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Wenn das der Führer wüßte

Wenn das der Führer wüßte

Titel: Wenn das der Führer wüßte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otto Basil
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und Lebensbaum als Hilfswagen des „Feldscherwesens“ gekennzeichnet, nur konnte das im Dunkel leicht übersehen werden. (Die Sanität verwendete auch ein eigenes Hupsignal.)
    Wieder fuhr er im Fußgängertempo; das fremde Gelände hatte seine Tücken und war vom Himmel her nur unsicher erhellt. Außerdem quälten ihn wieder einmal – immer nach Einbruch der Dunkelheit – die verdammten Sehstörungen, die ihn in Sauckelruh plötzlich befallen hatten und seitdem nicht besser, eher schlimmer geworden waren. Er fuhr natürlich ohne Licht.
    Sein Zufallsgefährte hatte ihm geraten, im Schutz des Bahndamms zu bleiben und Kelbra rechter Hand liegenzulassen. Außerhalb der Ortschaft sollte er dann irgendwo die Schienen überqueren und sehen, ob er auf der Hauptverkehrsader in Richtung Berga weiterkäme. In Kelbra wurde gekämpft, das war Tatsache. Höllriegls Ohr unterschied MG-Geknatter, das Einzelfeuer der Heckenschützen und die schweren Detonationen panzerbrechender Waffen. Hie und da trug der Wind ein helles Rasseln über den Bahndamm: Spähwagen. Auch das Krachen von Handgranaten konnte man hören. Ein erbitterter Häuserkampf mußte drüben im Gange sein, und es war kurios zu denken, wo er jetzt sein würde, wenn sie zuvor versucht hätten, durch Kelbra zu fahren. Auf dem Bahndamm hatten sich da und dort Scharfschützen eingegraben, er sah auch MG-Nester. Es war SS . Die Leute nahmen keine Notiz von ihm.
    Der Fahrweg senkte sich jäh. In der Talsohle hatte der Lautsprecherwagen eines Nachrichtensturmbanns Aufstellung genommen, der – den Gefechtslärm zeitweilig übertönend – aus auf der Dammhöhe angebrachten Megaphonen unentwegt Propagandaparolen (im Volksmund scherzweise „Propapa“ genannt) in die Kampfzone hinüberbrüllte. Höllriegl mußte auf abschüssigem Terrain das Hindernis langsam umfahren, auch kurz anhalten; so konnte er einige der Kernsätze aufschnappen.
    „– an allen Fronten den Kampf gegen einen blutdürstigen Gegner zu führen gezwungen, der es auf die totale Vernichtung des Abendlandes und die Ausrottung der ario-germanischen – – – hat eine lächerliche Minderheit ehemaliger Volksgenossen auf die vom Weltreichsgründer testamentarisch eingesetzte Reichsregierung den abscheulichsten Anschlag aller Zeiten – – – das politische Chaos in unsere Reihen zu tragen, die Wehrkraft der Nation zu zersetzen und das deutsche Volk daran zu hindern, seinen geschichtlichen Auftrag – – – nicht genug damit, haben sich diese Halunken nicht gescheut, Adolf Hitlers getreuesten Paladin und rechtmäßigen Nachfolger, unseren Führer und obersten Kriegsherrn Ivo Adolf Köpfler, eines wahnwitzigen Verbrechens zu bezichtigen – – – richtet sich selbst. Ein Verrat, ohne Beispiel in der Geschichte unseres Volkes-Volksgenossen! Es ist erwiesen, daß dieses Gesindel, das unter Vorspiegelung falscher Tatsachen eine so stolze und hehre Bewegung wie die des deutschen Bauernstandes verblenden und sich kleine Teile davon gefügig machen konnte, mit dem Erbfeind des Abendlandes, den gelben Teufeln, unter einer Decke steckt. Es ist ferner erwiesen – – – jeder Deutsche, der mit diesem Abschaum zusammenarbeitet, die Machenschaften dieser Verbrecherclique fördert oder durch Untätigkeit duldet, sich des Verrates an der Freiheit unseres Volkes, an der Freiheit des Abendlandes und am Fortbestehen einer freien Welt unter Führung des Großgermanischen Reiches – – –“
    Nach einer Weile hatte Höllriegl den Ort im Rücken, aber der Kampflärm flaute nicht ab. Es gab nur ganz kurze Pausen – die Stille wirkte dann um so geisterhafter. Berga, der nächste Ort, schien sogar unter Artilleriebeschuß zu liegen, oder waren es Goebbels-Orgeln? Das vielstimmige Heulen, das schmetternde Krachen hörten sich so an. Der Kyffhäuser war zur Gänze Kriegsgebiet, kein Zweifel. Die Luft vibrierte vom hohlen Brausen der Nachtjäger und Aufklärer, die Scheinwerfer tasteten sich wie die Finger einer Gigantenhand am grauen Himmelsgewölbe entlang. Höllriegl merkte, daß die anscheinend rings um die Goldene Aue in Stellung gegangene Flak sich mit Leuchtspurmunition einschoß. Auch Luftabwehrraketen bohrten sich mit markerschütterndem Geheul in den Himmel, und zuletzt setzte regelrechtes Sperrfeuer ein. Zwei, drei Maschinen stürzten brennend durch die schaurig erhellten Wolken, riesige Pechfackeln, deren Flackerlicht dünne, schwankende Schatten über die Fahrbahn warf, so daß man seekrank wurde. Höllriegl

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