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Wenn das der Führer wüßte

Wenn das der Führer wüßte

Titel: Wenn das der Führer wüßte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otto Basil
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Pelzen – Deutsche Raumfront: Der Beauftragte für die Verbreitung von NS-Gedankengut im Weltall – Meguscher & Meschuger Limited, Kapuskasing-Albuquerque-Too-woomba-Stanleyville – Fachgruppe Stellmacher- und Karosseriebauhandwerk – Jagdgau Kurmark: Der Gaujägermeister – Joachim Troxbömker, Pflegedienst für Pkw und Omnibusse – Zentraleinlaufstelle für Ehrenzeichengesuche – Deutsche Reichsbank Ost, Verwaltung Wolgagau – Reichsschule für Luftaufsicht und Strahlenschutz [das war offenbar „seine“ Dienststelle] – Schwester Huldre, Sondergeschäft für Haut-Fachtum – Einbringungsstelle für Ehestandsdarlehen, Gau Weser-Ems – Schriftleitung des Gärtnerischen Arbeitskalenders – Madame de Saint-Punt, Voraussagen – Anmeldeamt für Patente, Gebrauchsmuster und Warenzeichen.
    Einige der Schilder waren neu, die nasse Bronze glänzte rosig. Andere wieder schienen aus früherer Zeit zu sein. Das Haus beherbergte also auch Privatfirmen.
    Als er am Volant saß, um zur Uhland-Straße zurückzufahren, ging es ihm wieder durch den Kopf, was Schwerdtfeger gesagt hatte: „Geheime Reichssache“. Und wie war die andere Bemerkung gewesen? Man würde den obersten Sterndeuter einspannen … Damit konnte nur der einstige Stellvertreter des Führers gemeint sein – dessen Amt mit seinen fünf Unterämtern gab es schon lange nicht mehr, noch Reichsleiter Martin Bormann hatte es selbst seinerzeit aufgelöst –, der nach der Befreiung aus britischer Haft und einem hochnotpeinlichen Verfahren beim Obersten Parteigericht plötzlich vom Erdboden verschwunden war. Schizophrenie? Man munkelte so was. Jedenfalls ein lebender Leichnam (der vielleicht seine Liebhaberei, die Astrologie, weiterpflegen durfte). War der wieder auferstanden? Erstaunlich. Oder hatte der Romanfritze nur eine jener symbolischen Floskeln einfließen lassen, die man gebrauchte, um seine Zugehörigkeit zum „Inneren Kreis“ anzudeuten? Dazu hatte ein einfacher Volksgenosse nicht den Schlüssel.
    Und noch etwas. Von wem und durch welche Winkelzüge hatte Frau Anselma – wie war doch ihr angeheirateter Name? – erfahren, daß er, Höllriegl, in Berlin sein werde? Vielleicht wußte sie mehr, wußte zum Beispiel, wo und für wen er arbeiten würde.
     
    Höllriegl hatte mit Anselma Geldens für 13.30 Uhr (das Lokal konnte dann nicht mehr so voll sein) ein Stelldichein in einer dänischen Imbißstube am oberen Ku-Damm ausgemacht. In dem dämmerigen langen Schlauch mit den blütenweiß gedeckten, kleinen Tischen und der ambrafarbenen Beleuchtung fühlte er sich auf Anhieb wohl. Er hatte eine lauschige Ecke für zwei ergattert und fixierte erwartungsvoll den Eingang. Kellner, südländisch aussehend, eilten lautlos hin und her, die gedämpften Stimmen der Gäste, der Klang von Eßbesteck und Geschirr, das Geräusch des Entkorkens – es war alles wie immer. Eine heile, friedliche, unendlich gesicherte Welt! Er fühlte sich nicht nur wohl, er fühlte sich himmlisch, und leise pfiff er durch die Zähne. In dem quasi-antiken Spiegel gegenüber erschien sein von träge hängendem Tabaksrauch umwölkter Kopf. („… Schau eigentlich recht gut aus …“)
    Plötzlich spürte er eine Hand auf der Schulter. Sich umdrehend, sah er Frau Geldens vor sich, klein und zierlich. „Ich komme meuchlings“, sagte sie lächelnd zu dem aufspringenden Höllriegl. „Auf der Straßenseite fand ich keinen Parkplatz – mußte daher über den Hinterhof. Wie geht es Ihnen?“
    Er küßte angedeutet die zartgegliederte Hand und half ihr aus dem Pelzpaletot. (Etwas Besonderes – Affenhaar?) Der kindliche Nacken schimmerte wie Elfenbein, unter dem bubenhaft kurzgeschnittenen dunklen Haar gewahrte Höllriegl mit jähem Entzücken Anselmas schmale, edelgeformte Ohren. Ein schwüler Duft entströmte ihren Kleidern, intensiv herb, irgendwie modrig. So rochen sterbende Blumen. Frau Geldens trug selbstverständlich Nationaltrauer.
    Höllriegl hatte Herrn von Eyckes Schwester nur zwei- oder dreimal kurz gesehen. Einmal in Radebeul, dann bei Empfängen. In seiner Erinnerung war sie eine puppenhafte, kränkelnde, ständig frierende Person; sie mußte lungensüchtig oder leberleidend sein. Wie er erfuhr, hatte sie jahrelang in Insulinde gelebt, als Gattin eines Stahlwerksvertreters holländischer Abkunft. Mijnheer Geldens lebte nicht mehr.
    „Zwei Dinge machen wir uns gleich aus“, sagte sie mit unbestimmt neckendem Unterton. „Sie fragen mich nicht, von wem ich weiß, daß Sie

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