchte ich noch wissen. Hat Josh dir deine Geschichte abgekauft? Ich war immer der Meinung, dass Anwälte so was wie einen siebten Sinn für Lügen – ich meine
Aussparungen von Details – haben. Hat er keine weiteren Fragen gestellt?“
„Ich bin mir sicher, dass ihm einige Fragen im Kopf herumgegangen sind. Das liegt Anwälten in Fleisch und Blut. Aber ich glaube, er hat sich dazu bereit erklärt, sich mit meiner Aussage zufriedenzugeben. Ich hab ihm gesagt, dass ich dich bei nächster Gelegenheit vorstelle. Wenn du meine Geschichte überzeugend bekräftigst, sollte das für ihn abschließend genug sein, denke ich.“
Er taxierte sie noch einen Moment lang durchdringend, ehe er erwiderte: „In Ordnung.“
Erleichtert ließ sie die Anspannung aus ihren Schultern weichen. „Ok, ich muss jetzt auch wieder los, ehe Josh zurück ist. Sonst kann ich mich gleich weiter rechtfertigen …“
Nick hielt sie am Arm zurück. „Gweny, es tut mir leid … Das Ganze meine ich.“
„Du warst nicht derjenige, der mich in eine dunkle Gasse gezerrt hat und sich an mir vergehen wollte. Du warst … mein Retter. Außerdem … wer weiß, wie lange ich mir sonst noch den Kopf darüber zerbrechen hätte müssen, wo du bist und wie es dir geht“, sagte sie matt lächelnd.
Er zwirbelte eine Strähne ihres Haares zwischen den Fingern. All die Zeit über hatte sie sich so sehr nach ihm, nach seiner Nähe
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