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Wenn das der Führer wüßte

Wenn das der Führer wüßte

Titel: Wenn das der Führer wüßte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otto Basil
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verhängnisvollen Befehl, der diese Art Kriegführung aus dem dynamischen Konzept herausnahm und sie allein den Interrak-Befehlsstellen übertrug, vor allem jenen auf Heimatboden befindlichen, wie auch den Logistischen Brigaden, die im Altreich direkt dem K-Drei unterstellt waren, also weitgehend unter Werwolf-Einfluß standen. Nur den raketenbestückten Einheiten der U-Boot-Waffe war es weiter erlaubt, den totalen thermonuklearen Krieg fortzuführen, auch durften von gewissen maritimen Basen aus „atomare Sprengköpfe an jede Stelle jedes Kontinents“ befördert werden, wie es im Geheimerlaß der neuen Führung hieß. Damit war die Luftwaffe in ihrer Gesamtheit schwer brüskiert …
    Soweit dem Erzähler aus Aschersleben, dem wir jetzt wieder das Wort erteilen, bekannt war – sein Bericht, im Flüsterton vorgetragen, hörte sich natürlich keineswegs so zusammenhängend an –, hatte sich die militärische Lage in der westlichen Hemisphäre insofern zugespitzt, als nun die für beide Seiten äußerst verlustreichen Kämpfe an der pazifischen Küste in nahezu allen Gebieten der Vereinigten Gefolgschaften, besonders erbittert im Mittelwesten, wo die Minutemen ihre stärksten Positionen hatten, aber auch, und zwar mit ungeheurem Fanatismus, im Süden und Südosten des Landes, in Mexiko und im karibischen Raum aufgeflammt waren. Beinah überall hatten die Insurgenten durch blitzschnellen Zugriff die Untermenschenlager zu öffnen vermocht, ehe man deren Insassen vernichten konnte. Die Kämpfe, vielenorts in Guerillaform geführt, zeigten eine bis dahin beispiellose Grausamkeit. Überlebende gab es nicht, stunden-, ja tagelange Folterungen wurden ausführlich berichtet. Obwohl es den Ku-Kluxern sichtlich an den Kragen ging (was auch schon daraus hervorging, daß ihre engsten Verbündeten, die Minutemen, in Duluth ein faschistisches Gegenregime installiert hatten, das eine weichere Politik zu verfolgen versprach und seine guten Dienste anbot, im „Konflikt“ zwischen den zwei Weltblöcken zu vermitteln), war eine Abordnung der Regierung aus Corpus Christi, dem neuen Regierungssitz, nach Deutschland aufgebrochen, um an den Begräbnisfeierlichkeiten für den verewigten Begründer des Germanischen Weltreichs teilzunehmen. Diese neunköpfige Gruppe war mittlerweile in Berlin eingetroffen.
    Was Australien betraf, so hatte sich in manchen Teilen, insbesondere in den großen Küstenstädten von Victoria und New South Wales sowie auf Tasmanien und Neuseeland, die weiße Bevölkerung gegen die japanischen Zwingherren erhoben, wobei sie von der im Südpazifik operierenden Luftmacht und U-Boot-Waffe des Reiches mit Laser-Waffen versorgt wurde. Hier zeichnete sich eine Entwicklung ab, die dem Reich und seinen Verbündeten nützen konnte, obwohl – wie eine verschlüsselte Nachricht besagte – die australischen Aufständischen auch amphibische Stoßaktionen deutscher U-Boote behindert hatten. Klare Fronten waren nicht zu erkennen, alles befand sich im Fluß und hing von den weiteren Auswirkungen der Lage in Amerika und Europa ab.
    Höllriegls Blicke wanderten im Kreis umher, tasteten sich von einem Gesicht zum andern, während er dem Geflüster angestrengt lauschte. Es war zum Trübsinnigwerden! Mit solchen Menschen sollte ein Krieg gewonnen werden! Sein Blick blieb wieder an der Wehrmachtshelferin haften, die noch immer mit erstarrt-forscher, hochnäsiger Miene in ihrem Fünfpfennigroman las. Und blitzartig kam ihm zum Bewußtsein, warum ihn dieses Gesicht so unangenehm berührt hatte.
    Zezette! Die Wehrmachthelferin, obzwar durchaus auf deutsch-arisch-nordisch-asisch aufgemacht, wie es das Brauchtum vorschrieb, erinnerte an Zezette! Zezette aus Martinique – eine dunkle, nein, die dunkelste Episode in seinem Leben, eine schändlich dunkelhäutige Episode, die er gründlich und absichtsvoll aus seinem Gedächtnis gestrichen hatte und von der niemand etwas wissen, ja auch nur ahnen durfte. Ehrverlust und Todesstrafe standen darauf! Zezette aus Martinique! Es war vor sechs Jahren in Paris gewesen, wohin er im Rahmen des Heileinsatzes der SS für kurze Zeit abkommandiert worden war. Täglich mußte er da von seinem Hotel, einem ganz schäbigen in der Rue Saint-Denis, wo er eine zweibettige Mansarde bewohnte, mit der Metro zu seiner Kaserne hinaus, in Richtung Pont de Sèvres – Porte Rosenberg, und wieder zurück. Oh, die fade Wärme in den Metrotunnels, der ölige Geruch, das zischende Geräusch, das ferne Rollen. Noch immer

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